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Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Titel: Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Dietz
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Ich versuchte, ruhig zu bleiben angesichts ihres alkoholbedingten Gehirnausfalls, der es ihr unmöglich machte, eine vollständige Frage zu stellen.
    »Hey, Kim. Habt ihr auch Wodka?«, brüllte jemand.
    »Ja klar. Warte.« Sie kicherte. »Bin gleich zurück.«
    »Nur noch eine Frage, Kim«, sagte ich schnell. »Warum haben sich Milena und Laura verkracht?«
    Sie sah mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank. »Na, du bist ja doch nicht so helle, wie du immer tust. Ah, da ist Tom!« Ein gut aussehender blonder Typ mit der Ausstrahlung eines Surflehrers war reingekommen. Er wirkte so frisch und entspannt, als ob noch Tropfen von Meerwasser auf seiner Haut klebten.
    »Er wird mal eine Bäckereikette erben«, informierte mich Kim und verschlang Tom mit den Augen. »Und er weiß es noch nicht, aber irgendwann wird er mich heiraten.« Sie schwirrte ab.
    »Viel Glück«, wünschte ich ihr hinterher. Kim stürmte auf Tom zu, doch der war bereits schnurstracks auf Milena zugegangen und hatte ihr tatsächlich ein Lächeln entlockt. Kim blieb wie angewurzelt stehen. Dann drehte sie sich um, das Gesicht grimmig verzogen, und steuerte die Bar an, wo sie sich eine braune Flüssigkeit in ein Glas mit Eis schütten ließ. Ich schaute zu Milena und Tom und wieder zurück zu Kim. Logo. Wenn sich Mädchen verkrachen, dann wegen eines Jungen.

18
    Hast du was von Bastian gehört?«, fragte meine Mutter am nächsten Morgen beim gemütlichen Sonntagsfrühstück. Mein Vater blickte kurz von seiner Zeitung auf.
    »Nein«, sagte ich und biss in mein Schokocroissant.
    Meine Mutter seufzte und stand auf. Sie ging in die Küche, und an der Art, wie sie ihre Fersen in den Boden stemmte, konnte ich merken, dass sie sauer war. Mit einem Orangensaft kam sie wieder. Sie ist blond wie ich, hat aber schlankere Beine und viel größere Brüste und trägt gerne Bleistiftröcke, die ich verabscheue, weil sie nicht genug Beinfreiheit bieten. »Auch nicht über dieses Facebook oder was anderes?«, fragte sie wieder. Ich schüttelte den Kopf.
    »Aber du weißt, wo er ist, oder?«
    »Nein, das weiß ich nicht«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
    »Wer könnte denn wissen, wo er ist?« Auf ihrer Stirn war die steile Falte erschienen, die sie als Mitglied des Anti-Botox-Clubs auswies.
    »Keine Ahnung.«
    Mein Vater faltete die Zeitung zusammen und legte sie auf den Tisch. »Ruf doch mal seine Freunde an«, sagte er.
    »Gute Idee«, rief meine Mutter.
    »Ja, super Idee«, sagte ich. »Nur wer ist das im Moment?«
    Mein Bruder hatte im April endlich sein VWL-Studium begonnen, nach vier Wartesemestern, weil er den NC nicht erreicht hatte. Die Zeit zwischen Schulabschluss und Studium hatte er vor allem auf dem Freiplatz rumgehangen und Basketball gespielt, war BMX-Rad gefahren und surfen gewesen und was weiß ich noch alles. Mit wem – keine Ahnung.
    »Das musst du doch wissen!«, sagte sie und ihre Stimmbänder bekamen schon wieder dieses Flattern. Meine Mutter ist die liebste Frau der Welt, aber ihr Nervenkostüm ist aus nicht gerade strapazierfähigem Material gestrickt.
    »Wieso das denn? Ich bin doch nicht sein Kindermädchen«, gab ich zurück.
    Meine Mutter schnappte hektisch nach Luft. »Das sieht ihm doch alles gar nicht ähnlich«, sagte sie. »Er war doch noch nie so lange weg. Und wenn, hat er immer Bescheid gesagt.« Ihre Stimme klang schrill.
    »Antje«, sagte mein Vater und legte ihr beruhigend die Hand auf den Arm. Dann wandte er sich an mich und sagte scharf: »Natascha, jetzt sagst du mir endlich, was er dir erzählt hat.«
    »Ich habe ihm versprochen, nichts zu sagen.«
    Mein Vater sah mich durchdringend an. Die schwarzen Sprenkel in seiner karamellfarbenen Iris leuchteten bedrohlich.
    »Deine Mutter macht sich große Sorgen. Und ich auch. Und wir wollen einfach wissen, was los ist.«
    Ich biss mir auf die Lippen. Es war einfach verdammt schwer, meinem Vater zu widerstehen. Und ich konnte sie ja auch verstehen. An ihrer Stelle hätte ich mir auch Gedanken gemacht. Ich fand das Verhalten von Basti ja selbst merkwürdig. Und ehrlich gesagt, so viel konnte ich gar nicht verraten, weil ich selbst nicht viel wusste. »Also gut«, gab ich nach. »Er hat eine neue Freundin und ist mit ihr verreist.«
    »Wie bitte?«, schrie mein Vater. »Er ist verreist? Mitten im Semester? Mit seiner neuen Freundin?«
    »Wohin?«, fragte meine Mutter.
    »Das weiß ich wirklich nicht.«
    Mein Vater war aufgesprungen und lief um den Tisch im

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