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Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Titel: Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Dietz
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dann lästern. Außerdem hatte ich Wichtigeres vor. Ich musste mehr über meine tote Klassenkameradin rausfinden. »Wie war Laura denn so? Wollte die immer im Mittelpunkt stehen?«
    Jennifer sah mich verdutzt an. »Schon«, sagte sie langsam. »Auf der Theaterbühne. Ansonsten war sie nur eine Streberin.«
    »Und Fabienne war neidisch auf sie, weil sie besser Geige gespielt hat, oder?«
    »Absolut. Laura hat ihr den Platz weggeschnappt bei dem Wettbewerb ›Jugend musiziert‹ und Fabienne war gelb vor Neid.«
    »Weißt du eigentlich, mit wem Laura zusammen war?«
    »Sie hatte einen Freund?«, fragte Jennifer erstaunt.
    »Sie hat sich doch wegen ihres Freundes umgebracht, heißt es.«
    »Ach so«, sagte Jennifer. »Keine Ahnung. Habe ich nie was von mitbekommen. Sie war auch eher eine Einzelgängerin. Aber erzähl doch noch mal was von dir. Was machst du denn sonst so?« Milena, Coco und Irina schauten von ihrem Sofa neugierig zu uns. Fast so, als hätten sie Jennifer geschickt, um Informationen über mich einzuholen. »Ach«, sagte ich lächelnd. »Meine Hobbys sind Lesen, Musikhören und Fettnäpfchentreten. Ich hol mir mal grad noch was zu trinken, möchtest du auch was?« Ich ließ sie stehen und holte mir noch eine Holunderlimo. Während ich sie schlürfte, beobachtete ich die vergeblichen Anbaggerversuche eines schlaksigen Jungen bei Milena. Coco war gerade dabei, ihre Autobilder zwei anderen Mädels zu zeigen, Irina war mit Jennifer zur Tanzfläche abgedüst, wo sie sich in dem blinkenden Licht dem Rhythmus hingaben. Milena fertigte den schlaksigen Jungen mit einer Bemerkung ab, er zog bedröppelt von dannen und ich nutzte die Gelegenheit. »Nerviger Typ?«, fragte ich und setzte mich neben sie. Sie nickte, sagte aber nichts. Ich kam mir vor wie bei einer Audienz. Ein kurzer Blick aus ihren dunklen Augen. Kein Lächeln. Noch nicht mal aus Höflichkeit. Sie wirkte total abweisend, dennoch war es schwer, sich ihrer Schönheit zu verschließen. Sie hatte einen dunkelbraunen Leberfleck am linken Nasenflügel, der auf den ersten Blick aussah wie ein Nasenring, und einen weiteren Leberfleck unter dem Mund, zwei faszinierende Schönheitspunkte auf ihrem ansonsten klaren Teint. Ihre samtbraunen Augen wurden umrahmt von einem petrolfarbenen Lidstrich unten und oben, der schimmerte wie die Oberfläche eines tiefen Bergsees.
    »Diese Feier hätte ich mir zwar anders vorgestellt«, sagte ich, »etwas weniger ausgelassen, aber sie gefällt mir.«
    »Und wer hat dich um deine Meinung gebeten?«, fragte sie kalt.
    »Och, dazu brauche ich niemanden.«
    »Das merke ich. Du bist ganz schön unverschämt. Dafür, dass du neu bist.«
    »Ach so. Konnte ja nicht wissen, dass ich bei dir erst ein halbes Jahr schleimen muss, damit du mit mir redest.«
    »Was macht dein Vater noch mal? Wurst?«, fragte sie verächtlich.
    »Wurst, Fleisch, Barbecuesoßen. Und was macht deiner? Abhängen und das Geld seiner Vorfahren verpulvern?«
    Ein Grinsen zog über ihren Mund, ganz kurz, wie das Blitzen einer Kamera. »Und du bist wirklich von der anderen Schule geflogen?«, fragte sie.
    »Jep. War ’ne dumme Sache. Habe mich auf die falschen Leute verlassen. Die falsche Freundin.«
    »Ja, das kann vorkommen.« Sie seufzte.
    »Weißt du, wer der Freund von Laura war?« Ich versuchte, es beiläufig klingen zu lassen.
    »Nein, keine Ahnung«, sagte Milena. »Und mir hätte sie das niemals erzählt. Ich hatte mit ihr ja gar nichts mehr zu tun.«
    Ich atmete tief ein und fragte: »Warum hast du dich eigentlich mit Laura verkracht?« Ihre Augenlider flatterten und in einem Sekundenbruchteil war ihre Miene wieder so unzugänglich wie eine mittelalterliche Festung. Sie stand auf, strich sich einmal über ihr Kleid und ging kerzengerade zur Tanzfläche und demonstrierte auch dort mit minimalistischen Bewegungen ihre noble Herkunft. Kim torkelte auf mich zu.
    »Und?«, fragte sie. »Amüsierst du dich?«
    »Super Party«, sagte ich. »Laura hätte sich bestimmt gefreut.«
    »Ach, die wäre doch niemals gekommen«, lallte Kim. »Das war so eine Langweilerin. Gähn! Hat immer nur gefiedelt. Oder gelernt. Und nie Spaß gehabt. Voll öde.« Sie giggelte wieder. »Und du? Was ist mit dir?«
    »Was soll mit mir sein?«
    Sie zwinkerte mir zu. »Komm schon, du weißt schon.«
    »Nee, weiß ich nicht.« Ich hatte wirklich keine Ahnung.
    »Wie sieht es aus? Hast du schon…?« Sie machte eine unbestimmte Kopfbewegung.
    »Habe ich schon was?«, fragte ich zurück.

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