Gefaehrliche Begierde
Seite.« Alex fragte sich, ob Maggie jemals schön gewesen war. Wenn es so war, dann war das Einzige, was von ihrer Schönheit geblieben war, ihre Stimme. Alex stellte sich vor, dass Maggie früher einmal groß, schlank und elegant gewesen war. Jetzt allerdings war sie dünn und in sich zusammengesunken, als würde sie ihre schmerzende Brust schützen wollen. Alex trat ein paar Schritte zurück, damit die beiden sich allein unterhalten konnten. Wie unerträglich muss dieses Leben für eine Frau sein, die in eine privilegierte Schicht geboren wurde. Wie kann sie das ertragen? Alex zog die sieben Schilling, die sie bei der Zeitung verdient hatte, aus der Tasche und legte sie auf den Kaminsims.
Als sie gingen, deutete Sara auf das vierstöckige Gebäude auf der anderen Seite der Straße. »Das ist das Gaunerhaus - die beiden obersten Stockwerke.«
Alexandra begriff jetzt, dass die Kinder, die zu Dieben wurden, um ihre Stellung im Leben zu verbessern, vollkommen im Recht waren. Da die Gesellschaft sich keinen Deut um sie scherte, hatten sie keine andere Wahl, als sich um ihre eigenen Interessen zu kümmern, ganz gleich, welches Gesetz sie dabei brachen.
»Dort wäre ich auch hingekommen, wenn Maggie Field sich nicht eingemischt hätte.«
»Hast du eine Ahnung, unter welchen Umständen sie hierher gekommen ist?«
Sara schüttelte den Kopf, dann meinte sie: »Ich glaube, ich habe den Platz ihrer Tochter eingenommen, die sie unter tragischen Umständen verloren hat, an denen sie vielleicht selbst schuld war.«
Als die jungen Frauen wieder am Berkeley Square ankamen, war Dottie gerade in der Eingangshalle. Sie warf Sara und der schäbig gekleideten Alex einen missbilligenden Blick zu. »Ich würde gern oben mit dir sprechen, Alexandra.«
Dottie ging in ihr Zimmer 4 und Alex hatte keine andere Wahl, als ihrer Großmutter zu folgen. »Als ich dich zuvor in Männerkleidung gesehen habe, habe ich angenommen, dass es eine einmalige Sache sei. Was um alles in der Welt hast du vor, Alexandra?«
»Dottie, ich tue nur das, was ich möchte, ich lerne Dinge über die Welt und schreibe Artikel für die Zeitung. Es gibt so viele Dinge, die richtiggestellt werden müssen! Lass mich dir meinen Artikel über die Kletterjungen zeigen.«
»Ich habe ihn im Political Register gelesen. Er war sehr lobenswert, aber was ist mit dem Buch, das du schreiben wolltest? Eine solche Sache wäre für eine Lady wesentlich angemessener, denke ich, denn du würdest in einem Morgenkleid an deinem Schreibtisch sitzen und schreiben.«
»Die Bücher, die ich in letzter Zeit gelesen habe, sind alle Mist! Wir brauchen Reformen und die Regierung tut gar nichts. Meine Artikel werden die Öffentlichkeit vielleicht dazu bewegen, zu verlangen, dass die Regierung Änderungen vorantreibt. Meinen nächsten Artikel werde ich über die Gaunerhäuser schreiben. Wenn ich mich als Mann verkleide, ist es für mich leichter und auch sicherer, durch London zu streifen.«
»Und wenn ich es dir verbiete?« Dottie sah so entschlossen aus wie ein Schlachtross, bereit, Feuer zu spucken.
Alex legte in einer unbewusst flehenden Geste die Hände zusammen. »Oh, bitte, verbiete es mir nicht. Es hat mir die Freiheit gegeben, nach der ich mich gesehnt habe und meine Augen für das geöffnet, was hinter den engen Mauern der gehobenen Gesellschaft geschieht. Es gibt mir das Gefühl, lebendig zu sein und auch etwas Lohnendes zu tun. Es verbreitert mein Wissen und gibt mir eine Bildung, die ich aus Büchern allein niemals bekommen würde.
»Unsinn! Du glaubst, solche Argumente werden mich umstimmen? Du musst aus deiner Zeit hier in London das Beste machen, Alexandra. Du solltest Bekanntschaften schließen und sie dir zu Nutzen machen. Männer fühlen sich nicht angezogen von Ladys, die sich einer guten Sache verschreiben, sie betrachten sie als Fanatikerinnen!«
»Ich verspreche dir, ich werde keine Fanatikerin werden! Bitte erlaube mir, diese Seite des Lebens kennen zu lernen, ehe ich mich dazu verpflichte, zu heiraten und mich häuslich niederzulassen.«
»Du wirst mir noch viel mehr versprechen müssen, Alexandra.«
Alex klammerte sich an diesen Strohhalm und war bereit zu verhandeln. »Ich werde dir alles versprechen, was vernünftig ist.«
»Wenn ich dir die Freiheit erlaube, diesem Ruf zu folgen und durch ganz London zu laufen, mit all dem Gesindel und Pöbel, dann möchte ich dein ehrliches Versprechen, dass du im nächsten Jahr Lord Hatton heiratest.«
»Ich...
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