Gefährliche Glut
war es ein Gefühl von Inbesitznahme und Liebkosung gleichermaßen, das sie in den Bann ihrer eigenen Sexualität schlug. Sie spürte seinen Atem auf ihrer Haut, als er sie näher an sich zog. Die Hand, die ihren Arm gehalten hatte, presste sich jetzt auf ihren Po. Atemlos lehnte sie sich an ihn und kostete es aus, seine andere Hand auf ihrer Brust zu spüren, ihre Schenkel an seinen. Warme, weiche Rundungen, die sich an harte männliche Muskeln schmiegten. Gegensätze, die sich anzogen, die füreinander gemacht zu sein schienen.
Hier an diesem unbekannten Ort war es nicht nötig, sich selbst zu beobachten oder gar zu kontrollieren. Sie brauchte sich keine Gedanken zu machen, wie man über sie urteilte oder ob sie sich gedemütigt fühlen sollte, so wie es ihr mit James passiert war. Sie war James dankbar gewesen für seine Liebe, aber gleichzeitig hatte sie gewusst, dass seine Leidenschaft sich mit ihrer nicht messen konnte. Deshalb war sie stets ängstlich bemüht gewesen, immer und unter allen Umständen das Gleichgewicht zwischen ihnen zu wahren.
Und hier hatte sie jetzt die Chance, sich von alten Verhaltensmustern zu lösen, um herauszufinden, was sie selbst wollte, ohne Gefahr zu laufen, einen anderen Menschen dabei zu verletzen.
Sein Mund war erfahren und allwissend. Das war Sexualität pur, ungefiltert und drängend, nichts und niemand anderem verpflichtet als sich selbst. Seine Zunge erstürmte die Barriere ihrer geschlossenen Lippen, während seine Hand ihre Brust liebkoste. Dieser doppelte Ansturm auf ihre Sinne bewirkte, dass sie dahinschmolz wie Butter in der Sonne. Sie hörte ihr eigenes verräterisches Keuchen … und spannte sich an, als Josh’ Schrei an ihr Ohr drang.
Schlagartig kehrte Julie in die Wirklichkeit zurück. Sie fuhren auseinander, und Rocco ließ von ihr ab.
Falls es da einen Sekundenbruchteil gegeben hatte, in dem sie einen bedauernden Blick getauscht hatten, so wollte sie es lieber nicht wissen.
„Ich habe zu tun. Wenn du irgendetwas für das Kind brauchst, wende dich an Maria“, sagte Rocco so distanziert, als ob nichts geschehen wäre.
Julie, die ihm den Rücken zuwandte, nickte nur, zum Zeichen, dass sie ihn gehört hatte. Sie wagte nicht einmal Luft zu holen, geschweige denn, sich umzudrehen, bevor sie sicher sein konnte, dass er das Zimmer verlassen hatte.
Mit zitternden Händen nahm sie Josh aus seinem Bett. Ihr war eiskalt, wahrscheinlich vor Entsetzen über ihr eigenes Verhalten. Was um alles in der Welt war bloß los mit ihr? Ihr war eben etwas so beängstigend Fremdartiges widerfahren, dass sie sich selbst nicht wiedererkannte.
Oder stimmte das gar nicht? War das vielleicht alles Ausdruck einer Wut gewesen, die sich in ihr aufgestaut hatte? Denn wütend war sie tatsächlich schon lange, das musste Julie zugeben: Auf Judy, auf sich selbst und sogar auf James. So wütend, dass die Wut auf Rocco Leopardi der Funke gewesen war, der eine befreiende Explosion ausgelöst hatte.
Nun, in seinen Augen war sie ein billiges Flittchen. Und ihr Verhalten eben würde ihn in seiner Meinung nur bestätigen …
6. KAPITEL
Julie war jetzt seit drei Tagen in Sizilien. Endlich hatte es aufgehört zu regnen.
Heute früh beim Aufwachen war der Himmel so klar gewesen, dass sie zum ersten Mal den schneebedeckten Gipfel des Ätna in seiner ganzen majestätischen Schönheit und ohne den Schleier aus Regen und Nebel hatte sehen können.
Während Josh seinen Mittagsschlaf gemacht hatte, war Julie durch die eleganten Wohnräume geschlendert und hatte sich dort umgeschaut, beeindruckt von all der Pracht. Der gemütlichste Salon – falls das Wort „gemütlich“ in diesem Zusammenhang überhaupt anwendbar war – war der Sala degli Arazzi mit seinen wertvollen seidenen Wandteppichen. Von dort aus kam man durch eine Doppeltür in die Bibliothek, wo in vom Boden bis zur Decke reichenden Regalen endlose Reihen in Leder gebundener Bücher standen. Die schweren Seidenvorhänge vor den Fenstern waren in Lyon gewebt worden, wie die Haushälterin ihr erzählt hatte, nach einem Muster, das sofort nach der Fertigstellung zerstört worden war, damit die Vorhänge auch wirklich Einzelstücke blieben.
An die Bibliothek schloss sich der chinesische Salon mit seinen Lackmöbeln an, dann kam die rechteckige ägyptische Halle, mit einem umlaufenden Balkon und vielen Nischen, die mit Marmorbüsten geschmückt waren. Jenseits davon befand sich ein großer quadratischer Raum mit Fresken aus dem späten
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