Gefährliche Intrigen
öffnete sich auch schon die Tür, und eine Horde Leute stürmte in ihr Schlafgemach. Emma erhob sich und kreuzte schützend die Hände vor der Brust. Liz hatte ihr am Vorabend ein Nachthemd aus weißem Leinen besorgt, in dem sie nun all diesen Menschen gegenüberstand. Roxana löste sich aus der Menge und kam auf Emma zu.
»Guten Morgen, meine Liebe! Ich bin Lady Torrington. Aber Ihr dürft mich gerne Roxana nennen. Logan hat gesagt, Ihr braucht eine neue Garderobe, solange Ihr unser Gast seid.«
Mit einer angedeuteten Verbeugung drehte sie sich um, und ein kleiner, schmalgebauter Südländer schritt mit einer Würde auf sie zu, die einem doppelt so großen Mann gerecht geworden wäre. Er trug sein dunkles Haar mit Pomade nach hinten gekämmt, und ein Spitzbart zierte sein Kinn.
»Ah, meine Teuerste. Es wird mir ein Vergnügen sein, Euch einige erlesene Kleidungsstücke auf Euren jungen Leib zu schneidern. Für heute habe ich auch eine Auswahl an bereits fertigen Kleidern mitgebracht, denn die neuen Kleider werden erst in einigen Tagen fertig sein. Fangen wir an! Avanti, avanti!«
Zwei Frauen, die über und über mit Stoffen und Kleidern beladen waren, eilten herbei und breiteten alles auf dem Bett aus. Emma hatte nun endlich die Sprache wiedergefunden.
»Vielen Dank, aber das wird nicht nötig sein. Ich beabsichtige so bald wie möglich abzureisen, und solange kann ich in diesem Zimmer bleiben. Da wird das, was ich habe, ausreichen.«
Emma versuchte, in ihrem Nachthemd selbstsicher aufzutreten, doch ein weiteres Mädchen nestelte bereits an den Bändern ihres Hemdes herum. Sie bekam Panik:
»Nein, ich will das nicht!«
Sie hatte nicht vor, sich hier vor aller Augen auskleiden zu lassen. Sie machte einen Satz über das Bett und hielt sich die Bettvorhänge schützend vor die Brust.
Im Nebenraum war Logan gerade bei seiner Morgentoilette, als er durch das aufgebrachte Stimmengewirr aus Emmas Zimmer gestört wurde. Schnell schlüpfte er in seine Hose, um nachzusehen, was da los war. Er musste sich durch eine Menschentraube zum Zentrum des Geschehens vorkämpfen. Dort erwartete ihn ein unglaubliches Bild: Emma stand, mit ihrem Nachttopf bewaffnet, auf dem Bett. Roxana und zwei weitere Frauen versuchten - abwechselnd drohend und beschwichtigend - auf sie einzureden. Und Maestro Guliano starrte fassungslos auf einen Haufen seiner kostbaren Kleider. Logans Erscheinen sorgte in dem Aufruhr sofort für Ruhe. Roxana kam erleichtert auf ihn zu.
»Gott sei Dank, was sollen wir mit ihr nur anfangen, sie weigert sich, auch nur eines der Kleider anzuprobieren!«
»Logan, ich sagte bereits, dass ich keine Kleider haben möchte, aber niemand hier hört mir zu!«
Emma war den Tränen nahe.
Mit einer herrischen Geste schickte Logan alle außer Roxana und dem Maestro aus dem Raum. Als die Tür sich hinter dem Letzten geschlossen hatte, kam er auf das Bett zu.
»Steigt endlich da herunter und stellt den Nachttopf dahin zurück, wo Ihr ihn hergenommen habt!«
Emma gehorchte. Ergeben setzte sie sich auf die Bettkante.
»Ihr werdet Euch jetzt von Guliano einkleiden lassen, und damit basta! Solltet Ihr Euch meiner Anweisung nicht fügen,« er senkte die Stimme, »werde ich dich mit Vergnügen eigenhändig ausziehen und in ein neues Kleid stecken! Haben wir uns verstanden?«
Emma, die die Herausforderung in seinem Blick sah, gab sich geschlagen.
»Na schön. Aber ich ziehe mich nicht vor so vielen Leuten aus!«
Roxana, die den geflüsterten Wortwechsel zwischen den beiden mitbekommen hatte, ging beschwichtigend auf Emma zu und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
»Aber Kindchen, wenn Ihr möchtet, werden nur ich und Guliano nötig sein, um Euch einzukleiden!«
Damit war alles gesagt, und der Schneider machte sich ans Werk.
Als Logan nachmittags erneut in Emmas Zimmer kam, sah er Emma vollkommen verwandelt. Roxana und Guliano sahen sehr zufrieden aus. Sein Schützling war in ein dunkelgrünes Kleid aus Seide gehüllt, das in mehreren Lagen über einen Reifrock gerafft war. Jede Lage war am Saum mit silberner Spitze unterfüttert. Der viereckige Halsausschnitt endete knapp oberhalb des Brustansatzes, sodass man Emmas verführerische Rundungen gut erahnen konnte. Die Ärmel waren - ganz der neuesten italienischen Mode entsprechend - weit geschnitten und vom Ellenbogen bis zu den Fingerspitzen geschlitzt. Ein grünes Halsband und Samtpantoffeln vervollständigten das Ensemble. Auch Liz hatte gute Arbeit geleistet. Emmas
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