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Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 1

Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 1

Titel: Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Nimou
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ungefähr unterwegs sein?“, fragt sie, während ich ihr auf den Oberarm boxe und zische, dass jetzt genau der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um ihre Karate-Künste auszuprobieren.
    „Circa vier Minuten“, gibt Dominique Auskunft.
    „Unser Entführer sagte, wir dürfen Wünsche äußern, Madame“, quasselt Mutter vollkommen überflüssiges Zeug. Wir könnten diese Dominique überwältigen und sie zwingen, uns aus diesem Bau rauszubringen. Das wäre mal eine Maßnahme, aber doch nicht dieses Gequatsche!
    „ Nennen Sie mich Dominique.“ Die kleine Frau mit den zackigen Schritten sagt das, ohne sich umzuwenden.
    „Sind Sie eine Art Zofe?“
    Meine Mutter … Ich drehe die Augen zu der weißen Kassettendecke. Eine Zofe – woher nimmt sie das nur? Karate, Mama, Karate.
    „Das könnte man so sagen“, bestätigt Dominique dann auch noch, wobei der Name Dominique so gar nicht zu der ältlichen Dame passen will. Irgendwie erinnert sie mich nun doch nicht mehr an Oma, sondern an die Frau vom Weihnachtsmann. „Ich arbeite seit Jahrzehnten in der Familie. Mehr darf ich nicht verraten. Bitte stellen Sie mir keine weiteren Fragen, Aurore.“
    Oha. Mamas Vorname ist Dominique bekannt.
„Mama“, zische ich an Mutters Ohr und sehe ihr auffordernd in die Augen. Sie muss doch kapieren, dass das hier unsere Chance ist, diesem Schlamassel zu entkommen. Ich jedenfalls bin bereit, im Seidenkleid und auf High Heels zu flüchten.
    Mutter winkt nur ab.
„Löchere du sie“, zischt sie mir zu. „Frage sie zu dieser Familie aus. Ich will wissen, wo wir hier gelandet sind.“
    „Wo sind wir?“, frage ich prompt, erhalte aber keine Antwort.
    „ Dann rauben Sie und Ihr Mann wohl dauernd unschuldige Frauen aus Hotels?“, übernimmt Mama, nachdem sie mir einen giftigen Blick zugeworfen hat, weil die Art und Weise meiner Fragestellung ihr so gar nicht gefällt.
    Endlich nähern wir uns dem Ende des Ganges. Stumm öffnet Dominique eine Tür. Dahinter befindet sich ein Treppenhaus. Im Gänsemarsch steigen wir eine Wendeltreppe hinab, die aus einem hellen Gestein erbaut wurde. Das Klackern von sechs Absätzen hallt von ebenfalls steinernen Wänden. Nirgendwo hängt ein Stück Stoff vor den kleinen Fenstern, die sich das gesamte Treppenhaus hinunter aneinander reihen, und durch die ich nichts sehe als schwarze Flächen. Es gibt keine Bilder. Nur ein paar längliche Wandlampen, die aussehen wie mittelalterliche Fackeln, in denen aber ganz normale Energiesparlampen stecken, was den Grusel-Effekt gründlich verdirbt. Nicht, dass ich mich gern noch mehr gruseln würde. Aber so ganz stilecht ist die Ausstattung nicht.
    „Wer hat Ihnen geholfen, uns zu rauben , Dominique?“, fragt Mama. „Ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen, aber Sie sind ja nun nicht gerade im besten Alter für Raubzüge.“
    Wie zu erwarten, schweigt Dominique.
    Mir tun plötzlich wieder die Füße weh. Vermutlich haben die Blasen ihre endgültige Größe erreicht und sind bis zum Platzen mit Eiter gefüllt. Mit schmerzverzerrtem Gesicht stakse ich die Treppe hinunter. Nach gefühlten tausend Stufen öffnet Dominique eine grauenhaft quietschende Tür, die mindestens zehn Zentimeter dick ist, und wir landen in einem weiteren Gang. Dieser unterscheidet sich deutlich von dem schlichten Gang ein paar Stockwerke höher.
    „ Wir befinden uns in einem alten Schloss“, stelle ich fest. Der Gang, über den Dominique uns führt, sieht aus, als wäre er seit Jahrhunderten nicht renoviert worden. Verblasster Marmor liegt auf dem Boden, von den Wänden bröselt der Putz, von den Decken baumeln Kronleuchter, in denen die Kerzen fehlen. Von den zahlreichen Türen zur Rechten blättert der Lack ab. Zwischen zwei Türen hängt jeweils ein ultramodernes Gemälde, das von oben mit einer horizontalen LED-Lampe beleuchtet wird. Zur Linken reiht sich eine bodenhohe Türe an die nächste, überraschenderweise glänzen die Scheiben und man sieht durch sie in einen Innenhof, ein Atrium, umgeben von den Mauern eines Jahrhunderte alten, dreistöckigen Gebäudes.
    An einer der vielen Türen bleibt Dominique stehen.
„Mesdames“, sie öffnet die Tür, „sie werden erwartet.“
    Mutter und ich starren in die Dunkelheit. Eiseskälte schlägt uns entgegen.
    „Sollen wir etwa in unserem Aufzug nach draußen gehen?“, ruft Mama der entschwindenden Dominique nach, doch die zuckt nicht mal mit den Schultern, sondern taucht wie ein Geist in eine der vielen Türen ein, die alle gleich aussehen.

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