Gefährliche Glut
wagte nicht zu fragen. Dafür war Rocco neugierig.
„Wie genau ist dieser Test, und wann können wir mit dem Ergebnis rechnen?“, erkundigte er sich.
„Auf jeden Fall genau genug, um eindeutig sagen zu können, ob Antonio der Vater ist oder nicht“, erwiderte Dr. Vittorio, während er sich bei Julie mit einem Lächeln für ihre Unterstützung bedankte. „Das Ergebnis haben wir spätestens in einer Woche.“
Natürlich konnte Julie ihn nicht fragen, ob er sie ebenfalls testen ließ und ob ihre Proben das Verwandtschaftsverhältnis zwischen ihr und Josh aufklärten. Damit würde sie sich nur verdächtig machen. Außerdem war es ja auch egal, immerhin hatte sie das Sorgerecht für Josh, oder? Aber Rocco hielt sie für Josh’ Mutter, und das war sie nicht.
Na und wenn schon? War es etwa ihre Schuld, wenn Rocco etwas falsch verstanden hatte?
Oder hätte sie ihm die Wahrheit vielleicht doch schon in London sagen sollen?
Die Leopardis waren offensichtlich daran gewöhnt, dass jeder nach ihrer Pfeife tanzte. Angenommen, Josh war tatsächlich Antonios Sohn, würde es den Leopardis vielleicht durchaus gelegen kommen, wenn sie es nicht mit Josh’ leiblicher Mutter, sondern mit seiner Pflegemutter zu tun hatten. Julie glaubte instinktiv zu wissen, dass sie alle Hebel in Bewegung setzen würden, um Josh ganz für sich zu vereinnahmen. Da nützte ihr auch Roccos Versicherung nichts, dass er und seine Brüder das Band zwischen Mutter und Sohn als unantastbar betrachteten, denn immerhin war sie nicht Josh’ Mutter.
Nachdem der Arzt, Rocco und Maria gegangen waren, beschloss Julie, Josh auszuziehen und auf eine gepolsterte Matte auf den Boden zu legen, damit er eine Weile, ungehindert von seinem dicken Windelpaket, frei strampeln konnte. Das liebte er besonders, und da es hier im Zimmer so schön warm war, war die Gelegenheit günstig.
Julie beugte sich über ihn und gab ihm einen Kuss auf den nackten Bauch. Josh winkte aufgeregt mit den Händen. Als er ihre Haare packte, lachte sie leise auf. Wie fröhlich er war! Und er war auf jeden Fall James’ Sohn, ganz bestimmt. Er musste einfach James’ Sohn sein.
„Du bist mein süßer Kleiner“, sagte sie. „Dein Daddy hätte dich ganz schrecklich lieb gehabt.“
„Wer dieser Daddy auch immer sein mag.“
Julie keuchte vor Schreck auf.
Sie hatte nicht mitbekommen, dass Rocco zurückgekehrt war und sie von der Schwelle zwischen Kinder- und Schlafzimmer aus beobachtete.
„Nur weil Sie sich auf den Gedanken versteift haben, dass ich mir Ihren Halbbruder als Josh’ Vater wünsche, muss es noch lange nicht stimmen, und es stimmt auch nicht. Ich wünsche mir nämlich nichts mehr, als dass Ihr Halbbruder nicht sein Vater ist“, erklärte sie leidenschaftlich.
„Sie lügen! Oder können Sie mir vielleicht verraten, was Sie sonst für einen Grund hatten, sich mit Antonio in Verbindung zu setzen und ihn von Ihrer Schwangerschaft zu informieren? Und das ist ja noch nicht alles. Immerhin haben Sie die 25.000 Euro eingesteckt, mit denen er sich freikaufen wollte. Wagen Sie es bloß nicht, das jetzt abzustreiten! Wir können es belegen, weil diese Summe von Antonios Bankkonto abgebucht wurde.“
Das gibt’s doch nicht, dachte Julie wie vor den Kopf geschlagen. Sollte Judy wirklich Geld von Antonio Leopardi genommen haben? 25.000 Euro? Davon hatte sie nie etwas erwähnt. Und falls ja, was hatte sie damit gemacht? Aber vielleicht stimmte das alles ja auch gar nicht. Judy hatte ihr nur erzählt, dass Antonio Leopardi angeblich von einer Schwangerschaft nichts wissen wollte, woraufhin sie kurzerhand beschlossen hatte, davon auszugehen, dass James der Vater war. Und der ahnungslose James war überglücklich gewesen.
„Sie halten es wohl für einen besonders schlauen Schachzug, sich als aufopfernde, liebende Mutter zu geben, was? So unendlich bescheiden und nur auf das Wohl Ihres Kindes bedacht.“
„Wer ist denn Ihrer Meinung nach eine gute Mutter? Eine, die in der Lage ist, ihrem Kind Designerkleider zu kaufen?“, schleuderte Julie ihm wütend entgegen.
„Ich finde, dass eine gute Mutter vor allem wissen sollte, wer der Vater ihres Kindes ist. Aber vielleicht wissen Sie es ja und sagen es nur nicht, weil Sie hoffen, auf diese Weise noch mehr Geld herausholen zu können. Aber damit kommen Sie nicht durch, das verspreche ich Ihnen.“
„Typisch für einen Mann wie Sie, alles nur unter finanziellen Gesichtspunkten zu betrachten. Aber glauben Sie mir, was ich mir für
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