Gefährliche Geliebte
wenn du es nicht wüßtest, darum habe ich nie davon gesprochen. Aber jetzt war es höchste Zeit, daß du's erfährst. Ihr beiden werdet lange zusammenbleiben, da solltet ihr alles voneinander wissen - Gutes wie Schlechtes. Außerdem ist es schon so lange her ...« Er schloß die Augen und stieß einen Schwall Rauch aus. »Es klingt vielleicht komisch, wenn ich das sage, als ihr Vater, aber sie ist eine gute Frau. Ich bin, sagen wir mal, ziemlich weit herumgekommen und habe ein Auge für Frauen. Ich kann ziemlich gut beurteilen, was eine taugt - selbst wenn sie meine Tochter ist. Meine jüngere Tochter ist viel hübscher, aber als Mensch ist Yukiko einfach die bessere. Du bist ein guter Menschenkenner.«
Ich schwieg.
»Du hast keine Geschwister, oder?«
»Nein«, sagte ich.
»Glaubst du, ich habe meine drei Kinder alle gleich lieb?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Wie steht's mit dir? Hast du deine beiden Töchter gleich lieb?«
»Klar.«
»Das liegt daran, daß sie noch klein sind«, sagte er. »Wart's ab, bis sie älter werden. Zuerst wirst du die eine vorziehen, aber dann wirst du anfangen, die andere lieber zu mögen. Eines Tages wirst du verstehen, was ich meine.«
»Wirklich?« sagte ich.
»Ich würd's ihnen nie ins Gesicht sagen, aber von meinen drei Kindern ist mir Yukiko am liebsten. Ich hab den anderen gegenüber ein schlechtes Gewissen, wenn ich das so sage, aber so ist es nun einmal. Yukiko und ich kommen gut miteinander aus, und ich kann ihr vertrauen.«
Ich nickte.
»Du hast ein gutes Auge für Menschen, und das ist eine wunderbare Gabe, die du hegen und pflegen solltest. Ich bin in der Hinsicht ein hoffnungsloser Fall, aber wenigstens habe ich dazu beigetragen, etwas nicht ganz so Hoffnungsloses großzuziehen.«
Ich half meinem mittlerweile stockbetrunkenen Schwiegervater in seinen Mercedes. Er ließ sich auf den Rücksitz plumpsen, spreizte die Beine und schloß die Augen. Ich hielt ein Taxi an und fuhr nach Hause. Kaum war ich da, wollte Yukiko hören, was bei unserem Essen herausgekommen war.
»Nichts wirklich Wichtiges«, sagte ich. »Dein Vater wollte einfach jemanden haben, der ihm beim Trinken Gesellschaft leistete. Am Ende hatte er ganz schön einen in der Krone. Es ist mir ein Rätsel, wie er in dem Zustand anschließend noch arbeiten kann.«
»Das macht er immer so«, lachte Yukiko. »Er genehmigt sich zum Essen ein paar Drinks, dann legt er sich in seinem Büro aufs Sofa, und nach einer Stunde ist er wieder fit. Bislang ist die Firma nicht vor die Hunde gegangen. Du brauchst dich nicht um ihn sorgen.«
»Anscheinend verträgt er den Alkohol nicht mehr so gut wie früher.«
»Ja, das stimmt. Vor Mutters Tod konnte er jeden unter den Tisch trinken, ohne daß man ihm etwas angemerkt hätte. Er war ein richtiger Kerl. Aber es ist nicht zu ändern. Jeder wird mal alt.«
Sie machte eine Kanne Kaffee, und wir setzten uns damit an den Eßtisch. Ich hatte beschlossen, ihr von der Scheinfirma und der Bitte ihres Vaters nichts zu erzählen. Sie würde der Meinung sein, er setze mich moralisch unter Druck, und das würde ihr nicht gefallen. Es stimmt, daß du dir von Vater Geld geliehen hast, aber das hat mit dieser Sache nichts zu tun, würde Yukiko zweifellos sagen. Du zahlst es doch regelmäßig zurück, oder etwa nicht? Mit Zinsen. Aber ganz so ein fach war die Situation eben nicht.
Meine jüngere Tochter schlief tief und fest in ihrem Zimmer. Als ich meinen Kaffee ausgetrunken hatte, lockte ich Yukiko ins Bett. Wir zogen uns aus und hielten uns im blendenden Sonnenschein umschlungen. Ich ging langsam vor, und als ihr Körper bereit war, drang ich in sie ein. Aber so lange ich auch in ihr war, ich sah nur Shimamoto vor mir. Ich schloß die Augen und hatte das Gefühl, Shimamoto in den Armen zu halten. Und dann kam ich. Gewaltig.
Ich duschte und legte mich wieder ins Bett, um ein Weilchen zu schlafen. Yukiko war schon wieder angezogen, aber als sie mich im Bett sah, schlüpfte sie unter die Decke und legte ihre Lippen an meinen Rücken. Schweigend, mit geschlossenen Augen, lag ich da. Ich hatte mit ihr geschlafen und dabei die ganze Zeit an eine andere Frau gedacht, und jetzt machte mein schlechtes Gewissen mir zu schaffen.
»Weißt du, ich liebe dich wirklich«, sagte Yukiko.
»Wir sind seit sieben Jahren verheiratet, wir haben zwei Kinder«, sagte ich. »Solltest du nicht so langsam genug von mir haben?«
»Vielleicht. Aber ich liebe dich trotzdem.«
Ich drückte sie an mich.
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