Gefährliche Geliebte
Und begann, sie auszuziehen. Ich streifte ihr Pullover und Rock ab, dann die Unterwäsche.
»Sag mal! Du hast doch nicht etwa vor, was ich vermute, oder?« fragte sie überrascht.
»Klar doch«, sagte ich.
»Das muß ich mir ja im Kalender rot anstreichen!«
Diesmal gab ich mir alle Mühe, nicht an Shimamoto zu denken. Ich hielt Yukikos Körper umfaßt, sah ihr ins Gesicht und konzentrierte mich ausschließlich auf sie. Ich küßte ihre Lippen, ihren Hals, ihre Brüste. Und ich kam in ihr. Nachher hielt ich sie noch lange in den Armen.
»Ist mit dir alles in Ordnung?« fragte sie mit einem prüfenden Blick. »Ist zwischen dir und Vater heute irgend etwas vorgefallen?«
»Nichts«, sagte ich. »Rein gar nichts. Ich hab einfach nur Lust, noch ein Weilchen so in dir zu bleiben.«
»Fühl dich wie zu Hause«, sagte sie. Ich blieb in ihr, und sie hielt mich in den Armen. Ich schloß die Augen und drückte sie fest an mich, als wäre ich sonst ins Leere davongeflogen.
Während ich in ihren Armen lag, erinnerte ich mich an ihren Selbstmordversuch, von dem ihr Vater mir erzählt hatte. Ich war mir sicher, daß sie nicht durchkommen würde. Ich dachte schon, es ist aus mit ihr. Wenn die Dinge auch nur die leiseste falsche Wendung genommen hätten, läge ihr Körper jetzt nicht so in meinen Armen. Sanft berührte ich ihre Schulter, ihr Haar, ihre Brüste. Sie waren real - warm und weich. Ich spürte ihr Leben unter meiner Hand. Niemand konnte sagen, wie lang dieses Leben dauern würde. Alles, was Gestalt besitzt, kann in einem Augenblick verschwinden. Yukiko. Dieser Raum. Diese Wände, diese Zimmerdecke, dieses Fenster. All das konnte ein Ende haben, bevor es uns noch bewußt würde. Plötzlich mußte ich an Izumi denken. Dieser Mann hatte Yukiko zutiefst verletzt, und ich hatte Izumi das gleiche angetan. Yukiko hatte danach mich kennengelernt, aber Izumi war ganz allein.
Ich küßte Yukikos weichen Nacken.
»Ich werd ein bißchen schlafen«, sagte ich. »Und dann hole ich
unsere Große vom Kindergarten ab.«
»Schlaf gut«, sagte sie. Ich schlief nur kurz. Als ich die Augen aufschlug, war es nach drei. Vom Schlafzimmerfenster aus konnte ich den Friedhof von Aoyama sehen. Ich setzte mich in den Sessel am Fenster und starrte lange hinaus. So vieles hatte ein anderes Gesicht bekommen, seit Shimamoto wieder in mein Leben getreten war. Nebenan in der Küche hörte ich Yukiko, die das Abendessen vorbereitete. Die Geräusche hallten mir hohl in den Ohren, als kämen sie durch eine Röhre aus einer entsetzlich fernen Welt.
Ich holte den BMW aus der Tiefgarage und fuhr zum Kindergarten, um meine Tochter abzuholen. An diesem Tag fand irgendeine besondere Veranstaltung statt, und so war es schon fast vier, als sie am Tor des Kindergartengeländes erschien. Wie immer reihte sich am Straßenrand ein blanker, teurer Wagen an den anderen - Saabs, Jaguars, gelegentlich sogar ein Alfa Romeo. Junge Mütter in sichtlich teuren Mänteln stiegen aus, sammelten ihre Kinder ein, packten sie ins Auto und fuhren davon. Meine Tochter war das einzige Kind, das von seinem Vater abgeholt wurde. Als ich sie sah, rief ich ihren Namen und winkte. Sie winkte mit ihrem Händchen zurück und kam auf mich zu. Dann sah sie ein kleines Mädchen, das in einem blauen Mercedes 260E saß, rief irgend etwas und rannte zu ihr hin. Das Mädchen steckte einen rotbemützten Kopf aus dem Fenster des parkenden Autos. Die Mutter des Mädchens trug einen roten Kaschmirmantel und eine große Sonnenbrille. Als ich hinüberging und meine Tochter bei der Hand nahm, wandte sich die Frau mir zu und lächelte mich strahlend an. Ich erwiderte das Lächeln. Der rote Mantel und die Sonnenbrille erinnerten mich an Shimamoto. An die Shimamoto, der ich von Shibuya bis Aoyama gefolgt war.
»Hallo«, sagte ich.
»Hallo«, sagte sie.
Die Frau war umwerfend. Sie konnte nicht viel älter als fünfundzwanzig sein. Aus der Stereoanlage ihres Wagens tönte »Burning Down the House« von den Talking Heads. Auf dem Rücksitz lagen zwei Einkaufstüten von Kinokuniya. Die Frau hatte ein schönes Lächeln. Meine Tochter tuschelte eine Weile mit ihrer kleinen Freundin und verabschiedete sich dann von ihr. Tschüß, sagte das Mädchen. Dann drückte es auf den Knopf, und das Fenster des Wagens schloß sich. Ich nahm meine Tochter bei der Hand und ging mit ihr zum BMW zurück.
»Na, wie ist der Tag gelaufen? Hast du Spaß gehabt?« fragte ich, als wir im Wagen saßen.
Sie schüttelte
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