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Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Titel: Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Dietz
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gemacht hatte, wie er zu sagen pflegte, und tobt sich dafür in unserem Garten aus. Bastian und ich nennen ihn Opa Wim, weil er für uns eben eine Art Großvater ist. Ein viel angenehmerer Zeitgenosse übrigens als mein richtiger Opa Curt, der Vater meines Vaters, ein nörgelnder alter Griesgram, den ich noch nie habe lachen sehen, und das, obwohl sein Sohn den kleinen Familien-Schlachtbetrieb zu einem Fleisch-Imperium ausgebaut hat. Aber vermutlich wurmt ihn gerade das.
    Wir fuhren durch das offene Tor über den gepflasterten Weg zum Haus und hielten vor der Garage, in die fünf Autos reinpassen und wo mein cremeweißer Roller im Original-1950er-Jahre-Stil unter einer Schutzhülle seinen Elektromotor auflud.
    »Das war sehr interessant«, sagte ich artig zu Enzo, bevor ich ausstieg. »Und jetzt muss ich Hausaufgaben machen. Puh! Also echt, die Lehrer an dieser Schule spinnen wirklich! Was die uns alles aufgegeben haben!« Ich stöhnte.
    »Hab ich auch nie gerne gemacht«, sagte Enzo mitfühlend.
    »Na ja. Bis morgen dann.« Ich öffnete die Tür.
    »Gehst du heute nicht mehr weg?«, fragte er.
    »Nee, wie soll ich das denn schaffen? Allein der Aufsatz für Englisch wird mich zwei Stunden kosten, dann noch Mathe und Deutsch und Religion. Tsess! Die denken auch, Schüler brauchen keine Freizeit.«
    Ich winkte ihm noch einmal zu und ging Richtung Eingangstür. Enzo sah mir kurz misstrauisch hinterher, fuhr dann den Wagen in die Garage und parkte neben dem silbernen BMW 503 Cabrio. Er blieb aber noch sitzen, vermutlich, um sich was in sein Bodyguard-Tagebuch zu notieren. Bekloppter Kerl. Ich drehte mich noch einmal um, da hörte ich Enzo wieder singen. Er hatte tatsächlich noch mal Marina and the Diamonds aufgedreht und schmetterte lauthals mit. Er bemerkte mich, winkte noch einmal und sang trotzdem weiter. Der Typ hatte sie doch echt nicht mehr alle!
    Kichernd schloss ich die Haustür auf und stieg die Treppe hoch zu meinem Zimmer. Vom Fenster aus kann ich den Garten überblicken. Ich positionierte meine Webcam auf dem Fensterbrett und kontrollierte das Bild auf meinem Computer. Perfekt! Der Weg zu Wims Haus war genau drauf. Ich rief Justus an, bedankte mich bei ihm für seinen bühnenreifen Auftritt und fragte ihn, ob er mir einen Arztkittel seiner Mutter leihen würde.
    »Wofür das denn?«, fragte er erstaunt und ich erläuterte ihm meinen Plan.
    »Soll ich dich wieder begleiten?«
    »Nee, lass mal«, sagte ich. »Das muss ich alleine durchziehen. Du hast außerdem schon mehr als genug riskiert.«
    »Okay, aber ruf mich an, wenn es gelaufen ist.«
    »Klar. Aber erst einmal muss ich sehen, dass ich meinen Babysitter loswerde.«
    »Ist der Typ immer noch da?«
    »Ja und er nervt mehr denn je!«
    Vor allem jetzt, wo er nicht auftauchte! Wahrscheinlich hatte er mir nicht geglaubt, dass ich in meinem Zimmer bleiben wollte. Könnte ich ja verstehen. Mmmhh. Ich musste was unternehmen. Ich zog mir den Bademantel über, krempelte meine Hose hoch, sodass es aussah, als hätte ich nackte Beine, und ging auf dicken Socken runter in die Küche. Da saß Enzo tatsächlich vor einer Tasse heißer Schokolade, eine der Spezialitäten meiner Mutter, die allerdings gerade mit Abwesenheit glänzte.
    »Hi«, sagte ich. »Hast du meine Mutter gesehen?«
    Er schüttelte den Kopf und schlürfte das dampfende Getränk.
    »Sie wollte mir einen ganz besonderen Badeschaum geben. Bei so einem Wetter ist ein Kakao oder eine heiße Badewanne doch am besten!«
    »Bist du etwa schon fertig mit den Hausaufgaben?«
    »Nein, natürlich nicht. Ich habe da noch diesen kniffeligen Aufsatz in Englisch. Und beim Baden kann ich am besten nachdenken.« Ich schwirrte wieder ab. In meinem Badezimmer machte ich das Wasser an und wedelte mit der Hand in dem Strahl, sodass es richtig laut plätscherte. Mal sehen, ob ihn das überzeugte. Aber anstatt mich in die Wanne gleiten zu lassen, ging ich zurück in mein Zimmer und hoffte, dass er die Story gekauft hatte.
    Zehn Minuten später erschien er endlich auf meinem Monitor. Schnell eilte ich zum Fenster und beobachtete Enzo, wie er mit einem blau-weiß-schwarzen Schal um den Hals in Richtung Gewächshaus schritt. Ich wartete noch einen Augenblick, bis Wim Enzo öffnete. Sie schüttelten sich die Hand. Wim ließ Enzo herein. Perfekt! Ich schnappte meine Tasche, schlüpfte beim Runterlaufen in meinen Wintermantel von Desigual, rannte zur Garage, lüftete die Plane von meinem Roller und schob zur Tarnung das alte

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