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Gedenke deiner Taten

Gedenke deiner Taten

Titel: Gedenke deiner Taten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Unger
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Schokoladenseite zeigen.
    »So viel nimmt das Blue Hen an einem einzigen Tag ein«, sagte er. »Das hast du selbst gesagt.«
    O Gott, dachte Emily. Warum hatte sie ihm das nur erzählt?
    »Nein«, sagte sie, »ich kann Carol unmöglich um so viel Geld bitten. Im Ernst.«
    »Ich habe nicht von bitten gesprochen.«
    Schon einmal hatte sie ihm den Gefallen getan. Sie hatte es bitter bereut. Sie hatte liebe Menschen verletzt und sehr enttäuscht. Seit sie Dean vor eineinhalb Jahren kennengelernt hatte, hatte sie drei Jobs verloren, das Studium abgebrochen, sich mit ihrer Mutter zerstritten. Alles nur, weil sie nicht nein sagen konnte. Warum eigentlich nicht? Sie hatte keine Angst vor dem Alleinsein, ehrlich gesagt sehnte sie sich manchmal danach. War es aus Liebe? Brachte die Liebe einen Menschen dazu, sich selbst untreu zu werden? Nein, das konnte nicht sein.
    »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    Sie wollte sich losmachen, aber Dean hielt sie fest.
    »Hör mir zu.« Er zischte sie an. »Weißt du, wofür Brad eingesessen hat nach dem bewaffneten Raubüberfall?«
    Emily antwortete nicht. Es war eine rhetorische Frage.
    »Für Totschlag«, sagte Dean. »Er hat einen Mann in einem Streit um Geld so verprügelt, dass er drei Tage später starb.«
    Das konnte Emily sich gut vorstellen.
    »Emily, ich habe Angst«, sagte Dean. »Du nicht? Hast du keine Angst vor seinen Blicken? Wir sollten ihm geben, was er verlangt, damit er verschwindet.«
    Emily schwieg. Die Worte blieben ihr im Hals stecken.
    »Heute Abend geht sie bei der Bank vorbei, nicht wahr?« Woher wusste er das? Das hatte sie ihm nie erzählt. »Um neun schließt das Restaurant, danach braucht sie noch eine Stunde zum Aufräumen.«
    Emily schaute auf die Digitaluhr an der Mikrowelle. Es war kurz nach acht. Sie brachte immer noch kein Wort heraus.
    »Wenn sie ins Auto steigt, hat sie die Wocheneinnahmen dabei. In einem Umschlag. Ihr Mann geht früher nach Hause, er begleitet sie nicht.«
    Er hatte das Blue Hen ausspioniert. Emily konnte es nicht fassen. Er wusste genau, wie gut es ihr dort gefiel, wie gern sie Carol mochte. Sie fragte sich, ob Dean tatsächlich Schulden bei Brad hatte, wagte es aber nicht nachzufragen. Seit wann hatte er es geplant? Nutzte er Brads Anwesenheit, um seinen teuflischen Plan endlich in die Tat umzusetzen?
    Ihre Gedanken überschlugen sich, und es rauschte in ihren Ohren, während sie fieberhaft überlegte. Sie könnte sagen, dass sie etwas aus dem Auto holen wolle, und dann zu ihrer Mutter fahren. Ihre Mutter würde sie aufnehmen und die Polizei rufen. Vielleicht könnte sie Carol warnen. Wenn sie das Auto mitnahm, waren Brad und Dean die Hände gebunden. Aber was würde Brad dann tun?
    Und nein, zu ihrer Mutter konnte sie unmöglich gehen. Sie konnte nicht beichten, was für ein Leben sie an Deans Seite führte. Sie hatte ihrer Mutter erzählt, Dean sei heute bei einem Vorstellungsgespräch gewesen. Sie log seit Monaten. Sie hatte ihrer Mutter auf den Anrufbeantworter gesprochen, dass Dean zu Vorstellungsgesprächen gehe, ihr bald einen Antrag mache, ihr ständig Blumen mitbringe. Und sie musste ihrer Mutter noch etwas sagen, später, wenn alle schönen Lügen endlich wahr geworden waren.
    »Du wartest umsonst, mein Schatz«, hatte ihre Mutter gesagt, »Typen wie Dean erfüllen keine Hoffnungen. Du wirst vergeblich hoffen, bis er dir irgendwann selbst die Kraft geraubt hat.«
    »Du kennst ihn nicht.«
    »Nein?« Sie hatte ihrer Tochter einen warnenden Blick zugeworfen. Und Emily hatte zu schreien angefangen. Das Nachbeben ihres Wutausbruchs konnte sie bis heute spüren.
    Emily verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Tu es nicht, Dean«, sagte sie. Sie schämte sich für ihre Tränen, konnte aber nichts dagegen tun. »Bitte.«
    Dean presste die Lippen zusammen.
    »Ich habe keine Wahl. Und du auch nicht. Es sei denn, du willst, dass er mich umbringt, weil ich das Geld nicht zurückzahlen kann.«
    Emilys Mund wurde schlagartig trocken.
    »Ich habe achthundert Dollar auf dem Konto«, sagte sie hastig und viel zu laut. Sie dämpfte ihre Stimme. »Mehr nicht. Es war für die Miete gedacht. Du kannst es haben.«
    Dean rieb sich die Augen. Das tat er immer, wenn er sich aufregte.
    »Das reicht nicht.«
    »Du hast ihm doch schon zweihundert gegeben. Das macht tausend.«
    »Das ist gerade mal die Hälfte!«
    Emily spürte, dass er sich längst entschieden hatte. Er und Brad hatten einen Plan ausgeheckt. Dean würde seinen Anteil einstreichen.

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