Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 1
senkt sich mein Löffel in die Grieß-Pampe zwischen uns, fischt einen Hähnchenfetzen heraus, an dem ein Kürbiswürfel und ein wenig Grieß kleben. José öffnet seinen Mund. Er hat ganz dunkle Lippen. Und ganz weiße Zähne, an denen der seltsame Blechlöffel entlangschabt. Wenigstens dieses eine Mal kommt die Gänsehaut von dem scheußlichen Geräusch, vermischt sich aber schnell mit dem Kribbeln, das eindeutig von unserem Blickkontakt herrührt.
Jeweils zwei mit Couscous beladene Löffel und heiße Blicke wechseln zwischen uns, als José seine Beine unter dem Tisch herauszieht. Enttäuschung will sich schon in mir breit machen, als ich sehe, was der Kommissar vorhat. Es sieht schon ein wenig albern aus, wie er da auf allen Vieren um den Tisch herumkrabbelt und sich hinter mich setzt, seine Beine nun von dort aus unter den Tisch schiebt und seinen warmen Körper an meinen Rücken schmiegt. Trotzdem stockt mir der Atem. Wie erstarrt sitze ich da, die Schrunden an meinem Hintern sind vergessen. Und auch die Blasen an meinen Füßen. Mon Dieu, was ist denn hier los? Also das dürfte Clément nun nicht sehen. Das fällt eindeutig unter Fremdgehen, oder?
Als sich dann auch noch Josés Arme von hinten um meine Taille schlingen und er an meinem Ohr raunt: „Ich hoffe, das ist okay so“, habe ich das Gefühl, ohnmächtig zu werden. Ja, das ist okay so. Mindestens. Oder sollte ich mich wehren, sollte ich die Spröde spielen, damit er mich nicht für ein Flittchen hält? Vermutlich sollte ich, aber ich will nicht. Das ist so wunderschön, das fühlt sich so gut an. Das Kribbeln auf meiner Haut, das heftige Pochen meines Herzens. So etwas habe ich noch nie erlebt. Solch einen forschen Typen wie Monsieur le Commissaire auch nicht. Endlich einmal bin nicht ich diejenige, die den Ton angibt. Das ist so gut. Aber jetzt bin ich in ernsthaften Schwierigkeiten.
Ich will schon meinen Kopf nach hinten sinken lassen, gegen seine Brust, von der ich noch gar nicht weiß, wie sie sich anfühlt. Überhaupt weiß ich so gut wie nichts von diesem Mann, mit dem ich in intimer Pose auf dem Boden eines marokkanischen Restaurants sitze, in dem sie ganz andere Sachen servieren, als auf der Tageskarte angekündigt.
„Haben sich eigentlich seit vergangener Nacht Dinge ergeben?“, tönt es da an meinem Ohr.
I ch fahre dermaßen zusammen, dass ich davon ausgehen muss, dass mich gleich ein Herzinfarkt ereilt. Oder ein Schlaganfall.
„Was für Dinge?“, keuche ich, ohne dass ich über diese zu diesem Zeitpunkt höchst ungewöhnliche Frage nachdenken kann.
„Hat jemand Kontakt zu dir aufgenommen?“
„Ich verstehe nicht“, stammele ich.
„Du hast heute Vormittag mit deiner Mutter das Hotel verlassen. Ist euch jemand gefolgt?“
Mein Herz pocht noch einen Takt heftiger, obwohl ich nicht geglaubt hätte, dass das überhaupt noch möglich ist. Was geht denn hier ab? Ich denke, Herr Kommissar macht sich an mich ran. Was will er von mir? Was sind denn das für Fragen, beziehungsweise was für Verhörmethoden sind das?
Unter höchsten Schmerzen ruckele ich auf meinem Po ein paar Zentimeter in Richtung Tisch, weg von diesem warmen, erregenden, fremden Körper , und drehe meinen Kopf zu Josés herum. Ich will … Vergessen. Ich vergesse, was ich will, als sich seine Lippen auf meine senken.
Gierig suchen sich unsere Zungen. Josés Hände streicheln meinen Rücken auf und ab, während wir in einem wilden Kuss versinken und die Welt um uns herum vergessen. Mein Hirn ist wie teilamputiert, nur noch bestimmte Regionen sind aktiv. Jene, die bereits bei den Steinzeitmenschen für die Fortpflanzung zuständig waren. Ich bin ein einziges Bibbern, Beben und Pulsieren. Von einer Sekunde zur anderen degradiert von einer Frau, die weiß, was sie will, zu einer, äh, die auch weiß, was sie will. Nur dass dieses Wissen um das, was ich will, sich auf zutiefst animalische Bedürfnisse konzentriert. Ich fühle mich wie der personifizierte Urinstinkt. Mein Bauch grummelt, meine Haut prickelt und mein Atem überschlägt sich.
Einzig Ilhamis vernehmliches Räuspern, sowie ein zickiges „Für mich Tee und eine ordentliche Portion Falafel“, hindern mich daran, José auf den Rücken zu schubsen, die Blasen an meinen Füßen, das schmerzhafte Pochen auf meinen Arschbacken und die Welt um mich herum komplett zu vergessen. Ich sehe es bereits vor meinem inneren Auge, wie ich mich in enger Umarmung zwischen all den Sitzkissen mit dem Kommissar über den
Weitere Kostenlose Bücher