Gefährliche Begierde
des Feuers. Erschreckt blickte sie auf die Flammen, die den Himmel auszufüllen schienen.
»Oh Gott!« flüsterte sie. »Mein Haus …«
»Wir haben es geschafft«, sagte Chase, »das ist alles, was zählt. Wir leben noch.«
Sie sah ihm ins Gesicht. Es war verrußt und vom höllischen Feuerschein erleuchtet. Gebannt starrten sie sich an. In ihren Blicken lag die gemeinsame Verwunderung darüber, dass sie immer noch atmeten.
»Miranda«, murmelte er und beugte sich über sie, um seine Lippen auf ihre Stirn, ihre Augenlider und ihren Mund zu pressen. Er schmeckte nach Rauch, Schweiß und Erschöpfung. Erst jetzt wurde ihnen bewusst, was sie überstanden hatten; zitternd und erleichtert sank Miranda Chase in die Arme.
»Mo! Liebes! Ist alles mit dir in Ordnung?«
Mr. Lanzo huschte im Pyjama über die Wiese auf sie zu.
»Ich fürchtete, dass Sie noch da drinnen wären! Habe der idiotischen Feuerwehr erzählt, dass ich Sie habe um Hilfe rufen hören!«
»Es geht uns gut«, sagte Chase. Er nahm Mirandas Gesicht in seine Hände und küsste sie. »Es geht uns wirklich gut.«
Irgendwo zerbarst eine Fensterscheibe.
»Hey! Zurücktreten, Leute!« brüllte ein Feuerwehrmann. »Alle ein paar Schritte zurück!«
Chase half Miranda auf die Beine, und gemeinsam schleppten sie sich über Mr. Lanzos Rasen bis an die Straße zurück. Sie beobachteten, wie die Löschschläuche Sturzbäche von Wasser in die Flammen spritzten.
»Ach, Schätzchen«, sagte Mr. Lanzo traurig. »Es ist zu spät. Das Häuschen ist nicht mehr zu retten.«
Und während er es sagte, brach das Dach zusammen. Miranda beobachtete verzweifelt, wie die Flammen hochschossen und den nächtlichen Himmel in rötliches Licht tauchten. Alles weg, dachte sie. Alles, was ich besaß. Ich habe alles verloren.
Sie wollte ihre Wut und ihre Qualen herausschreien, aber die Gewalt dieser Flammen versetzten sie wie in Trance. Es war, als hätte eine merkwürdige Taubheit von ihr Besitz ergriffen.
»Ms. Wood?«
Langsam wandte sie sich um.
Lorne Tibbetts stand neben ihr. »Was ist hier passiert?« fragte er.
»Was zum Teufel, glauben Sie, was hier passiert ist?« bellte Chase zurück. »Jemand hat ihr Haus abgefackelt, während wir da drinnen waren.«
Lorne schaute auf Miranda, die ihn benommen anstarrte, dann sah er auf das brennende Haus, das bereits zu einem Haufen Feuerholz zusammengefallen war.
»Sie kommen besser mit mir«, sagte er, »Ich brauche eine Aussage. Von Ihnen beiden.«
»Glauben Sie es jetzt?« fragte Chase. »Jemand versucht, sie umzubringen.«
Lorne Tibbetts Blick blieb undurchdringlich wie der eines Pokerspielers. Er begann, auf dem Rand seines Notizblocks herumzukritzeln und kleine, miteinander verbundene Dreiecke darauf zu malen. Die geometrische Kreation eines geometrischen Geistes. Er klickte ein paar Mal mit seinem Stift, bevor er sich umdrehte und nach Ellis rief.
Der Kollege streckte seinen Kopf durch die Tür. »Was gibt’s, Lorne?«
»Sind Sie fertig mit Ms. Wood?«
»Soweit ja.«
»Gut.« Lorne erhob sich und ging aus dem Zimmer.
»Warten Sie«, sagte Chase. »Was passiert jetzt?«
»Ich spreche mit ihm, und Ellis spricht mit Ihnen.«
»Sie meinen, ich muss alles noch einmal erzählen?«
»So arbeiten wir hier. Unabhängige Befragung. Reine Routine.« Er steckte sein Hemd in die Hose, glättete sein Haar und ging zur Tür hinaus.
Ellis Snipe saß in Lornes Sessel und grinste Chase an.
»Hey, Mr. T., wie geht’s?«
Chase schaute auf dieses schwachsinnige Zahnlückenlächeln und fragte sich, warum dieser Polizist eine solche Genugtuung empfand.
»Dann fangen wir mal an«, sagte Ellis.
»Womit?« gab Chase zurück.
Ellis guckte verwirrt. »Glauben Sie, Mr. Tremain, Sie könnten versuchen zu kooperieren?«
Chase seufzte. Er blickte zur Tür und fragte sich, wie Miranda das durchstand. Egal, was Dr. Steiner meinte, sie gehörte in ein Krankenhaus. Doch der alte Quacksalber hatte einfach nur ihre Schnitte verbunden, die Lunge untersucht und sie für gesund erklärt. Was Dr. Steiner vergaß, war, dass diese tapfere junge Frau gerade ihr Haus, ihre Besitztümer, jede Struktur in ihren Leben verloren hatte. Sie brauchte einen sicheren Ort, einen Kokon, wo niemand sie verletzten konnte …
»Äh, Mr.?«
Chase blickte auf Ellis. Worum ging es in diesem Kampf?, dachte er müde. Ellis Snipe sah wie die Sorte Mensch aus, die schlicht ihre Befehle ausführte. Wenn es sein müsste, dann würde er die ganze Nacht hier sitzen und
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