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Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Titel: Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Dietz
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Dieser Typ, aber auch die ganze Atmosphäre war ziemlich gruselig gewesen. Und kalt. Und das hatte nicht nur an den Herbsttemperaturen gelegen. Ich zitterte.
    »Und, wie ist es gelaufen?«, fragte Enzo.
    Diesmal war ich schlau. »Das Übliche eben«, sagte ich bibbernd, als ob ich schon oft auf Beerdigungen gewesen war. Ich zog sein Hemd aus. Ein letztes Mal wehte mir sein Duft in die Nase. Schnell gab ich es zurück und schaute weg, als er sich anzog. Na ja. Nicht ganz. Seine Haut sah warm und glatt aus und mir kam der Gedanke, meine eiskalten Finger an ihm zu wärmen. Aber dann streifte ich mir schnell den Mantel über und vergrub die Hände in den Taschen.

17
    Die Musik dröhnte bis in die große Eingangsdiele, in der mich eine ältere Version von Kim begrüßte. Zurückhaltung war auch ihr ein Fremdwort, doch wenn man von dem Pfund Schminke in ihrem Gesicht und den aufgepumpten Lippen absah, war sie eigentlich eine attraktive ältere Frau mit dunklen Augen und ebenmäßigen Gesichtszügen, die den ganzen Plunder gar nicht gebraucht hätte. Ihr Haar war wie Kims platinblond, sie trug gelbe Leggings, ein schwarzes enges Top und hochhackige Sandalen, auf denen sie mit perfektem Hüftschwung neben mir herklackerte. »Es ist immer schön, Kims Freunde kennenzulernen«, sagte Kims Mutter beschwingt. »Ich bin Josy.« Sie reichte mir eine Hand, die sie wegen der sieben Hammer-Klunker kaum heben konnte. An der Treppe entließ sie mich: »Viel Spaß. Und macht nichts, was ich nicht auch tun würde.«
    Ich ging hinunter in den Partykeller und öffnete die schwere Edelstahltür, auf der ein glitzerndes Discokugelrelief wenig Zweifel am Zweck des Raumes ließ.
    »Hallo Kim«, sagte ich zu der Gastgeberin, die gegenüber der Eingangstür auf einem Barhocker Stellung bezogen hatte und ein buntes Getränk durch einen Strohhalm schlürfte. »Natascha«, rief Kim aufgekratzt. »Schön, dass du da bist.« Sie stieg von ihrem Barhocker runter, was nicht so einfach war mit den Plateausohlen und dem engen Rock ihres kurzen Schlauchkleids in Meerblau. Ich bemerkte, dass ihre Wangenröte keinesfalls natürlichen Ursprungs war, sondern aus dem Tiegelchen eines cremigen Rouges entstammte. Trotzdem sah sie viel besser aus als noch vorgestern.
    »Du warst also beim Starfriseur«, sagte ich. »Ist hübsch, die neue Haarfarbe.« Sie war nicht mehr künstlich platin-, sondern saftig sonnenblond. Noch besser wäre es allerdings gewesen, auch auf die schwarzen Strähnen zu verzichten.
    »Ja, toll nicht? Sören Kromberg ist wirklich ein Gott«, strahlte sie. »Nur dass er mir die Strähnen erst nicht machen wollte, also echt… tsess! Als ob ich gar keine Ahnung hätte!«
    Ich verkniff mir eine Bemerkung und schaute mich um. »Hier ist ja schon echt was los«, wunderte ich mich. Eine unüberschaubare Menge an Leuten tummelte sich in dem großen, fensterlosen Raum, der mit Bar, Tanzfläche und verschiedenen Sitzgelegenheiten aussah wie ein Club. Nicht, dass ich schon viele Clubs von innen gesehen hätte. Silvy hatte mich ein paarmal mitgeschleift, aber richtig gefallen hatte es mir nicht.
    »Ja«, freute sich Kim. »Laura würde bestimmt nicht wollen, dass wir hier alle Trübsal blasen.«
    In einer Ecke am Flipper entdeckte ich ein paar Jungs, die ich nicht kannte. »Wer ist das denn?«, fragte ich verblüfft. »Ich dachte, du hättest nur unsere Klasse eingeladen.«
    »Ja. Und über Facebook noch ein paar Leute, die auch sehr entsetzt sind«, erklärte Kim. »Bei so einem schrecklichen Vorfall muss man ja zusammenrücken.«
    Mir wurde schnell klar, wie sie das gemeint hatte.
    »He, Eric!«, kreischte sie und warf sich einem dunkelhaarigen Hünen, der gerade vorbeikam, an den Arm. Ich holte mir an der Bar eine Holunderlimo und sah mich um. Meine Klassenkameradinnen waren noch nicht vollzählig erschienen. Nora war wie angekündigt nicht da. Einige andere erkannte ich kaum wieder. Kleider: schick bis extrem tussig. Wo man hinsah, wurden Haare geordnet, befühlt, gedreht und geschüttelt. Sie waren moussiert, gegelt, gesprayt, gepudert, gelockt, gekreppt. Die Federpracht von Pfaus war nichts dagegen. Eine Trauerfeier hatte ich mir ganz eindeutig anders vorgestellt. Tränen gab es heute nicht. Im Gegenteil. Die Balzrituale waren in vollem Gange. Es wurde gegiggelt und gekichert und heimlich beobachtet. In einer Ecke auf einem Sofa aus weißem Leder entdeckte ich Prinzessin Milena, die Hof hielt. Direkt neben ihr saßen Jennifer und Coco, daneben

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