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Gefaehrlich begabt

Gefaehrlich begabt

Titel: Gefaehrlich begabt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Olmesdahl
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ich habe sie. Sie ist brillanter, als du dir vorstellen kannst. Sie ist mutig und schnell, der perfekte Anführer. Robert, wir haben das beste Team. Wir kommen jetzt.«
    Der alte Mann klappte sein Handy zusammen und beugte sich zu Anna herunter. Seine Wirbelsäule knackte verdächtig, aber es hielt ihn nicht davon ab, sich noch tiefer zu beugen.
    »Was tun Sie?«
    Entweder wollte er nicht hören oder er war tatsächlich schwerhörig. Ohne Vorwarnung riss er ihr Hosenbein hoch. Sie jammerte auf, Tränen schossen ihr in die Augen. Den Engländer kümmerte es nicht, er legte seine faltigen Hände rücksichtslos auf ihre Wunde.
    Ein stechender Schmerz durchfuhr sie und zog sich bis in den kleinsten Winkel ihres Körpers. Sie wollte ihn abwehren, ihn anschreien, ob er noch bei Verstand sei, aber sie schaffte es nicht. Bevor sie auch nur einen Ton sagen oder sich wehren konnte, verlor sie abrupt das Bewusstsein.

    *
    Sebastian lief, so weit ihn seine Beine trugen. Wo sollte er hin? Zuhause hießen sie ihn sicher nicht mehr willkommen. Zu Marla konnte er auch nicht, sein Vater kümmerte sich um die Angelegenheit. Es bestand kein Zweifel, dass er sie inzwischen getötet hatte.
    Er sank auf eine Bank des Marktplatzes und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dicke Tränen kullerten das Gesicht hinab. Menschen eilten vorbei, jeder bloß mit sich beschäftigt.
    Niemandem fiel auf, dass er hier saß und weinte. In vergangenen Zeiten hatte das mal anders ausgesehen.
    Sebastians Gedanken überschlugen sich. Der Beirat nahm sich Anna an, gut. Ihr Bein musste schnellstens versorgt werden, und da er wusste, dass die englischen Männer über Heiltalente verfügten, fühlte er sich diesbezüglich ein wenig beruhigt. Aber was würden sie mit ihr machen? Sie hatten es sicher nicht gern gesehen, dass sie sein Leben mit ihrem verteidigte. Er konnte nur hoffen, dass sie nicht zu hart mit ihr ins Gericht gingen. Er rieb sich über das Gesicht. Seine Familie stand somit auch wieder auf der Fahndungsliste. Er fand das in Ordnung, es durfte kein weiteres Blutvergießen geben.
    »Entschuldigung?« Eine junge Frau gesellte sich zu ihm.
    Fragend blickte er sie an.
    »Haben Sie mal Feuer?« Sie deutete auf die Zigarette in ihrer Hand.
    Er schüttelte den Kopf. Konnten die Menschen ihn nicht einmal in Ruhe lassen?
    Eine Idee fraß sich auf einmal durch seine Zweifel und die Angst. Keine besonders nette, zugegeben, aber sie schützte vorerst sein Leben. Zumindest so lange, bis er wusste, dass Anna nicht in Gefahr schwebte.
    Sebastian hob den Kopf. Er schätzte sie höchstens auf dreißig. Die Gedankenmanipulation beherrschte er perfekt, er schrieb sich den Titel des Besten auf die Stirn. Eine Fähigkeit, um die Kira ihn immer beneidet hatte, denn sie selbst hatte sie nie geschult.
    Sein Blick grub sich tief in den Verstand der jungen Frau. Er wusste nicht, was sie dachte, aber er konnte es kontrollieren. »Sagten Sie gerade, Sie bieten mir Ihre Couch an? Das ist sehr nett.«
    Die Frau blickte ihn aus großen Augen an. Sie widerstand dem Impuls, davonzulaufen. Der Fluch siegte über den Instinkt. Er hatte Glück, dass es funktionierte. Seit vielen Jahren hatte er diese Kraft nicht mehr angewandt.
    »Ja, genau das sagte ich.«
    »Super, dann sollten wir gehen.«
    Die Frau stand auf und Sebastian trat an ihre Seite, bevor sie gemeinsam über den Marktplatz davonschlenderten.

    *
    Anna öffnete die Augen, ihr schwirrte der Kopf. Benommen stellte sie fest, dass ihr Bein nicht mehr schmerzte. Auch die anderen Wunden schien jemand versorgt zu haben. Wo war sie? Ein ohrenbetäubender Lärm drang ihr ins Bewusstsein, vermutlich hatte er sie geweckt. Fluglärm?
    Sie fuhr hoch. Mit verschwommenem Blick sah sie sich in dem winzigen Raum um. Die Liege, auf der sie lag, ähnelte einer Krankenhausbahre.
    »Sie befinden sich in Sicherheit«, ließ eine kehlige Stimme hinter ihrem Kopfteil verlauten.
    Anna zuckte zusammen und wandte sich um. Der alte Mann aus dem Waldstück.
    »Wer sind Sie?« Sie klang fester als erwartet.
    »Mein Name ist Aldwyn Eltringham und ich komme vom Rechtsbeirat für besondere Menschen.«
    Sie ahnte es ja bereits. »Wohin fliegen wir?« Befanden sie sich überhaupt in der Luft, oder täuschten sie die Sinne?
    »Wir fliegen nach London und im Übrigen«, er deutete auf ihr Bein, »dürfen Sie mir danken. Wir legen großen Wert auf Höflichkeit.«
    Anna starrte ihn an. Ihm danken? Er war nicht gerade sensibel vorgegangen, als er ihr Bein

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