Gefährliche Geliebte
zuversichtlich, daß auch sie den Wunsch hatte, mit mir zu schlafen. Am folgenden Sonntag fuhr ich allein nach Kyoto, und schon am Nachmittag lagen wir zusammen im Bett.
Zwei Monate lang trieben wir es so leidenschaftlich miteinander, daß ich befürchtete, uns würde das Hirn zerschmelzen. Keine Kinobesuche, keine Spaziergänge, kein Smalltalk über Romane, Musik, den Krieg, die Revolution. Vögeln war das einzige, was wir taten. Ein paar Worte müssen wir wohl gewechselt haben, aber worüber, weiß ich beim besten Willen nicht mehr. Ich habe nur Bilder in Erinnerung, detaillierte, konkrete Bilder: der Wecker neben ihrem Kissen, das schwarze Telefon auf dem Tisch, die Fotos auf dem Kalender und ihre auf dem Boden verstreuten Kleider. Und den Geruch ihrer Haut, und ihre Stimme. Ich stellte ihr nie eine Frage, und sie mir ebensowenig. Nur einmal, als wir nebeneinander im Bett lagen, sprach ich laut aus, was ich mich plötzlich gefragt hatte: ob sie vielleicht ein Einzelkind sei.
»Ja«, sagte sie mit einem leicht verwunderten Blick. »Aber woran hast du das gemerkt?«
»An nichts Bestimmtem. War nur so ein Gefühl.«
Sie sah mich eine Zeitlang an. »Dann bist du vielleicht auch ein Einzelkind?«
»Erraten«, sagte ich.
Das ist alles, was ich von unseren Gesprächen noch weiß.
Nur selten gönnten wir uns eine Pause, um etwas zu essen oder zu trinken. Kaum sahen wir uns, rissen wir uns wortlos die Kleider vom Leib, hüpften ins Bett und legten los. Wir stürzten uns einfach ins Getümmel. Ich gierte nach dem, was da vor meinen Augen lag, und sie nicht minder. Bei jeder Begegnung liebten wir uns vier-, fünfmal hintereinander, bis mir buchstäblich der Saft ausging und meine Eichel anschwoll und brannte. Trotz aller Leidenschaft und der Heftigkeit, mit der wir uns zueinander hingezogen fühlten, kam weder mir noch ihr jemals in den Sinn, daß wir auf längere Sicht ein Liebespaar werden könnten. Wir befanden uns im Zentrum eines Wirbelsturms, der irgendwann weiterziehen würde. Und dieses Wissen - das Bewußtsein, daß jede Begegnung sehr wohl die letzte sein konnte - entfachte die Flammen unseres Verlangens nur um so mehr.
Ich war nicht in sie verliebt. Und sie liebte mich nicht. Liebe war für mich überhaupt kein Thema. Was ich suchte, war das Gefühl, von einer wütenden, ungezähmten Gewalt um hergeschleudert zu werden, in deren Zentrum etwas absolut Elementares lauerte. Ich hatte keine Ahnung, was es war. Aber ich hätte ihr am liebsten die Hand tief in den Leib gestoßen und dieses Etwas berührt - was immer es sein mochte.
Ich hatte Izumi sehr gern, aber nicht ein Mal hatte ich bei ihr diese irrationale Kraft gespürt. Von diesem anderen Mädchen wußte ich so gut wie nichts, doch die Wirkung, die sie auf mich hatte, war überwältigend. Wir führten nicht ein einziges ernsthaftes Gespräch, weil wir keinen Sinn darin sahen. Wäre uns noch genügend Energie zum Reden geblieben, hätten wir sie zu einer weiteren Runde auf der Matratze genutzt.
Hätten die Dinge ihren natürlichen Lauf genommen, wären wir ein paar Monate lang in unserer Beziehung aufgegangen, ohne auch nur daraus aufzutauchen, um nach Luft zu schnappen, und dann hätte sich einer von uns beiden zurückgezogen. Denn was wir taten, war ein notwendiger, natürlicher Akt, der keinen Raum für Zweifel ließ. Vom ersten Augenblick an war ausgeschlossen gewesen, daß sich Liebe, Schuldgefühle oder Gedanken an die Zukunft einschleichen könnten.
Wäre die Sache nicht aufgeflogen (die Hoffnung, niemals ertappt zu werden, kommt mir im nachhinein arg unrealistisch vor, so besessen, wie ich davon war, es mit dieser Frau zu treiben), dann hätten Izumi und ich durchaus noch eine Weile befreundet bleiben können wie bislang. Jeden Sommer hätten wir uns wiedergesehen und wären zusammen ausgegangen. Wer weiß, wie lange eine solche Ferien-Freundschaft gehalten hätte; doch in ein paar Jahren hätte sich einer von uns beiden vom anderen entfernt. Wir waren einfach zu verschieden, und die Zeit hätte die Unterschiede nur noch vertieft. Wenn ich jetzt zurückblicke, erscheint mir das alles so offensichtlich. Doch selbst wenn wir letztlich nicht anders konnten, als jeder seinen eigenen Weg zu gehen - hätte ich nicht mit ihrer Cousine geschlafen, dann wäre es uns vielleicht gelungen, uns als Freunde zu trennen und die nächste Lebensphase unversehrt zu beginnen.
Wie sich herausstellte, sollte es nicht sein.
Tatsächlich habe ich Izumi einen
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