Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 2
Fenster rauswerfen.
„Darum“, sagt Juliette, „immer schön aufschreiben, von wann bis wann du was gemacht hast. Dann wirst du hier glücklich. Wenn du herumschlampst, bist du schneller wieder weg als du hier gelandet bist. Der Boss ist mit einer Amerikanerin verheiratet. Ihre Hire-und-Fire-Mentalität hat leider auf ihn abgefärbt.“
Ich nicke, lasse mir von Juliette zeigen, wo und wie ich meine Arbeitszeiten im hausinternen Computernetz dokumentiere, und verspreche, mich an die Vorgaben zu halten.
Dann marschiere ich in das Büro, an dessen Tür Beschaffung steht. Francis, ein vollständig ergrauter Mann, auf dessen Schreibtisch ein Foto von seiner sechsköpfigen Kinderschar mitsamt seiner kugelrunden Frau darauf steht, ruft irgendwo an und kündigt an, dass ich in circa einer halben Stunde vorbeikomme und den bestellten Laptop persönlich abhole. Dann drückt er mir einen Zettel mit dem Stempel des Hotels in die Hand, auf dem steht, was ich im Austausch gegen diesen Zettel erhalte.
Ich muss noch einmal zurück zu Juliette, die mir ein Monatsticket für die Pariser Verkehrsbetriebe aushändigt.
„Die Fahrkarte ist Bestandteil des Lohnes“, informiert sie mich. „Sie ist nicht eintauschbar. Das heißt, dass es dem Boss gleichgültig ist, ob du die Fahrkarte brauchst oder nicht. Du bekommst sie und basta.“
Ich bedanke mich und mache mich auf den Weg in den Computerladen. Wie Francis gesagt hat, brauche ich auf die Minute genau eine halbe Stunde, bis ich in dem Laden ankomme. Drei Minuten und drei Zettel mit drei Stempeln später befinde ich mich bereits wieder auf dem Rückweg ins Hotel. Eine halbe Stunde darauf, liefere ich die drei Zettel mit den drei Stempeln bei Francis ab. Danach setze ich mich an meinem Schreibtisch und erarbeite einen Seminarplan.
Die Arbeit fällt mir leicht, da ich mich noch gut erinnern kann, wie mein Studium organisiert war. Ich plane ein System von sechs aufeinander aufbauenden Kursen, erstelle einen Zeitplan für die nächsten drei Monate, schließe den Drucker, der im Büro steht, an meinen Laptop an und drucke die zwanzig Seiten zwei Mal aus. Danach hänge ich mich ans Telefon und rufe die Leute an, die auf der Teilnehmerliste stehen. Sechs erreiche ich, die übrigen vier haben heute frei.
Wie sich herausstellt, hat keiner der sechs auch nur ansatzweise ein Interesse daran, rhetorisch geschult zu werden.
Das kann ja heiter werden, denke ich und entwerfe eine kleine Broschüre, drucke sie zehn Mal aus und suche die anwesenden sechs Mitarbeiter auf, um ihnen mein Angebot persönlich vorzustellen.
Danach ist nicht nur mein 6-teiliger Kurs ausgebucht, sondern ich habe auch sechs Anfragen für Einzelschulungen.
Um zwei Uhr stehe ich an der Rezeption , um mit Mel und Babette zum Mittagessen zu gehen. Babette kann nicht, weil sie arbeiten muss. Darum ziehen Mel und ich allein los.
„Ich habe ein paar Gutscheine für einen Salat deiner Wahl bei Olivier“, lädt Mel mich ein. „Das ist nicht weit von hier, lecker, kostet wegen der Gutscheine nur ein Getränk und wir kommen mal raus aus dem Hotel. Hast du Lust, mit mir hinzugehen? Ich würde mich freuen.“
Ich freue mich ebenfalls. Ein Salat ist klasse, da ich ja heute Abend noch richtig essen gehe, wenngleich ich nicht wirklich weiß, was mich da erwartet.
Bis zu der gemütlichen Bar von Olivier, die nur einen Katzensprung vom Eiffelturm entfernt liegt, ist es nicht weit. Auf dem Weg dahin berichte ich Mel, was ich inzwischen abgearbeitet habe.
„Wenn du weiterhin so Gas gibst“, meint sie mit hochgezogenen Augenbrauen, „wirst du von unseren Kolleginnen und Kollegen gelyncht.“
„Ich will den Job verdienen“, entschuldige ich mich.
„Dann bring dir was zu lesen mit auf die Arbeit“, sagt Mel und zieht mich mit in die kleine Bar, die sich an der Ecke der Avenue de Suffren und einer kleinen Kopfsteinpflasterstraße befindet, in der sich ein Stadtpalast an den anderen anschließt. Die Bar ist dennoch erstaunlich bodenständig eingerichtet und auch das Essen ist eher einfach, aber dennoch erste Klasse.
Mel bestellt einen Salade Nicoise und Cola mit Eiswürfeln, was ihr das Naserümpfen des Kellners einbringt. Ich schließe mich beim Salat an, da Mel behauptet, Olivier würde den weltbesten Salade Nicoise zubereiten. Als Getränk nehme ich nur Wasser, da ich Cola verabscheue und nicht schon wieder mit Wein anfangen will. Immerhin ist Mel Amerikanerin. Und was Amerikanerinnen über Französinnen denken, die
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