Gefährliche Begierde
Das ist ungünstig, wenn man bedenkt …«
»Vielleicht wäre es genau das Richtige«, murmelte Lorne.
»Ich bin nicht für sie verantwortlich«, sagte Chase.
»Tun Sie, was Sie meinen tun zu müssen«, grunzte Dr. Steiner und ging zur Küchentür. »Und übrigens«, sagte er dann und blieb im Türrahmen stehen, »ich mache generell keine Hausbesuche.« Dann schlug er die Tür hinter sich zu.
Chase wandte sich um und sah, dass Lorne ihn fixierte.
»Was ist?«
»Nichts«, erwiderte Lorne. Er griff nach seinem Hut.
»Ich gehe jetzt auch nach Hause.«
»Und was zum Teufel soll ich nun machen?«
»Das«, sagte Lorne mit einem allwissenden Blick, »ist Ihr Problem.«
Miranda lag auf dem Wohnzimmersofa und starrte an die Decke. Sie konnte Stimmen aus der Küche hören und den Klang einer Tür, die sich öffnete und wieder schloss. Sie fragte sich, was Chase ihnen erzählt und ob Tibbetts irgendetwas davon geglaubt hatte. Sie selbst konnte ja kaum fassen, was geschehen war. Doch sie brauchte nur die Augen zu schließen, und schon war die Erinnerung wieder da: das Aufheulen des Motors und die beiden Scheinwerfer, die auf sie zu rasten.
Wer hasst mich dermaßen, dass er mich umbringen will?
Es war nicht schwer, eine Antwort darauf zu finden. Die Tremain Familie. Evelyn, Phillip und Cassie … Und Chase.
Nein, das war völlig unmöglich. Sein Warnruf hatte ihr das Leben gerettet. Wenn er nicht gewesen wäre, dann läge sie jetzt bereits auf der Totenbank in Ben LaPortes Beerdigungsinstitut.
Dieser Gedanke jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Sie schlug die Arme um sich und vergrub sich auf der Suche nach einem sicheren, kleinen Winkel, wo sie sich verstecken konnte, tiefer in die Sofakissen. Sie hörte, wie die Küchentür geöffnet und wieder geschlossen wurde und dann knarrende Schritte, die ins Wohnzimmer und auf ihre Couch zukamen. Sie schaute hoch und sah Chase.
In seinen Augen lag Erschöpfung und Ungewissheit, als ob er noch nicht entschieden hätte, was er als Nächstes tun sollte. Oder was als Nächstes gesagt werden sollte. Er zog seine Windjacke aus. Sein Chambray-Hemd hatte das praktische, verwaschene Blau eines gern getragenen Lieblingsstücks. Das Hemd erinnerte sie an ihren Vater und daran, wie es sich anfühlte, wenn sie ihr Gesicht an seiner Schulter verbarg. Es erinnerte sie auch an die wundersamen Kindheitsgerüche nach Waschmittel, Pfeifentabak und Sicherheit. Das alles verband sie mit diesem ausgewaschenen Hemd, und sie sehnte sich danach.
Natürlich würde sie dergleichen bei diesem Mann niemals finden.
Chase saß im Sessel. Einen ausreichenden Sicherheitsabstand von ihr entfernt, wie sie bemerkte.
»Fühlen Sie sich besser?« fragte er.
»Es geht mir gut.« Ihre Stimme klang dabei wie seine – unbeteiligt und neutral. »Wenn Sie wollen, können Sie gerne gehen.«
»Nein, noch nicht. Ich werde eine Weile hier warten, falls das in Ordnung ist. Solange, bis Annie kommt.«
»Annie?«
»Ich wusste nicht, wen ich sonst hätte anrufen sollen. Sie sagte, sie könnte die Nacht über bleiben. Sie sollten jemanden da haben, der ein Auge auf Sie hat, falls Ihnen doch plötzlich übel wird oder Sie das Bewusstsein verlieren.«
Sie lachte müde auf. »Ein Koma würde sich jetzt gerade ziemlich gut anfühlen.«
»Das ist nicht lustig.«
Sie schaute an die Decke. »Sie haben Recht. Das ist es nicht.«
Dann entstand eine lange Pause, bis er schließlich sagte:
»Das war kein Unfall, Miranda. Er hat versucht, Sie umzubringen.«
Sie antwortete nicht, lag nur da und kämpfte gegen den Kloß in ihrem Hals. Warum sollte dir das etwas ausmachen?, dachte sie. Vor allem dir?
»Vielleicht haben Sie es noch nicht gehört«, meinte er, »Der Wagen gehört ihrem Nachbarn, Mr. Lanzo.«
Sie sah ihn scharf an. »Eddie Lanzo würde mich niemals verletzen! Er ist der Einzige, der zu mir hielt. Mein einziger Freund in dieser Stadt.«
»Ich sagte nicht, dass er es war. Lorne glaubt, dass der Fahrer Mr. Lanzos Wagen gestohlen hat. Sie fanden das Auto verlassen an der Pier.«
»Armer Eddie«, murmelte sie. »Ich vermute, es war das letzte Mal, dass er die Schlüssel im Wagen gelassen hat.«
»Also, wenn es nicht Eddie war, wer möchte Sie dann tot sehen?«
»Ich habe eine wilde Vermutung« Sie betrachtete ihn.
»So wie Sie.«
»Meinen Sie Evelyn?«
»Sie hasst mich. Sie hat jedes Recht, mich zu hassen. Genau wie ihre Kinder.« Sie machte eine Pause. »Und wie Sie.«
Er schwieg.
»Sie denken immer
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