Gefährliche Begierde
den Inhalt. Dann öffnete er eine zweite Schublade, hielt inne und starrte hinein, bevor er langsam einen Frauenschlüpfer zum Vorschein brachte. Das Ding bestand aus kaum mehr als ein paar schwarzen Schnüren aus Spitze und Seide. Ihm folgte ein dazu passender, genauso spärlicher, genauso verführerischer BH.
Chase sah Miranda an. Sein Blick war stumpf und nicht zu lesen.
»Ist das Ihrer?« fragte er leise.
»Ich habe Ihnen bereits erzählt, dass ich niemals hier gewesen bin. Die Sachen müssen Evelyn gehören.«
Er schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht.«
»Woher wollen Sie das wissen?«
»Sie ist nie hier draußen. Hasst das rustikale Leben, zumindest behauptet sie das.«
»Gut, aber diese Dinge gehören mir nicht. So etwas … besitze ich nicht.«
»Da ist noch mehr davon. Vielleicht erkennen Sie etwas?«
Sie trat an die Frisierkommode und holte einen smaragdgrünen und cremefarbenen BH aus der Schublade.
»Das ist ganz offensichtlich nicht meiner.«
»Wieso?«
»Das ist ein 85 C. Ich …« Sie räusperte sich. »So eine große Oberweite habe ich nicht.«
»Oh.«
Sie drehte sich schnell von ihm weg, bevor er ihre Erklärung kommentieren konnte. Nicht, dass er nicht bereits Gelegenheit gehabt hätte, ihr Dekolleté zu bemerken. Er hatte schließlich Augen im Kopf.
Sie wandte sich dem Fenster zu und stand mit dem Rücken zu Chase, während sie versuchte, ihre Fassung zurückzugewinnen. Draußen tauchte das schwindende Tageslicht die Baumspitzen in die Farben der Sommerdämmerung. Im Feld unter den Bäumen flogen um diese Zeit die Glühwürmchen, und man hörte das Brummen der Insekten im Gras. Es würde kühl werden. Selbst an diesen Augustabenden gab es immer eine kühle Brise, die vom Meer aufstieg. Zitternd schlang sie die Arme um sich.
Er näherte sich ihr vorsichtig und leise. Sie konnte ihn nicht hören, aber sie wusste, auch ohne hinzusehen, dass er direkt hinter ihr stand.
Tatsächlich stand Chase so nah bei ihr, dass er den Geruch ihrer Haare wahrnahm – sauber, süß und berauschend. Das Dämmerlicht, das durch das Fenster fiel, brachte ihren wunderbaren, rötlichen Kastanienton großartig zur Geltung. Er wollte seine Hand danach ausstrecken und die glänzenden Strähnen mit seinen Fingern durchkämmen, wollte sein Gesicht im seidigen Gewirr vergraben. Ein Fehler, er wusste es, bevor es geschah und trotzdem konnte er nichts dagegen unternehmen.
Sie erschauderte unter seiner Berührung. Nur ein leichtes Zittern, ein sanfter Seufzer. Er strich mit den Händen über ihre Schultern und an der kühlen samtigen Haut ihrer nackten Arme entlang. Sie entzog sich ihm nicht. Nein, sie lehnte sich zurück, als wollte sie mit ihm verschmelzen. Er schlang seine Arme um sie und umhüllte sie mit seiner Wärme.
»Als ich ein Junge war«, flüsterte er, »dachte ich immer, dass es in dem Feld da unten Zaubergestalten gäbe. Zauberhafte Feen und Elfen, die sich zwischen Giftpilzen versteckten. Ich habe ihre Lichter in der Nacht herumflirren sehen. Es waren natürlich nur Glühwürmchen, aber für ein Kind hätte es alles mögliche sein können. Elfenlaternen oder Drachenfeuer. Ich wünschte …«
»Was hast du dir gewünscht, Chase?«
Er seufzte. »Dass ich immer noch etwas von diesem Kind in mir hätte. Dass wir uns damals gekannt hätten, bevor all das geschah. Vor …«
»Richard.«
Chase verstummte. Sein Bruder war immer bei ihnen und würde es immer sein. Richards Leben und Tod schwebte wie eine dunkle Wolke über ihnen. Was konnte in diesem Schatten schon gedeihen? Freundschaft nicht und ganz gewiss nicht Liebe. Liebe? Nein. Was Chase fühlte, während er hinter ihr stand und ihren schlanken, warmen Körper an sich presste, hatte eher mit Lust zu tun. Verflucht, vielleicht lag es einfach in der Familie, dachte er, vielleicht ist diese Neigung zu unbesonnen, hoffnungslosen Liebschaften erblich. Richard litt daran. Meine Mutter litt daran. Ist die Reihe nun an mir?
Miranda befreite sich aus seiner Umarmung und drehte sich, um ihn anzusehen. Ein Blick auf diese sanften, aufgeworfenen Lippen, und er war verloren.
Sie schmeckte nach Sommer und Wärme und nach süßem bernsteinfarbenen Honig. Nach der ersten Berührung ihrer Lippen wollte er mehr und mehr. Er fühlte sich wie jemand, der sich an seinem ersten Schluck Nektar berauscht hatte und dessen Durst nun durch nichts anderes mehr zu stillen war. Seine Hände fanden den Weg in ihr seidiges Haar. Sie vergruben sich in ihm, verloren
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