Gefährliche Enthüllung (German Edition)
Nasenspitzen hätten sich beinah berührt, und sie richtete sich hastig auf. „Die jüngsten Verkäufe stehen ganz unten.“
Sie setzte sich auf die Tischkante und sah Pete aus sicherer Entfernung dabei zu, wie er den Cursor ans Ende der langen Liste manövrierte. Er wirkte erschöpft und übermüdet, aber in seinen Augen funkelte Entschlossenheit. Offenbar spürte er ihren Blick auf sich ruhen, denn er schaute auf.
„Warum tust du das?“, fragte sie.
„Weil ich weiß, dass du unschuldig bist“, antwortete er und wandte sich wieder dem Monitor zu.
„Du hast für mich die Kaution hinterlegt, richtig?“
„Ja.“
„Woher hast du das Geld?“
„Ich habe es mir geliehen. Wenn du abhaust, verliere ich alles. Mein Auto, meine Wohnung …“ Er schaute wieder auf, und der vertraute Funken von Humor in seinen Augen ließ ihr Herz flattern. „Wer weiß? Die Typen, von denen ich es mir geliehen habe, brechen mir vermutlich sogar die Beine.“
„Warum bist du bereit, so viel für mich zu riskieren?“
„Ich würde alles für dich riskieren. Sogar mein Leben …“
„Warum?“
Pete schaute zu ihr auf. „Das ist nun wirklich nicht schwer zu durchschauen. Ich liebe dich, Annie.“
Sie starrte ihn einige endlose Augenblicke an und wünschte sich, er hätte sich nicht in diesen Fremden verwandelt, der vor ihr saß. Diesen Fremden, den sie doch so gut kannte. Aber das ist alles nur Illusion. Ich glaube nur, ihn zu kennen. Pete Taylor ist nur eine Tarngeschichte, eine Täuschung. Er ist so endgültig fort, als wäre er gestorben. Ein heftigerSchmerz durchfuhr sie. Beinah hätte sie aufgeschrien.
„Gibt es …“ Pete zögerte, räusperte sich und fing noch mal von vorn an. „Habe ich überhaupt noch eine Chance? Bei dir?“
Er sah aus wie Pete Taylor. Er klang wie Pete Taylor. Er handelte sogar wie Pete Taylor. Aber er war nicht Pete Taylor. Er war nicht …
Annie rutschte vom Schreibtisch und wandte sich ab. Sie konnte ihm nicht in die Augen schauen. „Nein.“
Pete nickte, als hätte er genau diese Antwort erwartet. Mit ausdrucksloser Miene wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Computermonitor zu, als wäre nichts geschehen, als wäre nicht gerade seine letzte Hoffnung zunichtegemacht geworden.
16. KAPITEL
A ls Annie ins Büro zurückkam, hing Pete schon wieder am Telefon.
Vor ihm lag ein Computerausdruck mit Namen, Daten und Transaktionen. Annie schaute ihm kurz über die Schulter, um zu sehen, ob sie sich einen Reim darauf machen konnte.
Er legte auf und drehte sich zu ihr um.
„Irgendwas rausgefunden?“, fragte sie.
„Kennst du jemanden namens Steadman?“, fragte er und deutete auf die Liste. Er war ein Käufer, und sein Name tauchte verhältnismäßig oft auf.
Annie schüttelte den Kopf.
„Er kauft in der English Gallery ein, als wäre es der Sommerschlussverkauf in einem Kaufhaus. Außer ihm tauchen noch ein paar andere Käufer und Gesellschaften häufiger auf.“
„Aber das sind alles seriöse Transaktionen“, wandte Annie ein und studierte noch einmal die Liste. „Einige dieser Stücke sind gut bekannt, und die Preise sind alle reell.“
Auf der Jagd nach weiteren Informationen verbrachte Pete den Rest des Morgens und fast den ganzen Nachmittag am Telefon.
Annie ging nach oben und machte sich daran, das Chaos zu beseitigen, das die Fledermäuse in ihrem Schlafzimmer hinterlassen hatten. Sie gab sich Mühe, dabei nicht an Peterson zu denken. Aber während sie den Fußboden schrubbte, hörte sie in ihrem Kopf immer wieder dieselbe Frage: Habe ich bei dir überhaupt noch eine Chance? Nein, sagte sie sich wieder und wieder. Absolut nicht. Ich liebe ihn nicht. Sie weigerte sich, ihn zu lieben. Zwar fand sie ihn körperlich anziehend …
Einen Moment schloss sie die Augen, erinnerte sich an die gemeinsam verbrachte Nacht. Die Nacht, in der sie sich geliebt hatten. War das wirklich erst zwei Tage her? Ihr kam es vor, als seien mindestens eine Million Jahre vergangen, seit er sie in den Armen gehalten hatte …
„Alles in Ordnung?“
Erschrocken öffnete Annie die Augen. Pete stand in der Tür. „Ja“, sagte sie und rückte dem Fußboden mit neuem Elan zu Leibe. „Was hast du herausgefunden? Hast du überhaupt irgendetwas herausgefunden?“
Pete hockte sich neben den Eimer, fischte den zweiten Schwamm aus dem Putzwasser und begann damit den Fußboden zu bearbeiten. „Ja, da ist was“, sagte er. „Ich warte noch auf ein paar Anrufe, die mir die restlichen Informationen
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