Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben
Laura rausfinden konnte.
»Sieh mal einer an«, sagte plötzlich jemand neben mir. »Der Honigmund.« Es war Philipp, der an eine Säule gelehnt ebenfalls rauchend vor dem Eingang hing. Er roch nach Schnaps. »Wo ist denn dein Gorilla?«
Ich ging nicht darauf ein. »Kennst du jemanden, der sich wolf99 nennt?«, fragte ich ihn ganz direkt. Er schüttelte den Kopf und grinste anzüglich. »Übrigens war mein Kumpel aus der Bar ja total begeistert von deinem Gorilla.«
»Wieso eigentlich?«, fragte ich neugierig.
Philipp sah mich spöttisch an. »Ich weiß nicht, ob dir das gefallen wird.«
»Das kann dir doch wohl egal sein.«
Er brachte jedes Wort so genüsslich vor, als würde er Kaviar essen. »Dein Gorilla hat sich auf einer Demo auf die Seite von Neonazis gestellt und eine Schlägerei mit den Polizisten angefangen, obwohl er selber einer war. Die Nazis sind ausgerastet und auf die Linken und die Bullen losgegangen. Außer auf deinen Enzo Tremante natürlich. Weil er einer von ihnen ist.«
Mein Gesichtsausdruck musste Bände sprechen, denn Philipp fing laut und heiser an zu lachen, bis das Lachen in einen Hustenanfall überging. Ich war zu konsterniert, um ihm einen blöden Spruch reinzudrücken. Enzo ein Nazi? Das war der Hammer. Ich drehte mich weg und ging ohne ein weiteres Wort. Meine Knie fühlten sich an, als hätte jemand ein Brett drangenagelt. Ich lief den Weg zur Straße hinunter, bis ich unser Auto sehen konnte. Enzo lehnte immer noch dagegen, die Arme verschränkt. Er war ein Nazi? Es gibt nicht viele Dinge, die ich schlimmer finde als das. Mein Hirn war total blockiert. Ich konnte nichts anderes mehr denken, als dass er tatsächlich ein Nazi war. Dabei hatte ich doch vor nicht mal einer Stunde gedacht, ich hätte mich… ich wäre in ihn… zum Glück hatte ich noch rechtzeitig erfahren, was für ein Mensch er wirklich war. Dachte ich in diesem Moment. Und machte in meinem an idiotischen Aktionen sowieso nicht gerade armen Leben zwei gigantische Riesenfehler kurz hintereinander.
Ich lief auf Enzo zu, blieb im Abstand von fünf Metern stehen. Er sah mich fragend an. Löste seine starre Haltung, kam einen Schritt auf mich zu. Er schien sich über mein Auftauchen zu wundern. Und zu freuen. Seine Lippen formten stumm meinen Namen, aber diesmal erreichte er mich nicht. Es gab kein Band zwischen uns und es hatte niemals eines gegeben. Ich überlegte gerade, was ich sagen sollte, wie ich es am besten formulieren sollte, das Ungeheure, was ich gerade erfahren hatte, da platzte es aus mir heraus. Ich explodierte wie ein brodelnder Vulkan. »Du Schwein«, schleuderte ich ihm entgegen. »Du verdammtes Nazi-Schwein.«
»Was?«, sagte er. »Wie bitte?« Er tat verblüfft, als hätte er nicht die geringste Ahnung, wovon ich redete. Was mich noch wütender machte. Mit so einer billigen Nummer konnte er mir nicht kommen. Ich war so rasend und zornig, dass ich kaum einen klaren Gedanken fassen konnte.
»Natascha«, rief Justus plötzlich hinter mir. »Da bist du ja.«
Ich drehte mich um. Justus. Mein bester Freund. Er hatte in jeder Hand eine Holunderlimo. Als er sah, dass ich mit Enzo sprach, blieb er stehen. Die Schultern sackten nach unten, die Mundwinkel verzogen sich. Verwirrt sah er aus. Und verletzt. Aber da gab es keinen Grund zu. Denn wenn ich eines nicht zulassen würde, dann dass mein bester Freund traurig war. Schon gar nicht wegen eines nervtötenden, angeberischen, geschwätzigen, aufdringlichen Bodyguards, der unter politischer Totalverirrung litt. Ich ging mit strammen Schritten auf Justus zu, seine rechte Augenbraue hob sich in einem Spitzbogen wie immer, wenn er überrascht war. Ich ging ganz nah zu ihm heran, er wich nicht zurück, ich legte meine Hand auf seinen Hinterkopf und zog seinen Kopf zu mir herunter und küsste ihn.
34
Wusstest du, dass Enzo ein Nazi ist?«, fragte ich meine Mutter beim Frühstück. Ihr blieb fast die Grapefruit im Hals stecken, die sie jeden Morgen löffelte.
»Wie bitte?«
»Ja, ist wirklich wahr.« Ich sagte ihr, was ich noch gestern Nacht im Internet gelesen hatte: Ein Polizist von der Bereitschaftspolizei hatte seinen Vorgesetzten angegriffen und damit den Startschuss für einen Angriff der Nazis auf die Polizisten gegeben. »Er ist der Held der Neonazi-Szene«, schloss ich meine Ausführungen mit der Information von dem Barmann.
»Das glaube ich nicht.«
»Was gibt es denn da nicht zu glauben? Das ist eine Tatsache.«
»Dein Vater hat gesagt, dass
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