Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 2
Freundin Annie, die einen Franzosen geheiratet hat. Und davon wie sie nach deren Hochzeit ebenfalls in Paris geblieben ist. Die Geschichte von ihrer Freundin besänftigt mich irgendwie. Es tut gut zu hören, dass man selbst nicht der einzige Mensch auf der Welt, ist bei dem alles drunter und drüber geht. Und dass am Ende alles wieder gut wird. Aber davon bin ich noch weit entfernt.
Ich seufze und picke die Krümel, die noch von dem Zwiebelkuchen übrig sind, mit dem Zeigefinger auf.
„Diese Stadt und ich – das war Liebe auf den ersten Blick“, strahlt Mel und ich glaube ihr jedes Wort. „Nur die Männer ...“ Sie stöhnt theatralisch, lacht aber gleich darauf wieder und mampft endlich auch ihren Salat.
Nach dem Essen gehe ich erst mit Mel zu einem ihrer Termine und sehe mir an, wie sie einem noch sehr jungen Mann, der demnächst an der Rezeption arbeiten soll, Englischunterricht gibt. Anschließend führe ich Mel vor, wie ich mir eine Einzelstunde Rhetorik vorstelle.
Die Arbeit geht mir wesentlich leichter von der Hand als erwartet und Mel ist begeistert. Besonders, als ich ihr ein paar Tipps gebe, die sie sogleich ausprobiert und die ich mit meinem iPhone aufzeichne, das ich dafür blöderweise wieder anstellen muss. Es gibt schon wieder eine Nachricht von Mathis, die ich etwas ärgerlich ignoriere.
„Einfach nur die Arme hängen lassen und schon wirke ich souverän“, staunt sie, als ich ihr die Aufnahme vorspiele. „Und ich wusste nie, wohin mit meinen Armen und habe immer nervös herumgefuchtelt. Dabei brauch e ich sie nur hängen zu lassen. So einfach ist das. Wahnsinn.“
Ich nicke und freue mich, dass mein Unterricht funktioniert. Immerhin mache ich das zum ersten Mal.
„Hast du Lust, nach Feierabend mit mir Joggen zu gehen?“, fragt sie plötzlich. „Ich laufe immer eine Runde durch den Eiffelturm-Park. Was meinst du?“
Ich erwische mich dabei, wie ich drauf und dran bin, mit dem Sport zu beginnen, doch erst will ich mein Drehbuch fertigstellen.
„Ein anderes Mal gern“, lehne ich darum das Angebot, von dem ich nie gedacht hätte, dass es für einen Sportmuffel wie mich verlockend sein könnte, ab. „Sobald mein Drehbuch fertig ist.“
„Ich nehme dich beim Wort“, droht Mel und macht für heute Feierabend.
Auch ich gehe auf mein Zimmer, dusche und widme ich gleich wieder meinem Drehbuch. Wie in der vorletzten Nacht und am Vormittag haue ich wie eine Verrückte in die Tasten. Die Zeit vergeht wie im Flug, während die Ideen nur so aus mir heraussprudeln. Vom Hirn direkt in die Finger.
Irgendwann um Mitternacht herum hole ich mir aus der Küche was zu essen , wechsele ein paar Worte mit einer netten, jungen Afrikanerin, die Möhren in eine Raspelmaschine steckt. Belangloses Zeug, aber es tut gut, mit ganz normalen Menschen zu reden.
Bevor ich in meinem Zimmer das Licht ausmache, begehe ich dann allerdings den Fehler, das iPhone zu checken.
Hallo Jade. Onkel Antoine hat mir die Bilder zur Verfügung gestellt. Er würde sie dir gern selbst zeigen, aber du willst ja keinen Kontakt. Darum sende ich sie dir.
Die Nachricht ist von Mathis. Er gibt immer noch keine Ruhe. Aber von was für Bildern faselt er da? Klar, die Bilder, die er mir gestern auf unserem Treffen zeigen wollte. Aber wo zum Teufel sind die? In der SMS sind sie jedenfalls nicht.
Nach einer Weile kapiere ich, dass an der SMS ein Link hängt, den ich nur anzuklicken brauche. Technik ...
Und dann taucht auf dem Display ein weißrandiges Bild von einer jungen, blonden Frau mit Pferdeschwanz auf, im Profil aufgenommen. Und zwar im Louvre, vor der Mona Lisa. Sie steht am Rande einer Gruppe junger Leute. Es sieht aus wie ein Klassenausflug ins Museum.
Auf dem unteren Rand des Bildes steht etwas geschrieben. Handschriftlich. Ich muss den Ausschnitt vergrößern, da ich die Notiz sonst nicht lesen kann. Doch dann stockt mir der Atem, als ich erfahre, welche Bedeutung dieses Foto hat. Dort steht:
Aurore, 22.12.88, erstes Foto
Meine Mutter.
Ich bin echt schlecht im Rechnen. Aber dass Mama damals 18 Jahre alt war und dass ich neun Monate später zur Welt kam, das kriege ich auf Anhieb raus. Und dass das Bild eine Aufnahme darstellt, der Moment, in dem mein angeblicher Vater sie zum ersten Mal gesehen hat, das ist mir ebenfalls klar.
Mit fliegenden Fingern checke ich das Handy erneut. Aber es ist nur dieses eine Bild gekommen. Es gibt auch keine weiteren Nachrichten.
Ich suche wieder die Nachricht raus, an der das Foto
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