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Gefaehrlich begabt

Gefaehrlich begabt

Titel: Gefaehrlich begabt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Olmesdahl
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rollte die Augen. Ein weiterer Fluch durchtrennte seine Stimmbänder. Schlagartig wurde es mucksmäuschenstill.
    Kira lächelte ihm ins Gesicht. Der kleine Feuerteufel schien stark zu sein. Sein Bewusstsein wollte sich nicht verabschieden. Kira beobachtete das selten. Sie umfasste den Finger mit ihren kalten Händen und mit einem Ruck riss sie ihn am Handwurzelknochen von seinem kraftlosen Arm. Dennis’ Gesichtszüge entspannten, die Ohnmacht holte ihn ein.
    Kira hob die zerbrochene Schere vom Boden auf. Die Klinge war stumpf, aber sie würde es noch schaffen. Sie streckte beide Arme aus und brachte Dennis’ Kopf in die richtige Position. Mit Nachdruck fuhr sie die Schneide über seine Halsschlagader, das Blut tropfte auf den Kinderteppich.
    Sie würde ihn ausbluten lassen, die Zeit nahm sie sich. Kira angelte sich eine Zigarette aus der Westentasche und steckte sie an. Für gewöhnlich rauchte sie nicht, aber in solchen Momenten bekam sie Lust darauf. Ihrem Vorbild Jonathan ging es ähnlich.
    Kira setzte sich und legte die Beine lang aufs Bett. Sie sah zu, wie die dunkle Farbe aus dem kleinen Körper sprudelte.
    Wäre Sebastian bei ihr, hätten sie aus der blutigen Lache ein paar Figuren erraten. Ähnlich wie es andere mit Wolken taten, war es bei ihnen zu einer Art Ritual geworden. Aber sie brauchte Sebastian nicht, um die Show zu genießen.
    Nach und nach wich das Leben aus den Gliedern des kleinen Dennis und Kira spürte, wie das neue Talent brennend heiß durch ihre Adern rauschte.

12. Kapitel
    Von Fischen und Möwen
    D as Wunder geschah jedes Jahr aufs Neue. Erstaunlicherweise verging die letzte Woche der Sommerferien ums Dreifache schneller als die übrigen Tage. Und obwohl Anna diesmal gedacht hatte, dass sich die Woche wie Kaugummi ziehen würde, verstrich sie tatsächlich wie im Flug. Fast so schnell wie im Norden.
    Täglich besuchte sie Marla und übte, ihre Gabe zu beherrschen. Bisher durfte sie nur in die Schattenwelt tauchen, um sich umzusehen, aber das nächste Mal sollte sie versuchen, einen richtigen Kontakt herzustellen.
    Ihren persönlichen Halbgott hatte sie die vergangenen Male nicht angetroffen, vermutlich ging er einer anderen wichtigen Beschäftigung nach. Natürlich änderte das nichts an ihrer Enttäuschung, die sie verspürte, wenn sein Wagen nicht vor dem Haus stand.
    Mit Marla verband sie mittlerweile Freundschaft. Anna mochte ihre unbeschwerte Art, wobei sie in gewissen Situationen auch streng sein konnte. Sie hatte sie in ihr Herz geschlossen. Manchmal erinnerte Marla sie sogar ein bisschen an Eva.
    Anna betrat überpünktlich den Schulhof zum ersten Schultag und passend zu ihrer Laune hatten sich ein paar Wolken an den späten Augusthimmel geschoben.
    »Anna!« Vanessa eilte über den Pausenhof auf sie zu. »Wie waren die Ferien?«
    Vor diesen typischen Fragen graute es ihr am meisten. Jemandem erzählen zu müssen, was geschehen war …
    Anna blickte Vanessa entgegen und entschied sich spontan anders. »Wie immer und bei dir?«
    Vanessa verlor sich in einer ausschweifenden Geschichte über ihren Urlaub in Südfrankreich und einen Typen namens Lucien.
    Anna blickte ihr ins Gesicht und versuchte, das schnelle und zusammenhanglose Geplapper in die richtige Reihenfolge zu sortieren. Vanessa gehörte zu den anstrengenden Menschen auf der Welt. Sie unternahmen selten etwas gemeinsam in ihrer Freizeit, denn Anna kostete es Mühe, nicht jedes Mal genervt zu wirken, wenn Vanessa sie länger als eine Pausenlänge mit Anwesenheit beglückte. Trotz allem vertraute sie ihr. In brenzligen Situationen und bei normalen Mädchenproblemen suchte sie ihren Rat und bereute es nicht. Eine lockere Freundschaft verband sie.
    Sie setzten sich auf eine freie Bank und Anna ließ den Blick über den Schulhof schweifen. Vanessa holte zwischen den Sätzen kaum Luft. Anna gab es auf, der aufgebrachten Stimme länger zu folgen. Die Mitschüler, die sich nach und nach einfanden, stellten sich in Grüppchen zusammen, und vertieften sich in Urlaubsgespräche. Sie witzelten und lachten, wirkten unbeschwert.
    Ihr Herz zog sich zusammen. Niemand kam auf sie zu, niemand sprach mit ihr. Anna zählte nur wenige Menschen zu ihrem Freundeskreis, heute fiel es besonders auf. Sie wünschte sich, irgendwo anders zu sein. War sie hier fehl am Platz? So ganz gehörte sie wohl noch nie dazu.
    »Sieh mal, da ist Alex«, schnatterte Vanessa.
    Annas Blick blieb aber am Schultor hängen. Sebastian stand lässig im Schatten knorriger

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