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Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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etwas Lebensart.«
     
    Der drauf: »An Schaftes Runde
    Sieh hier den Silberring,
    Er deckt die breite Wunde,
    Die ich bei Prag empfing,
    Zersplittert hat, zerspalten
    Die Kugel mich von Erz,
    Schwerin
, der mich gehalten,
    Dem ging sie durch das Herz.
     
    Wen solch ein Held getragen
    In solcher
Preußen
stund',
    Dem will es nicht behagen
    Auf fremdem, russischem Grund,
    Der will unter Trommelchören
    In
Berlin
im Zeughaus stehn
    Und den ›Dessauer‹ wieder hören,
    Und von Hohenfriedberg den.«
     
    Im Arsenal, dem alten,
    Zu Petersburg am Dock,
    Zersplittert und zerspalten,
    Sprach so der Fahnenstock.
    Die andern nickten leise,
    Der Zugwind wehte sacht,
    Immer stiller ward's im Kreise; –
    Ein Stern schien durch die Nacht 1 .
Fußnoten
     
    1 Die Fahne befindet sich jetzt wieder im Zeughause zu Berlin.
     
     

An den Märzminister Graf Schwerin-Putzar
     
    Dein Ahnherr – mit dem Schwerte,
    Du selber – mit dem Wort!
    So lebt das Ruhmeswerte
    Bis auf den Enkel fort.
    Was einst in letzter Stunde
    Der greise Feldmarschall sprach,
    Aufs neu aus deinem Munde
    Erklang es uns: »
Mir nach!
«
     
    Du stehst, in Lieb' und Treue,
    Zu Thron und Herrscherhaus,
    Und baust doch, für das Neue,
    Die alten Pfeiler aus.
    Nicht trägst du der Verneinung
    Im Kampfe die Fahne vor,
    Doch für die freie
Meinung
    Schwingst du sie hoch empor.
     
    Du bist von jenen
Alten
    Im Geiste noch gezeugt,
    Die keinem Stirnefalten
    Jemalen sich gebeugt.
    Du sprichst noch, wie der
Zieten
    Sonst wohl bei Hofe sprach,
    Was dem die Schranzen rieten,
    Er fragte nichts danach.
     
    Der
Zieten
, ja, beim Fürsten
    Zu Tafel saß er gern,
    Einst aber andres Dürsten
    Trieb ihn zum Tisch des Herrn;
    Erst als er da genossen
    Von Christi heil'gem Mahl,
    Ernst noch und abgeschlossen
    Trat er in Schloß und Saal.
     
    Der König sieht den Degen
    Und wie so fromm er schaut;
    Da ruft er ihm entgegen:
    »He,
Zieten
, schon verdaut?!«
    Der hört es; unter Blitzen
    Blickt er den König an,
    Daß selbst das Aug' des
Fritzen
    Nicht Stich ihm halten kann.
     
    Dann laut: »Für Euch in Nächten
    Geblutet hab' ich gern,
    Nun will ich auch mal fechten
    Für Christum, meinen Herrn!«
    Wohl stutzet da und staunet
    Das höfische Geschlecht,
    Der König aber raunet:
    »Still,
Zieten
, Er hat recht!«
     
    So war's und – ist's geblieben
    Durch ein Jahrhundert fort:
    Die Hohenzollern lieben
    Ein freies Manneswort.
    Auch
du
, für heil'ge Rechte
    Ficht weiter, sonder Scheu:
    Treulos sind alle Knechte,
    Der Freie nur ist treu!
     
     

Schleswigs Ostertag 1848
     
    Ich denke deiner, Ostertag:
    Ein Nebel über Schleswig lag,
    Über Schleswig-Stadt, über Schleswig-Land –
    Der Däne hielt uns wieder in Hand,
    Er hielt Schloß Gottorp, er hielt die Schlei,
    Unser kurzer Traum war wieder vorbei;
    Ein Nebel über Schleswig lag,
    Achtundvierzig, am Ostertag.
     
    Und über die Stadt und über den Strom
    Die Glocken riefen in den Dom,
    Und ehe das erste Lied erscholl,
    Von Betern war die Kirche voll,
    Betende Männer, betende Fraun,
    In schwarzem Festkleid alle zu schaun,
    Dazwischen aber (bittre Not)
    Leuchtende Punkte von Dänisch-Rot.
     
    Und bis an die Kanzel traten wir hin,
    Zwischen Hoffen und Bangen ging unser Sinn,
    Von Auferstehung der Geistliche sprach,
    Wir hingen seinen Worten nach,
    Seinem Wort von dem abgewälzten Stein,
    Wir mischten viel Weltliches mit ein,
    Wenn's Sünde war, es war nicht gewollt –
    Horch, es donnert! Wie dumpf es rollt.
     
    Ein Ostergewitter? Es kann nicht sein,
    Durch die hohen Fenster fällt Sonnenschein,
    Er fällt, wie suchend, gedämpft und mild
    Auf das eichengeschnitzte Altarbild,
    Auf die zwanzigfeldrige breite Wand
    Von Meister Brüggemanns eigener Hand,
    Der Felder eines schwimmt wie in Gold –
    Horch, zum zweiten, es donnert, es rollt.
     
    Es rollt wie näher, die Fenster klirrn,
    Aller Blicke hinüber, herüber irrn,
    Es fragen die Augen bei Freund und Feind,
    Ein Flüstern geht leise: »Was ist gemeint?«
    Und ehe noch flüsternd die Antwort geht,
    Vom Eingang her ein Zugwind weht,
    Weit offen die Tür; was gibt's, was ist?
    In das Mittelschiff tritt ein dän'scher Hornist,
    Und in die Kirche hinein, vom Portal,
    Bläst er Genralmarsch, Signal auf Signal.
     
    Ein Rasseln, ein Lärmen. Still wieder das Haus,
    Die roten Punkte loschen aus,
    Was deutsch in Schleswig wollte sein,
    War wieder in Schleswigs Dom
allein
.
    Und wie Hilfe suchend und Trost und Ruh,
    Den Stufen des Altars drängten wir zu,
    Dicht zu; der

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