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Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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schwimmen und springen gelehrt.
     
    O denk an alles, was einsten war,
    Und sänftige deinen Sinn,
    Ich hab' es gebüßet sieben Jahr,
    Daß ich ein Douglas bin.«
     
    »Ich seh' dich nicht, Graf Archibald,
    Ich hör' deine Stimme nicht,
    Mir ist, als ob ein Rauschen im Wald
    Von alten Zeiten spricht.
     
    Mir klingt das Rauschen süß und traut,
    Ich lausch' ihm immer noch,
    Dazwischen aber klingt es laut:
    Er ist ein Douglas doch.
     
    Ich seh' dich nicht, ich höre dich nicht,
    Das ist alles, was ich kann,
    Ein Douglas vor meinem Angesicht
    Wär' ein verlorener Mann.«
     
    König Jakob gab seinem Roß den Sporn,
    Bergan ging jetzt sein Ritt,
    Graf Douglas faßte den Zügel vorn
    Und hielt mit dem Könige Schritt.
     
    Der Weg war steil, und die Sonne stach,
    Und sein Panzerhemd war schwer,
    Doch ob er schier zusammenbrach,
    Er lief doch nebenher.
     
    »König Jakob, ich war dein Seneschall,
    Ich will es nicht fürder sein,
    Ich will nur warten dein Roß im Stall
    Und ihm schütten die Körner ein.
     
    Ich will ihm selber machen die Streu
    Und es tränken mit eig'ner Hand,
    Nur laß mich atmen wieder aufs neu
    Die Luft im Vaterland.
     
    Und willst du nicht, so hab' einen Mut,
    Und ich will es danken dir,
    Und zieh dein Schwert und triff mich gut
    Und laß mich sterben hier.«
     
    König Jakob sprang herab vom Pferd,
    Hell leuchtete sein Gesicht,
    Aus der Scheide zog er sein breites Schwert,
    Aber fallen ließ er es nicht.
     
    »Nimm's hin, nimm's hin und trag' es neu
    Und bewache mir meine Ruh',
    Der ist in tiefster Seele treu,
    Wer die Heimat liebt wie du.
     
    Zu Roß, wir reiten nach Linlithgow,
    Und du reitest an meiner Seit',
    Da wollen wir fischen und jagen froh,
    Als wie in alter Zeit.«
     
     

Der letzte York
     
    Lancaster herrscht, der Kampf ist aus, die rote Rose hat gesiegt,
    Die weiße Rose, Blatt um Blatt, auf zwanzig blut'gen Feldern liegt,
    Ein einz'ger nur, des Clarence Sohn, deß Herzblut nicht zu Boden floß,
    Im Tower sitzt
Graf Edward York
, des alten Hauses letzter Sproß.
    Er sitzt im Tower Jahre schon, am selben Gitterfenster schier,
    Wo seinen Vater man ertränkt (er wollt' es so) in Malvasier,
    Der Junge hat vom Alten her ererbt den immer leichten Sinn,
    Er rechtet mit dem Leben nicht, und wie es fällt, so nimmt er's hin.
    Die Drehbank kürzt ihm seinen Tag, es surrt das Rad, es klingt sein Lied,
    Des Morgens ist er arbeitsfroh, des Abends ist er arbeitsmüd',
    Er wirft sich auf sein Lager hin, hat festen Schlaf und guten Traum –
    Daß er ein Sproß vom Hause York, der
letzte
Sproß, er weiß es kaum.
    Es surrt das Rad; da rasselt's drauß' und klirrt im Schloß, Flurlicht fällt ein,
    Sieh, der Lancasterkönig selbst, Herr Heinrich Tudor, tritt herein.
    Er spricht: »Grüß Gott dich, Vetter York, nimm dieses Schwert und diesen Helm
    Und drunten nimm mein bestes Roß – der Perkin Warbec ist ein Schelm!
    Der Perkin Warbec ist ein Schelm, die blöde Menge läuft ihm zu,
    Das macht, er nennt sich
Edward York
und lügt und prahlet: er sei du;
    Der Dieb, er stiehlt mir meinen Schlaf, doch ich zerreiß' ihm seine List.
    Komm mit und sprich zu allem Volk und zeig', daß du – du selber bist.«
    Sie reiten durch das Tower-Tor, auf Platz und Straße wogt es rings,
    Das ist er! raunt die Menge rechts, das ist er! raunt die Menge links,
    Er hört es nicht – das Puppenspiel trieb ihm ins Antlitz Grimm und Glut,
    Mit eins lebendig worden ist in ihm das alte Königsblut
.
    Er grüßt nicht rechts, er grüßt nicht links, er starrt nur schweigend vor sich hin –
    Graf Edward York, wo blieb dein Erb', des Vaters immer leichter Sinn?
    Sie reiten still bis Ludgate-Hill, der König flüstert: »Vetter, hier!«
    Der aber schweigt und murmelt erst am Tower-Tor: »Das denk' ich dir.«
    Und eh' die Nacht am tiefsten sinkt, ist seines Kerkers Zelle leer,
    Ein Strick, aus Tüchern festgeknüpft, weht weiß im Winde hin und her,
    Und eh' des andern Tages Schein noch hell in seine Zelle fällt,
    Da tritt er schon, Helm auf dem Haupt, in Perkin Warbecs flatternd Zelt.
    Er spricht: »Du nennst dich Edward York, und Edward York so nenn' ich mich,
    Wer von uns zwei'n der rechte sei, beim ew'gen Gott, das findet sich,
    Doch, daß du meinen Namen stahlst und mit ihm würfelst um den Thron,
    Heut dank' ich's dir aus voller Brust, 'genüber diesem Tudor-Hohn.
    Entgegen ihm! Und siegen wir, so trägst du Englands Krone mit!« –
    Sie zogen aus und stritten gut, doch Heinrich Tudor besser stritt,
    Er

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