Gefährliche Begierde
starrte in seine dunklen, unnachgiebigen Augen.
»Du tust mir nicht Leid!« gab er zurück. »Du bist viel zu kostbar für Mitleid, Miranda. Du bist besser als alle Frauen, die ich bisher getroffen habe. Vielleicht bist du naiv. Und leichtgläubig. Damit fangen wir alle an. Jetzt willst du dich selbst bestrafen. Aber übertreibe es nicht. Ich persönlich glaube, dass Richard genauso viel für dich empfunden hat wie du für ihn.«
»Ach was? Und, soll ich mich jetzt besser fühlen?«
»Ich sage das nicht, damit du dich besser fühlst, sondern weil ich es für die Wahrheit halte.«
»Richtig.« Ihr Lachen klang spöttisch. »Ich bin etwas besser als ein gewöhnliches Flittchen. Phantastisch.« Miranda versuchte erneut, sich von ihm zu befreien. Doch er hielt sie weiter fest umklammert.
»Nein«, sagte er ruhig. »Was ich damit sagen will, ist Folgendes. Ich weiß, dass du nicht die Erste bist. Ich weiß, dass Richard eine Menge Frauen hatte. Über die Jahre habe ich ein paar davon getroffen. Manche von ihnen waren hinreißend. Einige sehr talentiert, sogar brillant. Aber von all diesen Frauen – und jede einzelne von ihnen war außergewöhnlich – bist du die Einzige, bei der ich mir vorstellen kann, dass er sie wirklich geliebt hat.«
»Von all diesen hinreißenden Frauen?« Sie schüttelte den Kopf und lachte. »Warum ich?«
»Weil du diejenige bist, in die ich mich verliebt hätte«, sagt er leise.
Er starrte sie an, seine dunklen Haare wehten im Wind. Sonnenlicht überflutete sein Gesicht. Sie hörte ihre eigenen schnellen Atemzüge, hörte, wie ihr Herz in den Ohren pochte. Da ließ er ihre Handgelenke los. Sie bewegte sich nicht, auch dann nicht, als er seine Arme um sie legte und nicht einmal, als er sie an sich heranzog. Sie konnte kaum atmen, als er seinen Mund auf ihren presste.
Nach der ersten Berührung seiner Lippen war sie verloren. Die Sonne schien ihre Größe vervielfacht zu haben, so hell strahlte sie vor einem blauen Feld. Und dann gab es nur noch ihn, seine Umrisse, sein Körper. Seine Haare verdeckten den Himmel und sein Mund stahl ihren Atem. Sie legte ihre Hände um seinen Nacken und öffnete ihre Lippen, offenbarte sich ihm, presste sich an ihn. Sie saugte ihn ein, berauschte sich an seinem Geschmack und seiner Wärme. Wie durch einen Schleier hindurch hörte sie sein leises Stöhnen. Es klang nach Befriedigung und Lust. Er wollte sie. Wie schnell sie sich ergeben hatte, wie leicht sie ihm verfallen war – die Frau, die erst von dem einen Bruder und jetzt von dem anderen beherrscht wurde.
Die unerträgliche Helligkeit des Tages blendete ihre Augen, als sie sich von ihm befreite. Ihre Wangen glühten. Das Summen der Insekten im Feld und das Rascheln der Gräser im Wind verlor sich beinahe hinter ihrem eigenen heftigen Atmen.
»Ich laufe nicht von einem zum nächsten, Chase«, sagte sie. »Das ist nicht mein Stil.«
Dann wandte sie sich von ihm ab und stapfte über das Feld davon, zurück zum Cottage. Sie wusste, dass er ihr folgte, aber diesmal machte er keine Anstalten, sie einzuholen. Sie musste ihren Weg alleine gehen. Die Helligkeit des Nachmittags, die im Wind tanzenden Blumen und die aufstiebenden Löwenzahnsamen schienen ihr Elend nur noch zu verschlimmern.
Miss St. John stand auf der Veranda. Miranda nickte der Frau kaum merklich zu und eilte an ihr vorüber ins Cottage hinein. Drinnen begab sie sich direkt zum Bücherschrank, nahm eine Handvoll Bücher vom Regal und setzte sich auf den Boden. Sie blätterte zielstrebig durch die Seiten, als sie Schritte die Verandastufen hinaufkommen hörte.
»Das ist keine gute Zeit für einen Streit, Chase«, hörte sie Miss St. John sagen.
»Ich habe nicht vor, mich zu streiten.«
»Du siehst aber so aus. Um Himmels Willen, beruhige dich. Stopp, verdammt noch mal.«
»Bei allem Respekt, Miss St. John, Sie sind nicht meine Mutter.«
»Na gut, ich bin nicht deine Mutter!« bellte Miss St. John. Und als sie die Treppen hinunterstampfte, fügte sie leise für sich hinzu: »Aber ich sehe, wenn ein Mann dringend meinen Rat benötigt!«
Die Verandatür schlug hinter Chase zu. Er sah Miranda auf dem Boden knien und sah sie wütend an. »Du hast das falsch aufgefasst.«
Miranda sah zu ihm hoch. »Habe ich das?«
»Was zwischen dir und Richard passierte, ist eine andere Angelegenheit. Und sie ist vorbei. Das hat nichts mit dir und mir zu tun.«
Sie schlug ein Buch zu. »Es hat alles mit dir und mir zu tun.«
»Aber bei dir klingt es
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