Gedrillt
daran, dir Fionas Pelzmantel auszuhändigen, damit du ihn an sie verschenken kannst. Das kommt überhaupt nicht in Frage, Bernard. Es ist nicht richtig, und ich bin erstaunt, daß du das nicht siehst.«
»Kommt trotzdem zum Essen«, sagte ich.
»Es ist fast Sommer«, sagte Tessa.
»Ja«, sagte ich, als die Musik aufhörte.
»Sieh dir das an«, sagte Tessa, und ihr amüsierter Ton verhehlte nicht das boshafte Vergnügen, das ihr die Betrachtung der Welt bereitete. »Er macht ihr vermutlich schon in diesem Augenblick Anträge. Er wird sie zum Wochenende nach Rom einladen oder in das Penthouse, das sie in New York haben. Es muß sehr verführerisch sein.«
Es hatte keinen Zweck, sich darüber zu ärgern. Keiner war vor Tessas Schadenfreude gefeit. »Es wird allmählich spät«, sagte ich. »Morgen muß ich früh raus.«
Großzügig bestand George darauf, ihn auf einen Schlaftrunk in seine Wohnung nach Mayfair zu begleiten. Und dann ließen wir die Damen miteinander plaudern, und er fuhr mich zurück, um unseren Wagen bei Dickys Haus abzuholen. »Das Haus von diesem Joppi«, sagte George plötzlich, »durch und durch faul!«
»Wirklich?« sagte ich.
»Ich bin nach oben ins Badezimmer gegangen. Mein Gott! Die Holzverkleidung solltest du sehen. Und die Fäule steckt schon in den Wänden … und im Putz. Ist dir das nicht aufgefallen?«
»Nein«, sagte ich.
»Das wird er nur los, wenn er alles rausreißt, nur die nackten Mauern stehen läßt.«
»Hast du ihm das gesagt?«
»Und warum sollte ich als Überbringer dieser Unglücksbotschaft auftreten? Nein. Der arme Kerl. Ich hab’s nicht über mich gebracht, ihm den Abend zu verderben.«
»Aber hat er den Zustand des Baus nicht prüfen lassen?«
»Der hat sich blindlings auf diesen geschniegelten Architekten verlassen – alles Chromstahl und Zimmerpflanzen
–, ich kann diese Brüder nicht ausstehen.«
»Und keine Aussicht auf Entschädigung?«
»Klage gegen die Baufirma, meinst du? Keine Chance. Das sind gerissene Halunken. Die gründen für jeden Job eine neue Gesellschaft, und die lassen sie platzen, sobald sie ihr Geld haben. So arbeiten diese Leute.«
»Armer Fürst Joppi«, sagte ich.
»Ja, armer Teufel«, sagte George. Hätte mir Tessa nicht Georges wahre Gefühle verraten, hätte ich ihm sein Mitleid vielleicht geglaubt. Er war ein aufmerksamer und rücksichtsvoller Fahrer. Als ihn ein junger Bursche in einem zerbeulten Ford mit heulendem Motor auf der falschen Seite überholte und, weil er ihm zu sehr auf Sicherheit bedacht fuhr, tadelnd anhupte, lenkte George nur zur Seite und machte ihm Platz. »Blöder Hund«, sagte ich zornig.
»Vielleicht hat er einen schlechten Tag gehabt«, sagte George milde. Manchmal fragte ich mich, ob seine bemerkenswerte Toleranz auf seiner Frömmigkeit gründete. Wenn ja, war sie ein überzeugendes Argument für den römischen Katholizismus. »Du bist doch ein Mann von Welt«, sagte George unvermittelt. Ich wollte gerade eine frivole Antwort geben, als mir klar wurde, daß George irgendwas auf dem Herzen hatte. Also grunzte ich nur und sagte, daß ich das gerne glauben wolle. »Irgendwelche Erfahrungen mit Rauschgiftsucht? Kokain, Heroin, solchem Zeug?«
»Ich bin kein Experte.«
»Es gibt da einen Typ, der sich viel bei Tessa rumtreibt … Neulich abends hat sie von Drogen geredet und gesagt, es würde eine Menge Unsinn darüber geredet, und zweifellos stimmt das ja.« George verstummte. Ich sagte: »Bitte, George, sag mir, ob ich dich richtig verstehe. Glaubst du, daß dieser Typ ihr Drogen verkauft?«
»Ja, Bernard. Jedenfalls kommt’s mir so vor«, sagte er vorsichtig.
»Gib mir Namen und Adresse.«
»Ich will nicht überreagieren«, sagte George. »Damit könnte genau das bewirkt werden, was ich unbedingt vermeiden will.«
»Eine Überprüfung kann nicht schaden«, sagte ich. »Ich kenne gute Leute, die dir innerhalb von ein paar Tagen gewisse Fragen beantworten können.«
»Er nennt sich Bill Turton, aber darauf würde ich nicht allzuviel geben. Er ist ein wohlhabend aussehender Amerikaner. Nicht jung.« Nachdem er so begonnen hatte, mir sein Herz auszuschütten, hielt er inne und dachte einen Augenblick nach. »Es würde nicht leicht sein, Bernard. Er ist einer von diesen Leuten ohne feste Adresse: Hotels, Clubs, Mietwohnungen, von einem Land zum anderen. Hält sich nirgends lange auf.«
»Ist es das, was Tessa dir erzählt?«
»Sie hat ihn vor kurzem auf einen Drink in die Wohnung eingeladen. Er hat mir überhaupt nicht
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