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Gefährliche Begierde

Gefährliche Begierde

Titel: Gefährliche Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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zu.
    Miranda schob sofort den Riegel vor.
    Das Telefon hatte aufgehört zu läuten. Miranda starrte es an und fragte sich, ob es Chase gewesen war. Sie betete dafür, dass er es noch einmal versuchen würde.
    Das Telefon blieb still.
    Sie ging unruhig im Wohnzimmer hin und her, während sie hoffte, dass Chase, Annie oder irgendwer anrufen würde. Ausgehungert nach einer menschlichen Stimme, schaltete sie den Fernseher ein. Schlichte Unterhaltung war genau das, was sie brauchte. Dann saß sie eine halbe Stunde lang zwischen Annies abgelegten Socken und zappte sich nervös durch die Kanäle. Eine Daily Soap. Basketball. Game Show. Noch eine Serie. Enttäuscht schaltete sie zum Basketball zurück.
    Da klapperte irgendetwas im Zimmer nebenan. Erschrocken sprang sie von der Couch auf und eilte in die Küche, wo sie eine Plastikschüssel fand, die über den Linoleumboden kullerte, bis sie schließlich umfiel, erzitterte und liegen blieb. War sie von der Abtropffläche der Spüle hinuntergefallen? Sie schaute hoch und bemerkte zum ersten Mal, dass das Fenster weit offen stand.
    Ich habe es nicht offen stehen lassen.
    Langsam trat sie den Rückzug an. Die Waffe – Annies Waffe. Sie musste sie holen.
    Panisch wandte sie sich um und wollte zum Wohnzimmer hinübergehen – doch dann hielt plötzlich jemand ihren Kopf fest und drückte ihr ein Stück Stoff auf Mund und Nase. Sie kämpfte blind gegen die Umklammerung und die Dämpfe, die in ihrer Nase und in ihrer Kehle brannten, musste aber merken, dass ihre Arme ihr nicht mehr gehorchten. Ihre Beine schienen plötzlich weich wie Gummi. Sie spürte, wie sie in sich zusammensackte. Sie versuchte, in das Licht zu greifen, das sie blendete, doch auch ihre Arme gehorchten ihr nicht mehr.
    Der Lichtstrahl verengte sich zu einem winzigen Punkt. Und dann wurde es dunkel um Miranda.
    Phillip machte immer noch auf den Tasten des Klaviers herum. Rachmaninow, dachte Chase. Hätte der Junge sich nichts Beruhigenderes aussuchen können? Mozart, zum Beispiel, oder Haydn. Alles, außer diesem russischen Donnerwetter.
    Chase floh hinaus auf die Veranda, wo er dem Krach zu entkommen hoffte, aber die Klaviermusik schien direkt durch die Wände zu dringen. Resigniert stand er an der Brüstung und starrte auf den Hafen hinunter. Die Sonne ging fast unter. Die See hatte sich nun in ein rotes Flammenmeer verwandelt.
    Er fragte sich, wie es Miranda jetzt ging.
    Und er fragte sich, ob er jemals aufhören würde, sich das zu fragen.
    Als sie sich ihre Wege an diesem Morgen getrennt hatten, wusste er, dass sie das Maximum dessen, was sie sich erlauben durften, ausgeschöpft hatte. Noch weiter zu gehen, hätte das Maß an Vertrauen erfordert, das er nicht bereit war, ihr zu geben. Ihre amateurhafte Detektivarbeit war in eine Sackgasse geraten. Ab jetzt hatten sie keinen Grund mehr, sich zu sehen. Es war Zeit, dass die Profis die Arbeit übernahmen. Die Polizei wäre wenigstens objektiv. Sie würde sich nicht von Gefühlen oder Hormonen leiten lassen.
    Sie hielt Miranda immer noch für schuldig.
    »Onkel Chase?« Cassie schob sich durch die Verandatür, um ihm Gesellschaft zu leisten. »Wie ich sehe, erträgst du diese Musik genau so wenig wie ich.«
    Er lächelte. »Verrat es deinem Bruder nicht.«
    »Er ist kein schlechter Musiker. Er ist nur … laut.« Sie lehnte sich gegen einen Pfosten und schaute hoch in den Himmel, wo in der zunehmenden Dunkelheit die ersten Sterne blinkten. »Könntest du mir einen Gefallen tun?« fragte sie.
    »Was für einen Gefallen?«
    »Wirst du mit Mama über den Herald sprechen, wenn sie zurückkommt?«
    »Worüber?«
    »Na ja, nach allem, was so heraus kommt – über Jill Vickery, meine ich – sieht es so aus, als ob wir eine starke Hand an der Spitze gebrauchen könnten. Wir wissen alle, dass Papa Phillip als seinen Nachfolger vorgesehen hatte. Und Phillip ist ein schlaues Kind … das ist es nicht. Aber Tatsache ist, dass Phillip sich nicht so für die Zeitung interessiert, wie es nötig wäre.«
    »Er hat sich bisher noch nicht dazu geäußert, weder in die eine noch in die andere Richtung.«
    »Oh, er wird sich auch nicht äußern. Er wird niemals zugeben, dass er in Wahrheit nicht verrückt auf den Job ist.« Sie zögerte und sagte dann: »Aber ich bin es.«
    Chase sah seine Nichte stirnrunzelnd an. Sie war noch nicht einmal zwanzig, wirkte aber bereits wie eine Frau, die genau wusste, was sie im Leben wollte. »Du glaubst, du kannst alles, was man dafür können

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