Gefährliche Glut
essen, sieht selbst ein Blinder.“
„Nicht jeder kann sich Hausangestellte leisten, und manchmal ist eben einfach keine Zeit, um sich etwas zu essen zu machen“, konterte sie wütend.
Rocco überhörte die Spitze und entgegnete: „Und warum nehmen Sie dann nicht wenigstens Ihre Verantwortung für Ihr Kind ernster? Der Junge ist voll und ganz abhängig von Ihnen. Wer soll sich um ihn kümmern, wenn Sie krank werden? Er hat doch sonst niemanden.“
„Glauben Sie, das weiß ich nicht selbst?“, fauchte Julie wütend. „Ich denke Tag und Nacht an nichts anderes!“ In ihren Augen brannten Tränen. „Und ich wünsche mir nichts mehr, als dass sein Vater noch am Leben wäre. Dass er da sein könnte, um seinen Sohn zu beschützen. Und dass er das tun würde, das weiß ich genau.“
„Antonio?“ Rocco löste sich von der Wand, an der er gelehnt hatte. Er wollte nicht zugeben, dass sie mit diesen Worten bei ihm einen Nerv getroffen hatte, der offenbar empfindlicher war als angenommen. So viel Loyalität verdiente Antonio nicht, und es war mehr als töricht von ihr, ihm diese zukommen zu lassen.
„Der einzige Mensch, für den sich mein Halbbruder jemals interessiert hat, war er selbst. Wer das nicht weiß, kannte ihn schlecht.“ Seine Stimme klang schroff und abweisend. Und als er verächtlich hinzufügte: „Aber Sie haben ihn natürlich auch gar nicht richtig gekannt, stimmt’s?“, zuckte sie zusammen. „Wie lange braucht man, um ein Kind zu machen? Drei Minuten … fünf? Er konnte sich ja noch nicht einmal an Ihren …“
Gerade rechtzeitig stoppte Rocco seine Tirade. Er brachte es nicht übers Herz, ihr zu erzählen, dass Antonio sich nicht einmal an ihren Namen erinnert hatte. Das traf ihn in seinem Familienstolz.
Zum Glück hatte er sich unterbrochen, sonst hätte sie sich womöglich noch verraten und etwas von James gesagt. Sie war so von ihrer Trauer überwältigt gewesen, dass sie geredet hatte, ohne nachzudenken. So etwas durfte ihr nicht noch einmal passieren … zumindest nicht, bis sie von Rocco irgendeine Art Zusicherung hatte, dass sie mit Josh nach London zurückkehren konnte.
„Morgen kommt unser Hausarzt Dr. Vittorio, um von dem Kind die Proben für den Vaterschaftstest zu nehmen. Dann kann er Sie auch gleich untersuchen.“
„Mir fehlt nichts.“
Die dunklen Augenbrauen zogen sich zusammen. „Sie können nicht einmal Treppen steigen und behaupten immer noch, dass Ihnen nichts fehlt? Was soll das? Das ist doch Unsinn!“ Er musterte sie durchdringend und fuhr dann fort: „Sind Sie nach Ihrer Rückkehr nach England mit Antonio in Verbindung geblieben?“
Eigentlich eine ganz normale Frage, aber Julie bekam sofort Herzklopfen, während sie verzweifelt ihre Erinnerung durchforstete.
Was genau hatte Judy ihr über Antonio erzählt? Ihre Schwester hatte behauptet, Antonio informiert zu haben, dass sie schwanger war, aber er hatte angeblich nicht reagiert. Erst daraufhin hatte Judy beschlossen, James zu erzählen, dass sie von ihm schwanger war.
„Er war über die Schwangerschaft unterrichtet, aber es hat ihn nicht interessiert.“ Das zumindest war die Wahrheit.
„Und wie kommen Sie dann darauf, dass er dieses Kind lieben und beschützen würde, wenn er noch am Leben wäre?“
„Nun, das hoffe ich zumindest. Er ist schließlich der Vater“, argumentierte sie lahm.
„Na, wenn Sie meinen. Also, folgendes: Sollte sich herausstellen, dass mein Halbbruder nicht der Vater des Kindes ist, werden wir Sie für Ihren Aufwand entschädigen. Außerdem wollen wir Sie in diesem Fall bitten, eine Erklärung zu unterschreiben, mit der Sie sich verpflichten, über die Angelegenheit Stillschweigen zu bewahren. Dafür bekommen Sie dann zusätzlich Geld.“
Julie nickte, obwohl sie ihm gern gesagt hätte, dass sie sein Geld nicht wollte. Aber sie würde erst den Gentest abwarten.
„Und das ist alles? Mehr erwarten Sie nicht von mir?“, fragte sie.
Rocco trat ans Bett und schaute auf sie herunter.
„Was soll das heißen, was sollte ich von Ihnen erwarten? Vielleicht dass …“
Ein klägliches Weinen aus dem Kinderbett veranlasste beide, die Köpfe zu drehen.
„Jetzt haben Sie Josh aufgeweckt“, sagte Julie erschöpft und wollte aufstehen.
„Bleiben Sie liegen, Maria kümmert sich um ihn.“
„Das kommt gar nicht infrage. Ich bin schließlich seine Mutter!“
Sie war bereits aufgesprungen, aber Rocco versperrte ihr den Weg.
„In diesem Zustand können Sie sich nicht um ihn
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