Gefaehrliche Begierde
einen Namen plus Datum und Zeit der Entführung unter das jeweilige Foto der Frau notiert. Auf die andere Seite hatte sie Zeitungsausschnitte, alle möglichen Notizen und einen abgewetzten Stadtplan von Seattle geheftet. »Diese Frauen passen zum Muster. Alle sind Anfang bis Mitte zwanzig. Alle hochintelligent. Alle sehr ehrgeizig.«
Sie hielt inne und kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe.
Venom bat sie, fortzufahren.
»Jede Einzelne wurde ohne Ausnahme vom oder in der Nähe des Campus der Seattle University entführt.« Sie wies mit ihrem Kugelschreiber abwechselnd auf jede der Frauen. »Laut der Viktimologie sind es alles Frauen mit hoher Energie.«
»Jung. Intelligent. Gute Kandidatinnen für das Nachwuchsprogramm der Razorback.«
»Genau«, flüsterte sie, und die Anspannung in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
Aber als sie sich zu ihm umdrehte, brachte ihn der Blick aus ihren verschatteten Augen beinahe um. Diese gottverdammten Razorback. Die Bastarde hatten Angela schrecklich verletzt, und allein dafür wollte Venom jedem Einzelnen den Kopf abreißen. Aber in Zorn zu geraten, würde ihr nicht helfen. Nicht jetzt. Genau genommen nie. Nur die Zeit und Rikars Liebe würden diese Wunde heilen. Dennoch, als er beobachtete, wie sie sich bemühte, ihren Schmerz zu kontrollieren, entzündete der Drang, ihr zu helfen, ein Feuer in ihm. Einen Schwelbrand. Einen gefährlichen, einen, der sich entfachen würde, wenn er wieder auf die Jagd nach Feinden ging.
Er sah das Gemetzel schon vor sich. Achtung, ihr Schweinebacken, ich komme!
Angela räusperte sich. »Alle wurden ungefähr zur gleichen Zeit geschnappt... kurz vor Mitternacht. Ich habe alle Berichte gelesen ... alle Zeugenaussagen, in der Hoffnung, etwas zu finden ... irgendetwas ... das mir sagen würde, wo ich mit der Suche anfangen sollte ...«
»In Ivars Hauptquartier.«
Sie nickte, dann drehte sie sich zu ihm um. »Venom, wir müssen diese Frauen da rausholen.«
Die Anspannung in ihrer Stimme zerriss ihn fast. Seine Raubtierinstinkte erwachten, und er hatte nur noch das Bedürfnis, sie zu beschützen. Was wirklich nicht überraschte. Ob Frau oder nicht, sie gehörte jetzt zu seinem Clan. War Teil seiner Verantwortung, alle zu beschützen und zu behüten. Und Familien kümmerten sich nun mal um ihre eigenen Mitglieder und beschützten sie. Komme was da wolle.
»Vielleicht kann ich helfen.«
Die Überraschung über sein Angebot war ihr anzusehen. »Wie?«
»Wiek und ich sind vor einer Weile mal in eins der alten Hauptquartiere der Abtrünnigen eingedrungen. Ungefähr um die gleiche Zeit ist Mac durch den Wechsel gegangen.« Stirnrunzelnd dachte Venom zurück, machte mentale Inventur. »Wir haben ihren stellvertretenden Offizier gejagt, sodass wir uns nicht damit aufgehalten haben, uns genauer umzusehen, aber... ich habe dort etwas anderes gesehen.«
Angela spitzte die Ohren. »Was denn?«
»Kisten. Dinge, die in der Eile zurückgelassen wurden. Es könnten Informationen sein... schriftliche Unterlagen ... vielleicht irgendwelche Hinweise auf...«
»Ich muss dort hin. Muss den Tatort checken.«
Venom zögerte, wollte helfen, ohne gleichzeitig sein eigenes Leben zu riskieren. Auf keinen Fall konnte er Angela ohne Rikars Zustimmung aus dem Hauptquartier führen. Die Nummer mit der Energieverschmelzung/Paarung war eine ziemlich ernste Sache, und diese Art von Einmischung würde ihn schneller zerquetschen als eine Ameise unter einem Stiefelabsatz. Oder er bekäme seine Eier auf der Spitze einer Messerklinge serviert. Wie auch immer, er weigerte sich, dieses Pulverfass zu öffnen ... mit einem verdammten Frostdrachen. Er würde als Eisblock enden.
Also Zeit für eine anständige Strategie. Er musste einen Weg finden, um es ihr auszureden, ohne ...
»Venom?« Der hoffnungsvolle Tonfall haute ihn um. »Bringst du mich dorthin?«
»Wohin soll er dich bringen, mein Engel?«
Die Stimme wehte vom Korridor zu ihnen. Das Geräusch von Stiefelsohlen auf dem Betonboden war vernehmbar, und Rikar trat über die Schwelle und heftete seinen Blick auf seine Gefährtin.
Venom stieß den angehaltenen Atem aus. Nochmal Glück gehabt. Oder sagen wir lieber, Rikar war gerade zur rechten Zeit aufgetaucht.
»Zum alten Hauptquartier der Razorback.« Mit entschlossener Miene begegnete Angela Rikars Blick. »Ich muss mich da umsehen ... schauen, was sie zurückgelassen haben.«
»Auf gar keinen Fall«, knurrte Rikar, dann drehte er sich um und sah ihn finster
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