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Gefährlich nah

Titel: Gefährlich nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Salat. Dabei musste sie sehr an sich halten, nicht zu würgen bei dem Anblick oder dem Gedanken an Essen. Der Salat war nicht so schlimm, aber drüben auf der Arbeitsplatte schnitt ihr Dad rosa Roastbeef auf, und ihr gegenüber löffelte Gary dicke Kleckse von Vanillesoße über den Schichtpudding und balancierte Lucy dabei kippelig auf den Knien, die vor Vergnügen juchzte und kreischte, was Hazels Kopfschmerzen noch verstärkte. Es war ihre eigene Schuld. Sie hatte am Abend zuvor bei Tashas Party einfach viel zu viel getrunken. Jedenfalls für ihre Verhältnisse. Sie vertrug nicht viel Alkohol. Normalerweise schaffte sie es, sich einen ganzen Abend lang an einem Radler festzuhalten.
    »Ach, komm schon«, hatte Joe im Laufe des Abends mehrfach gesagt. »Trink doch noch was. Wenn du nicht mal an Silvester Spaß haben kannst, wann dann?«
    Hatte er es absichtlich getan? Und darauf gehofft, dass sie keinen Widerstand leisten würde, wenn es erst einmal Mitternacht war und er dafür gesorgt hatte, dass sie direkt neben ihm stand. Wenn, dann hatte es jedenfalls funktioniert. Sie hatte ihn geküsst und bis drei Uhr mit
ihm getanzt, als ihr Taxi kam, und hatte gesagt, dass sie mit ihm zusammen sein wollte. Joe war witzig, sah ganz gut aus, wenn man mal von dem albernen Schnurrbart absah, und sie mochte ihn, fühlte sich total relaxed in seiner Gegenwart. Aber war das genug? Da war nichts von der wilden Leidenschaft, die Abbie für Tom zu empfinden schien. Und würde sie Joe als Freund verlieren, wenn es doch nicht funktionierte zwischen ihnen? War es das Risiko wert? Sie würde es bald entscheiden müssen. In ein paar Stunden würde sie ihn wiedersehen. Seine Familie kam zu Besuch, so wie sie es immer taten zur Neujahrsparty.
    »Wir machen dieses Jahr nur was Kleines«, hatte Mum gesagt, aber klein hatte sich irgendwie doch auf eine Zahl von über fünfzig Gästen hochgeschaukelt, sodass sie, Sarah und Gary bei den Vorbereitungen helfen mussten. Als Hazel mit der Gurke fertig war und sich an die Frühlingszwiebeln machen wollte, piepte ihr Telefon. Rasch griff sie danach, da sie dachte, es wäre Joe, aber er war es nicht.
    »Überraschung ! « , sagte sie und knallte das Handy hin. »SMS von Abbie, dass sie nicht kommen kann. Sie arbeitet wieder. Ich hab sie die ganzen Ferien über noch nicht gesehen. Sie hat uns noch nicht mal eine Weihnachtskarte oder so geschickt. Zu beschäftigt, nehme ich mal an.«
    Dad und Gary murmelten ein paar mitfühlende Worte, aber keiner von beiden schien sich besonders dafür zu interessieren. Sie hatten ihre eigene kleine Feier gehabt gestern Abend. Keine wilde Party, so wie es sich angehört
hatte, aber der arme Dad war wie üblich um halb fünf zum Melken aufgestanden. Hazel nahm den fertigen Salat und trug ihn ins Esszimmer hinüber, wo Mum und Sarah alles vorbereiteten und schmückten. Sie hörten auf zu reden, sobald Hazel erschien. Allzu abrupt oder bildete sie sich das nur ein?
    Hazel stellte den Salat auf den Tisch und wechselte ein paar Worte mit den beiden, bevor sie wieder hinausging, aber nicht zu weit. Sie wartete direkt vor der Tür. Es war dumm, das war ihr klar. Ihrer Mum war es von Tag zu Tag besser gegangen, und sie hatte sich stärker gefühlt, bis sie schon fast wieder zur Normalität, zu ihrem alten Ich, zurückgekehrt war. Damit konnte es also nichts zu tun haben, oder? Aber Hazel lauschte dennoch, nur um sicherzugehen. Die Ärzte hatten sie natürlich gewarnt, dass der Krebs wiederkehren könnte: nächste Woche, nächstes Jahr, in zwanzig Jahren - oder überhaupt nicht. Aber Mum hatte versprochen, offen darüber zu sprechen und es zu sagen, wenn etwas schieflief, wenn es Anzeichen für einen Rückfall gab.
    Hazel wartete. Zuerst hörte sie nur das Geklapper von Geschirr, das hin- und hergeräumt wurde. Es war okay. Es gab kein Problem. Sie hatte sich das nur eingebildet. Dann, als sie gerade weggehen wollte, sagte ihre Mutter etwas.
    »Ich dachte, es wäre alles geklärt«, sagte sie matt. »Alles lief doch so gut.«
    Hazel biss sich auf die Lippen, um nicht laut aufzuschreien, und drückte sich gegen die Wand, um sich selbst daran zu hindern, ins Zimmer zurückzustürzen.

    »Das war es auch«, sagte Sarah. »Mehr oder weniger. Und es wird auch wieder gut. Aber du weißt doch, wie es mit Weihnachten ist. Ich musste es schön machen für Lucy, oder? Ihr erstes Weihnachten! Ach, komm schon, Mum. Es sind doch nur ein paar hundert, damit ich meine Kreditkartenrechnung

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