Gefaehrliche Begierde
Shaftsbury, die Regent Street hinauf zur Conduit Street und von dort aus nach Hause.
Dottie kam mit der Mietkutsche angefahren, als sie den
Berkeley Square erreichten. »Ah, Alex, wir sind uns so ähnlich, auch ich bin den ganzen Nachmittag durch die Stadt gestreift.«
Hopkins warf Sara einen missbilligenden Blick zu, doch sie erwiderte ihn mit engelhafter Unschuld. Er wandte seine Aufmerksamkeit Alexandra zu. »Blumen sind für Sie abgegeben worden, Mistress Alexandra. Ich habe mir erlaubt, sie ins Wasser zu stellen.«
»Oh, wie wunderschön!« Sie beugte sich nieder, um den Duft von Rosen und Fresien auf dem Tisch in der Halle einzuatmen, und ihr Herz begann zu rasen. Schnell griff sie nach der Karte, war dann jedoch enttäuscht. »Die Blumen sind von Hart Cavendish«, wandte sie sich an Dottie. »Er hat mich eingeladen, heute Abend mit ihm ein Theaterstück anzusehen.«
»Wirst du mitgehen?«
»O ja. Ich wollte immer schon die Gegend in der Nähe der Theater besuchen!«
Drei Stunden später saß Alex vor ihrem Ankleidetisch, während Sara die kleinen Knöpfe ihres jadegrünen Seidenkleides schloss. Zwei Stunden hatte sie damit verbracht, die zuvor gesehenen Szenen auf ihrem Skizzenblock festzuhalten. Dann hatte sie ihren Tee getrunken, ein paar Brötchen heruntergeschlungen und ein Bad genommen.
»Weißt du, Liebling, du musst dir dringend ein paar neue Kleider nähen lassen. Ich habe.dich schändlich vernachlässigt, deine Kleidung ist einfach nicht modisch genug.' Diese Puffärmel werden in diesem Winter unmodern sein, das kannst du mir glauben.« Dottie war recht großzügig, da es Spinks gelungen war, das Bild von Lawrence zu verkaufen. Außerdem hatte sie Thomas Coutts mit einem Trick dazu gebracht, ihr fünftausend Pfund zu leihen. Sie hatte ihm dafür das Herrenhaus von Longford als Sicherheit überlassen müssen, aber das war eine reine Formsache. Sie legte einen Zehn-Pfund-Schein auf den Tisch. »Das ist ein Notgroschen, Liebling. Du kannst nicht mit leeren Taschen durch London laufen.« Ihre Blicke trafen sich im Spiegel. »Du wirst heute Abend doch nicht mit Hart alleine sein?«
»Wir treffen uns mit Hary-O und Lord Granville im Theater, und mit Harts anderer Schwester, wie heißt sie doch gleich, Gräfin von Carlisle.«
»Sie wurde nach ihrer Mutter Georgiana getauft. Als sie noch ein Kind war, nannten sie alle Kleine G, aber jetzt benutzt sie ihren zweiten Vornamen, Dorothy. Sie wurde eigentlich nach mir benannt. Sie hat George Howard geheiratet, den Grafen von Carlisle. Er ist zwar ein wenig dumm, aber auf jeden Fall wesentlich interessanter als der todlangweilige Leveson-Gower Granville. Hary-O und Dorothy sind für jede Schandtat zu haben, aber lange nicht so flatterhaft wie ihre Mutter.«
»Ich glaube, ich höre die Kutsche.« Alex stand auf und griff nach ihrem Umhang.
»Er soll sich ruhig ein wenig abkühlen. Es ist nicht gut, wenn du zu eifrig bist. Ich denke, meine Ohranhänger aus Jade und Türkisen passen gut zu diesem Kleid.« Dottie hatte ihre Diamanten und Smaragde schon vor über zwei Jahren versetzt, und aus sentimentalen Gründen hing sie an ihrem weniger teuren Schmuck.
Hart wartete unten auf Alexandra. Sie bedankte sich bei ihm für die Blumen und für die Einladung zu dem Theaterstück. An der schwarzen Kutsche mit dem Emblem des Herzogs von Devonshire waren vorne und hinten polierte Messinglampen angebracht. Ein Kutscher saß auf dem Kutschbock und ein Bediensteter in Livree sprang von der hinteren Plattform des Wagens, um ihnen die Tür der Kutsche zu öffnen. Hart setzte sich ihr gegenüber, um ihr Kleid nicht zu zerdrücken. Alex senkte den Blick, wie es von einer wohlerzogenen jungen Dame erwartet wurde, allerdings nicht lange.
Ihre schelmische Natur kam zum Vorschein, als sie den Blick hob und ihn verschwörerisch anlächelte. »Ich würde mir viel lieber Goldsmith' Stück She Stoops to Conquer ansehen, als das Stück von Sheridan. Glauben Sie, Ihre Schwester hätte etwas dagegen, wenn Sie sie heute Abend nicht treffen?«
Hart verbarg seine Überraschung und zwinkerte ihr zu. »Interessiert uns das?«
»Überhaupt nicht«, gestand sie ihm und lachte. »Ich habe Oliver Goldsmith' Komödie gelesen und würde sie wirklich gern auf der Bühne sehen. Sie nimmt genial die haut monde aufs Korn.« Sie holte eine Augenmaske hervor. »Ich werde sie zur Sicherheit tragen. Mit einem Mann allein zu sein verstößt gegen jede Sitte.«
Die Dunkelheit verbarg die Laster
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