Gefährliche Flucht - zärtliche Eroberung
begreifen, dass die kommenden Wochen nicht einfach für ihn würden, wenn er nichts tat, was die Lage entspannte.
„Vielleicht sollte ich einmal mit Farquharson sprechen. Er ist ja ein feiner Kerl und vernünftigen Argumenten zugänglich.“
Das Schluchzen verstummte. „Meinst du?“
„Selbstverständlich. Ich suche ihn gleich morgen auf und …“
Madeline mochte nicht glauben, was sie hörte. Ihr Vater hielt Farquharson für einen feinen Kerl? „Papa“, unterbrach sie Mr. Langley, „wenn du wüsstest, wie Lord Farquharson wirklich ist, würdest du gar nicht auf diese Idee kommen. Er ist ein durch und durch ehrloser Mensch.“
„Hör nicht auf sie“, mischte ihre Mutter sich ein. „Sie ist nur trotzig und versucht, meine Pläne zu vereiteln. Der Baron ist ein angesehener Adliger und ein Kriegsheld. Und er hat mindestens zehntausend Pfund jährlich. Klingt das etwa nach Ehrlosigkeit?“
„Papa, wenn du wüsstest, was er getan hat …“
„Sag es mir, Kind.“
„Arthur!“, jammerte ihre Mutter.
Mr. Langley ging nicht darauf ein. „Was ist passiert, mein Mädchen?“
Madeline holte tief Luft. Ohne Lord Tregellas’ Eingreifen zu erwähnen, schilderte sie ihrem Vater die Vorkommnisse im Haymarket-Theater und bei Lady Gilmours Ball. Sie tat es nüchtern und ohne Dramatik, jedoch in allen unerfreulichen Einzelheiten.
Als sie endete, hatte Mr. Langleys Gesicht jede Sanftmut verloren.
„Wusstest du davon, Amelia?“, fragte er schneidend.
Mrs. Langley presste sich ihr Spitzentaschentuch gegen den Mund und blieb eine Antwort schuldig.
„Du wirst mir einige Erklärungen geben müssen, Madam, wenn ich diese Angelegenheit geregelt habe“, beschied Mr. Langley. Er läutete und gab dem herbeigeeilten Diener den Auftrag, die Kutsche anspannen zu lassen.
Madeline hatte ihren Vater noch nie so finster entschlossen erlebt. „Wo willst du hin, Papa?“, fragte sie bang.
„Zu Farquharson.“
„Bitte, Papa, tu das nicht.“
„Ich muss, mein Mädchen.“ Mr. Langley war schon auf dem Weg ins Foyer. „Es ist eine Frage der Ehre.“
Cyril Farquharson hatte sich im Rauchzimmer seines Klubs niedergelassen und genehmigte sich einen weiteren Brandy. Wie schon den ganzen Abend kreisten seine Gedanken um Miss Madeline Langley.
Er war der käuflichen Frauenzimmer in Madame Fouets Etablissement überdrüssig. Sie boten seinen Bedürfnissen nur unzureichend Befriedigung, und er musste sich seit fünf Jahren mit ihren jämmerlichen Diensten bescheiden. Ihnen fehlten das angstvolle Widerstreben, die Wohlerzogenheit, die ahnungslose Unschuld, die das Ausleben seiner speziellen Neigungen zu einer so exquisiten Erfahrung machten.
Ebenso müde war er der unausgesetzten Beobachtung vonseiten Tregellas’. Verdammt sollte der Mann dafür sein, dass er ihm seine schönsten Genüsse beschnitt. Aber ich werde mich nicht länger in Schach halten lassen, schwor er sich. Er gierte nach einem Mädchen von vornehmer Abkunft, das all die Eigenschaften aufwies, die ihm so wichtig waren … jenes besondere Etwas eben, das Madeline Langley besaß.
Es hatte ihn Jahre gekostet, sie zu finden, und ihm war im gleichen Moment, da er ihr das erste Mal begegnet war, klar gewesen, dass er sie haben musste. Er hatte mit ihr gespielt wie die Katze mit der Maus und ihr Unbehagen genossen, wenn er ihr zu nahekam. Liebe, süße, ängstliche Madeline. Er war entschlossen, sich sein Vergnügen mit ihr zu gönnen …
4. KAPITEL
Erst am nächsten Morgen sah Madeline ihren Vater wieder.
Sie hatte die ganze Nacht wach gelegen, außer sich vor Sorge, dass er Lord Farquharson zum Duell gefordert haben könnte und längst nicht mehr unter den Lebenden weilte, denn es stand außer Frage, dass ihr sensibler Papa keine Chance gegen den skrupellosen Baron haben würde.
Als sie aufstand, fühlte sie sich völlig zerschlagen. Sie war wie benommen und gleichzeitig unerträglich angespannt, und der Geruch von gebratenen Eiern mit Schinken, der ihr wenig später im Morgenzimmer entgegenschlug, verursachte ihr Übelkeit. Sie begnügte sich mit einer Tasse Kaffee, während sie allein dasaß und wartete.
Schließlich, kurz nach neun, erschien ihr Vater mit ihrer Mutter im Schlepptau, die erstaunlich gelassen schien angesichts der Ereignisse der vergangenen Nacht.
Hätte sie es nicht besser gewusst, wäre Madeline fast der Gedanke gekommen, dass ihre Mutter erfreut aussah. Und ihr Vater trug weder den Arm in der Schlinge, noch humpelte er. Zwar wirkte
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