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Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Titel: Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Dietz
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Rippen.
    »Sie kann nichts behalten«, flüsterte mir Nora zu.
    »Ich würde die Rolle schon nehmen«, sagte Evelyn. »Aber ich trage nur meine eigenen Kleider, keine Theaterkostüme.«
    »Ich denke, das wäre in Ordnung«, sagte Klein. »Vom Outfit her würde das sowieso bestens passen. In Ordnung. Dann übernimmt Evelyn Lauras Rolle. Und wer übernimmt Evelyns bisherige kleine Rolle?«
    »Das kann ich machen«, bot Beatrix an.
    Merle seufzte enttäuscht.
    »Merle, könntest du Natascha mal den Requisitenraum zeigen?«
    »Ist gut«, sagte sie. Der Requisitenraum befand sich hinter der Bühne. Auf dem Weg dahin gab sie mir einen kleinen Rückblick über die bisherigen Stücke und betonte dabei, dass sie immer alle Rollen auswendig könnte, weil sie da einfach eine Begabung für habe, und irgendwann würde sie auch mal eine Hauptrolle spielen, aber der Posten der Regieassistenz sei natürlich auch sehr wichtig.«
    »Ich finde, du hast einen super Job abbekommen«, sagte ich.
    »Findest du?«
    »Na klar und wie! Optimal! Ist doch viel spannender, die Fäden in der Hand zu haben.«
    »Das stimmt«, freute sie sich. »Hier sind einige Bühnenbilder, die immer mal wieder benutzt werden«, erklärte sie mir, »da sind die großen und die kleinen Requisiten und da…« Ich hörte schon nicht mehr zu. In dem Fach mit den kleinen Requisiten lagen Messer. »Die sind ja toll«, sagte ich. Merle zeigte mir, wie sie funktionierten. Wenn man sie aufsetzte, verschwand die Klinge im Griff. »Habt ihr hier auch künstliches Blut?«, fragte ich.
    »Klar«, prahlte Merle und deutete auf eine Schublade. Darin waren kleine Plastikflaschen mit rotem Sirup drin. So eine hatte ich schon mal gesehen. Im Müll des Biolabors. Hier hatte sich Laura also für ihren Auftritt eingedeckt.
    Während der Probe war meine Aufgabe, eine Liste der benötigten Requisiten anzulegen. Nicht besonders anstrengend. So hatte ich genug Zeit festzustellen, dass Evelyn völlig überzeugend eine frustrierte Ehefrau spielen konnte, dass Beatrix es nicht schaffte, einen Satz ohne Kichern rauszukriegen, und dass Kim tatsächlich ein Gedächtnis wie ein Sieb hatte. Und die Aufführung war schon in anderthalb Wochen!
    Nach der AG kam Milena zu mir. »Hallo Natascha.«
    »Milena.« Ich bemühte mich, mir meine Überraschung nicht anmerken zu lassen.
    »Und wie geht’s?«, fragte sie.
    »Gut. So weit. Gewöhne mich langsam ein.«
    »Ist nicht leicht, hier neu anzufangen, oder?«
    Was waren das denn für Töne? Sie sprach ganz anders als sonst. Nämlich wie ein normales Mädchen.
    »Ach, na ja. Geht schon. Ist nicht so, dass man hier mit offenen Armen empfangen wird. Aber was soll’s. Ich weiß ja, dass ich den Leuten ziemlich auf die Nerven gehen kann.«
    Sie lachte kurz auf. Dann wurde sie wieder ernst. »Weißt du… ich habe noch Schwierigkeiten, über Laura zu sprechen. Das Ganze… es hat mich sehr getroffen. Wir waren… wirklich mal gute Freundinnen.«
    »Das verstehe ich«, sagte ich leise. »Ist ja ein Schock für alle.«
    Ich bemerkte, dass ihre Freundinnen Jennifer, Kim und Coco uns aus gebührendem Abstand beobachteten. »Es war so. Wir waren super befreundet. Aber dann hat sie sich verändert.«
    Ich schaffte es tatsächlich, die Klappe zu halten und einfach zuzuhören.
    »Laura kümmerte sich irgendwann nur noch um die Schule und wollte mit niemandem mehr was zu tun haben. Alles drehte sich um ihre spätere Karriere, Violine hier, Klavier da, Orchester, Mathewettbewerb. Ich weiß, dass ihre Eltern totalen Druck gemacht haben. Aber trotzdem. Ich fühlte mich allein gelassen. Und irgendwann hatte sie diesen Freund, den sie vor uns allen geheim gehalten hat. Von einem auf den anderen Tag hatte sie gar keine Zeit mehr für mich. Und sie hat nicht verstanden, dass ich sie vermisste und sie als Freundin wiederhaben wollte. Sie hat gemeint, ich wäre egoistisch und würde ihr ihr Glück nicht gönnen.« Sie schnalzte verächtlich mit der Zunge. »Sie hat mir ganz gemeine Sachen an den Kopf geworfen. Tja. Und da habe ich dann gemerkt, dass sie einfach nicht der Mensch ist, für den ich sie gehalten habe, und habe mir neue Freundinnen gesucht.« Sie zuckte mit den Achseln. »Ich konnte ja nicht ahnen, dass sie…« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Dass sie so was macht.«
    »Das konnte wohl keiner ahnen.«
    »Aber ich mache mir Vorwürfe. Vielleicht hätte ich es verhindern können? Wenn ich nur mit ihr geredet hätte!«
    »Das weiß man nicht«, sagte ich

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