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Gefährliche Geliebte

Gefährliche Geliebte

Titel: Gefährliche Geliebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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Fältchen. Ihr Lächeln rührte an ferne Erinnerungen - aber Erinnerungen woran?
    »Auch Ihre Musik gefällt mir.« Sie deutete auf das Klaviertrio. »Hätten Sie Feuer?« fragte sie.
    Ich hatte weder Streichhölzer noch ein Feuerzeug. Ich rief den Barkeeper und ließ mir ein Briefchen Streichhölzer mit dem Namenszug der Bar bringen. Und ich gab ihr Feuer.
    »Danke«, sagte sie.
    Ich sah sie an. Und dann begriff ich endlich.
    »Shimamoto«, krächzte ich.
    »Hat ja lang genug gedauert«, sagte sie nach einer Weile mit einem sonderbaren Blick. »Ich dachte schon, du würdest mich überhaupt nicht mehr erkennen.«
    Sprachlos saß ich da und starrte sie an, als sei sie ein Wunderwerk der modernen Technik, von dessen Existenz ich bislang nur gerüchteweise gehört hatte. Es war tatsächlich Shimamoto, die mir da gegenübersaß. Aber noch konnte ich es nicht fassen, daß sie es wirklich war. Ich hatte so lange, so unendlich lange an sie gedacht. Und ich war mir sicher gewesen, ich würde sie nie wiedersehen.
    »Dein Anzug gefällt mir«, sagte sie. »Er steht dir sehr gut.« Ich nickte stumm. Meine Zunge war wie gelähmt.
    »Weißt du was, Hajime? Du siehst viel besser aus als früher.
    Und du bist sehr viel besser gebaut.«
    »Ich schwimme viel«, brachte ich endlich hervor. »Ich habe auf der Mittelschule damit angefangen und es nicht mehr aufgegeben.«
    »Schwimmen sieht so aus, als würde es großen Spaß machen. Fand ich schon immer.«
    »Tut's auch. Aber mit ein bißchen Übung kann es jeder lernen«, sagte ich. Kaum hatte ich das gesagt, fiel mir ihr Bein wieder ein. Was redest du da bloß für einen Schwachsinn? fragte ich mich. Ich war ganz durcheinander und versuchte krampfhaft, etwas Angemessenes zu sagen. Aber ich fand keine Worte. Ich kramte in den Taschen meines Anzugs nach einem Päckchen Zigaretten. Und dann fiel es mir wieder ein. Ich rauchte seit fünf Jahren nicht mehr.
    Shimamoto beobachtete mich schweigend. Sie hob die Hand und bestellte mit einem strahlenden Lächeln einen weiteren Daiquiri. Mit einem wirklich schönen Lächeln, so schön, daß man das ganze Bild am liebsten eingepackt hätte, um es irgendwo sicher zu verwahren.
    »Blau ist noch immer deine Lieblingsfarbe, sehe ich«, sagte ich.
    »Ja. War es schon immer. Du hast ein gutes Gedächtnis.«
    »Ich weiß noch fast alles über dich: wie du deine Bleistifte anspitzt, wieviel Stücke Zucker du in deinen Tee tust.«
    »Nämlich wie viele?«
    »Zwei.«
    Sie kniff die Augen ein wenig zusammen und sah mich an.
    »Sag mir eins, Hajime«, fing sie an. »Damals, vor ungefähr acht Jahren - warum bist du mir da gefolgt?«
    Ich seufzte. »Ich wußte nicht, ob du das wirklich warst. Deine Art zu gehen war exakt die gleiche, aber irgendwie auch wieder nicht. Ich bin dir nachgegangen, weil ich mir nicht sicher war. Na ja, nachgegangen ist nicht das richtige Wort. Ich suchte einfach nach der richtigen Gelegenheit, dich anzusprechen.«
    »Warum hast du es dann nicht getan? Warum bist du nicht einfach vorgelaufen und hast nachgesehen, ob ich es war? Das wäre einfacher und schneller gewesen.«
    »Ich weiß es selbst nicht«, antwortete ich. »Irgend etwas hat
    mich daran gehindert. Ich bekam einfach keinen Ton heraus.«
    Sie biß sich leicht auf die Lippe. »Ich habe damals nicht erkannt, daß du es warst. Ich wußte nur eins: daß mich jemand verfolgte, und ich hatte Angst. Wirklich. Entsetzliche Angst. Aber als ich dann im Taxi saß und mich ein wenig beruhigt hatte, da kam mir plötzlich der Gedanke: Könnte das Hajime gewesen sein?«
    »Shimamoto-san, man hat mir damals etwas gegeben. Ich weiß nicht, in welcher Beziehung du zu diesem Mann stehst, aber er hat mir -«
    Sie legte sich den Zeigefinger auf die Lippen. Und schüttelte leicht den Kopf. Sprechen wir nicht darüber, ja? schien sie zu sagen. Bitte, fang nie wieder damit an.
    »Bist du verheiratet?« fragte sie. Themenwechsel.
    »Ja. Und ich habe zwei Kinder«, erwiderte ich. »Beides Mädchen. Sie sind noch klein.«
    »Das ist schön. Ich glaube, Töchter passen zu dir. Ich kann nicht genau sagen, warum, aber es ist so.«
    »Ach, ich weiß nicht.«
    »Doch - irgendwie.« Sie lächelte. »Aber wenigstens hast du kein Einzelkind.«
    »Ich habe es nicht geplant. Es hat sich einfach so ergeben.«
    »Was ist das für ein Gefühl, zwei Töchter zu haben? Ich kann's mir nicht vorstellen.«
    »Offen gesagt, ein bißchen merkwürdig. Mehr als die Hälfte der Kinder im Kindergarten meiner älteren

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