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Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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er statt des Schecken,
    Er läßt mit Schienen sich und Schild
    Von Kopf zu Fuß bedecken;
    Er stülpt den Helm auf sein Barett
    Und steckt, als ein Plantagenet,
    Den Busch davor von Ginster.
     
    Der Hengst springt an, schon dröhnt und hallt
    Der Hof von Rosseshufen,
    Da seinen Diener, treu und alt,
    Läßt König Heinrich rufen;
    Herab vom Rosse spricht er laut:
    »Gen Woodstock, eh' der Morgen graut,
    Bring deines Königs Grüße.«
     
    Er spricht's, und durch den Tower hin
    Ist kaum er jetzt gezogen,
    Da tritt glührot die Königin
    Zurück von Fensters Bogen;
    Sie hat des Gatten Wort erlauscht,
    Und ihres Kleides Seide rauscht
    Mitzürnend in ihr Murmeln.
     
    Dann spricht sie laut: »Und will, Gesell',
    Mein Gold dich nicht bestechen,
    So gibt's im Wald manch gute Stell',
    Um, was nicht biegt, zu brechen:
    Kein Wörtlein von des Königs Gruß,
    Noch, daß im fernen Land sein Fuß,
    Darf je nach Woodstock dringen.
     
    Wohl wie nach Speis' in Hungersnot
    Wird sie nach Botschaft bangen,
    Es soll kein Bröcklein Trostesbrot
    Je zu ihr hin gelangen;
    Ich bring' ein köstlich Gift ihr bei,
    Das
Zweifelgift
an seiner Treu –
    Das muß das Herz ihr brechen.«
     
    Sie spricht's, und schreitet durch den Saal
    Und kann nicht Ruhe finden:
    Sie sieht in Ungewißheitsqual
    Ihr Opfer schon sich winden;
    Sie lacht: »Nun, Rosamunde fein,
    Laß sehn, das wird ein Probestein
    Für so ein Herz voll Liebe!«
Siebentes Kapitel

Wie Rosamunde hofft und harrt
     
    Durch Woodstocks Laubengänge hin,
    In heller Mittagsstunde,
    Zieht nassen Aug's in trübem Sinn
    Die schöne Rosamunde;
    Sie tritt zu einer Ros' heran
    Und pflückt sie und zerpflückt sie dann –
    Ein Tropfen fällt hernieder.
     
    Da plötzlich springt – den dürren Leib
    Behängt mit schmutz'gen Loden,
    Rasch in den Gang ein Bettelweib,
    Als wüchs' es aus dem Boden;
    Sie kreischt in widerlichem Ton:
    »Gib nur die Hand, ich weiß es schon,
    Du willst vom Liebsten wissen.«
     
    Sie nimmt die Hand und drückt sie nun –
    Auf schreit Schön-Rosamunde;
    Die Alte murmelt: »Soll ich's tun?
    Kein Lauscher in der Runde!«
    Dann aber läßt die Hand sie frei
    Und spricht wie mitleidsvoll: »Vorbei!
    Betrogen, Kind, betrogen!«
     
    Das Bettelweib, kaum daß sie's sprach,
    Ist wieder sie verschwunden,
    Schön-Rosamunde starrt ihr nach,
    Gelähmt und schreckgebunden;
    In Lüften eine Lerche singt –
    Sie hört es nicht, im Ohre klingt
    Das Sprüchel ihr der Hexe.
     
     
Achtes Kapitel

Ein Sturm
    Der Sturm will jagen: auf fährt er vom Sitz
    In seinem zerklüfteten Schlosse,
    Er ruft seinen Diener, den flüchtigen Blitz,
    Und schwingt sich jauchzend zu Rosse;
    Dann probt er die Kraft seiner nervigen Hand
    Und schleudert die Tanne, die vor ihm stand,
    Gleich einem Ball in die Lüfte.
     
    Die Jagd hebt an: vom Felsenhorst
    Stürzt er mit klaffender Meute
    Und spürt in Schluchten und Urwaldforst
    Nach tausendjähriger Beute.
    Von Norden her saust er und braust er heran,
    Und jetzt durch Woodstocks mächtigen Tann
    Schrillt seine gellende Pfeife.
     
    Es ächzt und stöhnt der geschüttelte Wald –
    Umsonst, ihn rettet kein Jammern!
    Wie fest die Eiche sich klammert und krallt,
    Zerbrochen werden die Klammern.
    Und was von der Hand des Sturmes nicht fällt,
    Das wird vom Speere des Blitzes zerspellt –
    Tot liegen die Riesen des Waldes.
     
    Und weiter geht es auf schnaubendem Roß,
    Die Hufe stampfen und schlagen,
    Verhängten Zügels an Woodstock-Schloß
    Will er vorüber jagen:
    Sieh, da stutzt er – an Söllers Rand
    Steht ein Mädchen und hebt die Hand
    Und ruft: »O komm, o rette!«
     
    »O komm, o rette!« Er fängt es auf
    Und trägt es fort in die Lüfte;
    Mit Donnerstimme auf seinem Lauf
    Ruft er's in Wälder und Klüfte;
    Der schäumenden See jetzt schrillt er's ins Ohr,
    Und die Wasser der Tiefe steigen empor
    Und horchen: »O komm, o rette!«
     
    »O komm, o rette!« An Frankreichs Strand
    Gellt es der fliegende Reiter;
    Die Städte hindurch, hin über das Land
    Braust er weiter und weiter;
    Da flattert's wie Linnen auf offenem Feld,
    Und lauter an König Heinrichs Zelt
    Ruft er: »O komm, o rette!«
     
    Der König hört's; der rüttelnde Sturm
    Entriß ihn finsterem Traume:
    Er sah einen nagenden Totenwurm
    An einem blühenden Baume –
    Er denkt des Traumes und steigt zu Schiff,
    Ihn kümmert nicht Woge, ihn kümmert nicht Riff,
    Er hört nur: »Rette, rette!«
Neuntes Kapitel

Rosamundens Tod
     
    Im Woodstock-Forst, nach Sturmesnacht,
    Herrscht

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