Gefährliche Geliebte
wurde mir klar: Das ist nicht das, was ich will. Nie fand ich in diesen Frauen etwas, das nur auf mich gewartet hätte. Ich ging mit einigen von ihnen ins Bett, aber es war nichts Aufregendes. Ich betrachte diese Zeit als den dritten Abschnitt meines Lebens - die zwölf Jahre zwischen meinem Eintritt ins College und meinem dreißigsten Geburtstag. Jahre der Enttäuschung und der Einsamkeit. Und des Schweigens. Eine zwölfjährige Eiszeit, in der meine Gefühle tief in mir eingeschlossen blieben.
Ich zog mich in mich zurück. Ich aß allein, ging allein spazieren, ging allein schwimmen und allein in Konzerte oder ins Kino. Es war nicht so, daß ich traurig gewesen wäre oder gelitten hätte. Aber ich dachte oft an Shimamoto und an Izumi und fragte mich, wo sie gerade sein, was sie tun mochten. Sie konnten mittlerweile verheiratet sein, sogar schon Kinder haben. Ich hätte alles dafür gegeben, sie wiederzusehen, mit ihnen zu reden, und wenn auch nur für eine Stunde. Shimamoto und Izumi gegenüber hätte ich aufrichtig sein können. Ich zermarterte mir das Hirn nach einer Möglichkeit, wieder mit Izumi zusammenzukommen, Shimamoto wiederzusehen. Ich stellte es mir wunderschön vor. Irgendwelche Schritte, um diesen Traum zu verwirklichen, unternahm ich allerdings nicht. Die beiden waren für mich endgültig verloren. Die Zeiger der Uhr bewegen sich nur in einer Richtung. Ich fing an, Selbstgespräche zu führen, nachts allein zu trinken. Ich war mir sicher, daß ich niemals heiraten würde. Zwei Jahre, nachdem ich im Verlag angefangen hatte, ging ich mit einem Mädchen aus, das ein krankes Bein hatte. Einer meiner Kollegen schlug mir eine Doppelverabredung vor.
»Irgendwas stimmt mit ihrem Bein nicht«, sagte er zögernd zu mir. »Aber sie ist hübsch und sehr sympathisch. Du wirst sie ällt sicher mögen. Und das mit dem Bein f eigentlich kaum auf. Sie zieht's einfach nur ein bißchen nach.«
»Schon gut, kein Problem«, erwiderte ich. Um ehrlich zu sein - wenn er ihr krankes Bein nicht erwähnt hätte, dann hätte ich seinen Vorschlag abgelehnt. Ich hatte vom Ausgehen zu viert und von Blind Dates die Nase voll. Aber als ich von ihrem Bein erfuhr, konnte ich irgendwie nicht nein sagen.
Das mit dem Bein fällt eigentlich kaum auf. Sie zieht's einfach nur ein bißchen nach.
Das Mädchen war eine Freundin der Freundin meines Kollegen; auf der Oberschule waren sie in derselben Klasse gewesen. Sie war nicht besonders groß und sah ganz nett aus. Auf eine unscheinbare Weise war sie schön, und sie erinnerte mich an ein kleines Tier, das tief im Wald lebt und sich nur selten blicken läßt. Eines Sonntagvormittags sahen wir uns also zu viert einen Film an und gingen dann zusammen essen. Sie sagte die ganze Zeit kaum ein Wort. Ich gab mir alle Mühe, sie zum Reden zu bringen, aber ohne Erfolg. Sie lächelte immer nur. Nach dem Essen trennten wir uns von den beiden anderen; wir machten einen Spaziergang durch den Hibiya-Park und tranken dann einen Kaffee zusammen. Sie zog das rechte Bein nach, nicht wie Shimamoto das linke. Auch die Art, wie sie es dabei verdrehte, war anders. Während Shimamoto das Bein mit einem leichten bogenförmigen Schwung nach vorn bewegt hatte, setzte dieses Mädchen die Fußspitze ein wenig nach außen und zog das Bein dann ausgestreckt nach. Trotzdem war ihre Art zu gehen der von Shimamoto recht ähnlich.
Sie trug einen roten Rollkragenpullover, Jeans und Desert-Boots. Geschminkt war sie fast gar nicht, und ihr Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie sagte, sie sei im vierten College-Jahr, sah aber jünger aus. Ich konnte nicht entscheiden, ob sie schlicht von Natur aus wenig sprach oder ob sie befangen war, weil wir uns noch kaum kannten; vielleicht hatte sie auch einfach nichts zu sagen. Jedenfalls würde ich das, was anfangs zwischen uns ablief, nicht gerade als Gespräch bezeichnen. Die einzige Information, die ich ihr entlocken konnte, war, daß sie ein Privat-College besuchte und Pharmazie studierte.
»Ach, Pharmazie? Ist das denn interessant?« fragte ich. Wir saßen nun im Park im Café.
Sie errötete.
»Macht nichts«, sagte ich. »Schulbücher zu produzieren ist auch nicht gerade die aufregendste Betätigung, die man sich vorstellen kann. Die Welt ist voll langweiliger Dinge. Machen Sie sich nichts draus.«
Sie dachte eine Weile nach und machte dann endlich den Mund auf: »Es ist nicht besonders interessant. Aber meine Eltern haben eine Apotheke.«
»Können Sie mir nicht
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