Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 2
Designer mich für fett hält, muss ich ja nicht gleich magersüchtig werden“, sage ich. Aber im gleichen Moment tut es mir leid. Mel kann schließlich nichts dafür. Sie hat mich immerhin für den Model-Job empfohlen. Also findet sie mich wohl nicht zu dick. Ich entschuldige mich und gebe zu, dass ich alles Fettige gern esse. Kuchen ganz besonders.
„Na gut, dann gibt es gleich leckeren Kuchen“, lächelt sie freundlich und zieht los.
Als sie mit dem Aufzug weg ist, hole ich mir selbst den Aufzug und fahre hoch in mein Zimmer. Am liebsten würde ich mich ins Bett legen. Die durchgearbeitete Nacht meldet sich plötzlich mit aller Macht. Meine Augenlider zucken und mein Gehirn lockt: Nur ganz kurz hinlegen, einen Moment bloß. Aber das geht natürlich nicht. Nach meinem Feierabend werde ich ein wenig ausruhen, um bei der Verabredung mit Mathis nicht einzuschlafen. Ich hole das weiße iPhone aus dem braunen Umschlag und nehme es mit ins Büro.
Schon im Aufzug sehe ich, dass meine Mutter mich inzwischen an die hundert Mal in Abwesenheit angerufen hat. Doch nicht ein einziges Mal hat sie auf die Mailbox gesprochen. Jetzt rufe ich sie an.
Gleich nach dem ersten Klingeln geht sie dran.
„Hast du die Entführung der Mumie fotografiert?“, platze ich heraus.
„Wie sollte ich denn das anstellen?“, kommt es wie aus der Pistole geschossen. „Wenn du dich erinnerst, war ich genauso eingepackt in diese Feuchtigkeitspampe und in Folie gezwängt wie du.“
Da ist allerdings was dran. Oh. Mann. Ich sollte aufhören, herumzuphantasieren.
Ich gähne. Ausgiebig und laut. Ich kann es nicht unterdrücken.
„Hallo erstmal“, begrüßt Mutter mich mahnend.
Falsche Einschätzungen und Müdigkeit hin oder her – ich habe kein Interesse, mich schon wieder mit meiner Mama zu vertragen. Nicht nach diesem Zeitungsartikel. Doch da überfällt mich plötzlich eine neue Erkenntnis, die ich leider nicht zurückhalten kann.
„Mutter“, schnauze ich, „ihr steckt doch alle unter einer Decke. Du, Mathis, Gabriel und dein guter Bekannter! Das Zotteltier muss das Foto gemacht haben.“
Einen Moment bleibt es still in der Leitung.
„Hätte ich mir auch denken können, dass du ausgerechnet heute mal ausnahmsweise die Zeitung gelesen hast“, lacht Mutter mit einem Mal los. Und legt gleich darauf auf.
Glücklicherweise kommt Mel zurück.
„Ich hoffe, du magst Blaubeer-Muffins“, sie lächelt mich an und stellt einen großen Café au Lait und zwei Muffins auf meinen Schreibtisch.
„ Vielen lieben Dank, das ist sehr lieb von dir“, gebe ich mit der letzten Begeisterung, die ich aufbringe, von mir und beiße sofort in das weiche Gebäck, das die Amerikaner Muffins nennen und erfunden zu haben glauben. Dabei gibt es die Dinger bei uns schon lange, unter dem Namen Madeleines. Wahrscheinlich seit mindestens tausend Jahren.
„Warum bist du eigentlich so schlecht auf Mathis und auch auf Gabriel zu sprechen?“ Mel sieht mich neugierig an. „Ich meine, du bist anscheinend die Muse der Beiden. Und Gabriel hat sich echt für deinen Job eingesetzt.“
Da bleibt mir doch glatt eine Blaubeere im Hals stecken und ich muss husten. Als der Anfall vorüber ist, muss ich lachen. „Wie hast du mich genannt? Muse?“
„Du bist immerhin eine der Hauptdarstellerinnen auf dem Pferdebild.“
„Na toll. Und als Mumie habe ich meine Talente ebenfalls eingesetzt. Das ist ja was.“
Mel zuckt mit den Schultern. „Immerhin. Was haben die Zwei dir denn getan? Irgendwas muss da doch gelaufen sein.“
Ich habe keine Ahnung, ob ich Mel vertrauen kann. So wirklich vertrauen, meine ich. Mein Vertrauen hat in den vergangenen Tagen einen ordentlichen Schlag abbekommen. Andererseits muss ich endlich mein Herz ausschütten, denn sonst werde ich noch verrückt. Früher habe ich mit Clément über alles geredet. Aber der ist ja nun auch Vergangenheit. Nicht, dass ich ihn als Mann vermisse, aber als Freund vermisse ich ihn schon sehr. Wenn ich daran denke, dass ich nun gar keinen Freund mehr habe, kann ich kaum noch meine Tränen zurückhalten.
„Die Entführung der Mumie war keine Inszenierung. Doch“, unterbreche ich mich, „doch, es war eine Inszenierung. Aber es war nicht so, wie es in der Zeitung steht.“
Und dann erzähle ich Mel die ganze, haarsträubende Geschichte, so ähnlich wie ich sie in der vergangenen Nacht in meinem Drehbuch festgehalten habe. Nur ein wenig kürzer.
Ihre Augen werden immer größer und ihr Mund klappt immer
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