Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben
ganzes Wochenende vom Hals.
Als wir eincheckten, überredete ich meine Mutter, ein Zimmer nach vorne raus zu verlangen, was mich einige Überredungskunst kostete. »Da guckt man doch genau auf den Parkplatz.«
»Ja, das stimmt zwar«, sagte ich und verschwieg, dass dies das ausschlaggebende Argument für mich war. »Aber man kann auch schön die Berge sehen«, behauptete ich. Meine Mutter war immer noch skeptisch, ließ sich aber dann schließlich damit überzeugen, dass das Zimmer nach vorne einen eigenen Kamin besaß. Wir waren auf mein Drängen hin ziemlich früh losgefahren, weil ich hoffte, dass Milena dann noch nicht eingetroffen war. Meine Mutter hatte schon einen Termin für irgendeine Algenpackung zur Reduzierung von Cellulite, die sie eigentlich gar nicht brauchte, wie ich fand, aber ich war froh, sie los zu sein. Ich bezog Stellung auf dem Balkon, was im November eine wirkliche Herausforderung an meine körpereigene Temperaturregelung war. Ich friere einfach immer total schnell. Sehr nervige Sache. Schließlich holte ich mir noch eine Decke vom Sofa und legte sie mir im Alte-Oma-Style über die Beine. Es passierte nicht viel an diesem Samstagmorgen, der Parkplatz war spärlich belegt und ein roter Mazda, wie ihn Pascal von Cappeln besaß, war nicht dabei. Vielleicht war Milena auch schon längst da, dachte ich gerade und wollte meinen Beobachtungsposten aufgeben, da kamen sie endlich. In einem anthrazitfarbenen BMW-Coupé. Ich erkannte sie auch ohne Fernglas sofort, denn sie trug ihren knallroten Mantel, als sie auf der Fahrerseite ausstieg. Aha, dachte ich. Sie hatte schon den Führerschein und durfte in Begleitung fahren. Ihre Cousine nahm ich mit dem Fernglas unter die Lupe. Sie musste als Begleitperson über dreißig sein, ja und sie sah auch so aus. Die blonden Haare zu einer dieser zeitlos klassischen Bananen hochgesteckt (laaaangweilig!), weißer Pelzmantel (igittipfui!), braune Steghosen (öde!) und insgesamt ziemlich spaßfreie Ausstrahlung. Aber vermutlich war Spaß auch nicht Sinn der Sache. Sie war ja nur Milenas Alibi für ihre strengen Eltern, damit die keinen Verdacht schöpften. Der Portier eilte den beiden zu Hilfe und nahm das Gepäck ab, das aus zwei gigantischen Louis-Vuitton-Koffern bestand. Sie verschwanden aus meinem Blickfeld. Aber ich blieb sitzen. Für den Fall, dass Miss Nerz gleich wieder auscheckte und Milena und ihrem Liebhaber das Feld überließ. Doch in der nächsten Viertelstunde tauchten weder Miss Nerz noch der lüsterne Lehrer auf und mir wurde langsam zu kalt. Trotz Decke fühlte ich mich wie ein Eisklotz. Zum Glück kam gerade meine Mutter rein und machte den Vorschlag, in die Sauna zu gehen.
Nach zwanzig Minuten in der Bio-Sauna fühlte ich mich wieder einigermaßen aufgewärmt. Auf die Eisdusche verzichtete ich und ging lieber in den blubbernden Whirlpool. Als ich so in dem angenehm warmen Sprudelwasser saß, kam mir der Verdacht, dass ich als Spionin im Fach Effizienz noch einiges zu lernen hatte. Oder anders gesagt: Ich sollte endlich aufhören, in Badewannen rumzuschimmeln, während ich eigentlich Detektivarbeit leisten sollte. Milena und Pascal würden sich hier bestimmt nicht blicken lassen. Viel eher würden sie doch im Königinnenzimmer rum-… äh… machen. Verflixt. Also Schluss mit Baden, dachte ich gerade, da kam Milena mit ihrer Cousine Miss Nerz in den Spa. Sie hielten genau auf mich zu. Mist. Ich tauchte ab. Sie blieben natürlich genau vor dem Pool stehen. Wegen der Luftblasen, die an meinen Ohren vorbeirauschten, konnte ich nur versuchen, ihre aristokratisch reservierte Gestik zu interpretieren. Sie deuteten mal nach links, mal nach rechts und waren sich anscheinend nicht einig, wo sie hingehen sollten. Entscheidet euch, Mädels, flehte ich. Wenn sie noch länger stehen blieben, müsste ich zur Kiemenatmung übergehen. Endlich entschieden sie sich für eine Richtung. Prustend tauchte ich wieder auf. Milena ging durch die gläserne Schiebetür, hinter der die verschiedenen Massageanwendungen angeboten wurden, während ihre Cousine das Dampfbad aufsuchte. Puh. Ich schnaufte einmal durch. Milena ließ sich also durchkneten. Damit wäre sie mindestens für eine Stunde beschäftigt. Da passte es, dass meine Mutter zu mir stieß und mich fragte, ob ich Lust auf einen Imbiss hätte.
»Und was gibt es sonst so bei dir Neues?«, fragte sie, nachdem wir bestellt hatten.
»Du meinst männertechnisch?« Ich zuckte mit den Schultern. »Nichts. Das ist nun
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