Gedrillt
verheiratet.«
»Und Sie sind Gloria«, sagte die Fürstin eine Spur herablassend und lächelte, um die Befriedigung zu zeigen, mit der Frauen entdecken, was illegitime Verhältnisse sein könnten. Nach ein paar weiteren Scherzen nahm Tessa Gloria unter ihre Fittiche, und die beiden verschwanden nach oben, während George mich mit ins Billardzimmer nahm, um mich unserem Gastgeber vorzustellen. Nach Georges Schilderung hatte ich einen fetten, alten Mann erwartet, einen von jenen bierbäuchigen Wurstschlingern, die man zur Melodie von »In München steht ein Hofbräuhaus – oans, zwoa, gsuffa« schunkeln sieht. Aber der Fürst erwies sich als hochgewachsener, dünner, gewandter Mann von ungefähr fünfunddreißig Jahren. Ein kosmopolitischer »tough guy«, ein hartgesottener Bursche, der Englisch ohne Spur eines deutschen Akzents sprach. Sonnengebräunt wie seine Frau, hatte er unnatürlich schwarzes Haar, das glänzend und glatt über den Schädel gekämmt war. Sein Smoking war konservativ geschnitten von einem augenscheinlich teuren Schneider. Wie George und viele der anderen Gäste trug er ihn mit größter Selbstverständlichkeit, die bewies, daß er sich in dieser Kostümierung nicht nur ausnahmsweise zeigte. Er stand beim Markor und studierte die Lage der Stoßkugel, ein Glas Wein in der Hand. Er blickte auf, als wir hereinkamen. »George!« sagte er mit anscheinend wahrer Freude.
»Ganz allein?« fragte George. »Würdest du vielleicht lieber …«
»Nein, George. Ich habe auf dein Kommen gehofft.« Er klemmte mit mehr als dem nötigen Nachdruck sein Queue in den Ständer. Wie ein gutausgebildeter Soldat sein Gewehr irgendwo in Reichweite abstellen mag.
George sagte: »Dies ist Bernard, ein sehr guter Freund, obwohl er mein Schwager ist.«
»Schwager und Freund zugleich!« sagte er, komisches Erstaunen heuchelnd. »Wenn das nicht von euer beider Anstand und Großmut zeugt!«
Während der Begrüßung verdichtete sich bei mir das unbestimmte Gefühl, daß ich unseren Gastgeber schon irgendwo gesehen hatte. Tatsächlich berichtete über die Aktivitäten dieses »Playboy-Fürsten« die deutsche Regenbogenpresse, wie mir dann plötzlich einfiel.
George sagte: »Piekfeine Leute hier heute abend, Joppi.«
»Nicht viele wahre Freunde. Die meisten sind Leute, denen wir nach Meinung meiner Frau irgendwelche Gefälligkeiten oder Gastfreundschaft schuldig sind«, sagte Joppi, als litte seine Frau an einem seltsamen und beunruhigenden Wahn; einem Leiden, von dem er sie erlöst zu sehen hoffte.
»Ita erzählte mir, daß du inzwischen ein perfekter Taucher geworden bist, Joppi«, sagte George.
»Ja, das nächste Mal wirst du merken, daß ich sogar noch besser bin als du«, sagte Joppi. »Auf Fitneß kommt es dabei an, George. Und Training.« Solche sauer verdienten Errungenschaften herunterzuspielen, kann man von einem Deutschen nicht gut verlangen. »Wir waren über Weihnachten im Strandhaus meines Bruders bei Rio, und das Wasser war einfach fabelhaft. Und jetzt bin ich gut, verdammt gut.«
»Du Glückspilz«, sagte George.
»Ihr seid Gäste und habt nichts zu trinken«, sagte der Fürst. »Da müssen wir sofort Abhilfe schaffen.« Er strich sein vollkommen glattes Jackett glatt und ging auf die Tür zu, als ahnte er, daß seine Frau George gebeten hatte, ihn aus dem Billardzimmer herauszuholen.
Er schnippte nach deutscher Art mit den Fingern nach dem nächststehenden Kellner und zauberte Getränke für uns herbei. Ehe ich aber eins in die Hand bekam, hatte schon Tessa – mit strahlenden Augen lächelnd – meinen Arm ergriffen. »Erst mußt du tanzen, Bernard, ich bestehe darauf.« Ich hatte schon seit so langer Zeit nicht mehr getanzt, daß ich mich anfänglich ganz darauf konzentrieren mußte, ihr nicht auf die Füße zu treten. Aber bald kam ich gut genug zurecht, auch ein bißchen Unterhaltung zu versuchen. »Wann kann ich vorbeikommen und den Pelzmantel abholen?«
»Joppi ist ein prima Tänzer, findest du nicht?« sagte Tessa, als hätte sie mich nicht verstanden.
Ich drehte den Kopf und sah unseren Gastgeber, der Gloria fest umarmt hielt. »Ja«, bestätigte ich.
»Ich wußte, daß er sich für Gloria interessieren würde. Sie ist genau sein Typ.«
»Aber wird Gloria ihn interessant finden?« fragte ich. »Darauf kommt’s doch nicht sonderlich an«, sagte Tessa. »Er wird sie interessant finden, und das findet jede Frau anziehend.« Ich widersprach nicht. Vermutlich hatte sie recht. Ich hatte Frauen nie verstanden
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