Gefährliche Liebe unter dem Hakenkreuz (Junge Liebe) (German Edition)
Blick wurde traurig, als er an sein Zuhause dachte. Ihm fehlten seine Geschwister. Selbst den immer wiederkehrenden Streit mit Samuel vermisste er. Das Auto, das vor dem Haus parkte, und den Mann, der ausstieg, bemerkte er nicht. Die Klingel hörte er zwar, aber er registrierte sie kaum. Erst das Klopfen an der Zimmertür machte ihn aufmerksam. „Ja, bitte?“ Er drehte sich um und sah auf die Tür, als diese sich öffnete. „Heinrich! Schön, dass du kommst.“ Er strahlte ihn an. „Ich konnte nicht früher.“ Den Stich, den die strahlenden Augen des Jungen in seinem Magen verursachten, versuchte er zu ignorieren. Ich muss das schaffen!, maßregelte er sich. „Ist schon in Ordnung. Jetzt bist du ja da. Komm, setz dich.“ Richard deutete auf den Sessel und nahm selbst auf dem Bett Platz. „Weißt du, es ist schon ganz schön langweilig, wenn man so alleine ist. Ich fange sogar an, Samuel und unsere Streitereien zu vermissen.“ „Alleine sein ist nie gut.“ Heinrich setzte sich hin und schlug die Beine übereinander. „Was liest du da?“ Er deutete auf das Buch, das neben Richard auf dem Bett lag. „Tom Sawyer. Dein Onkel war so nett, mir einige Bücher zu leihen, damit mir die Zeit nicht ganz so lange wird.“ „Das habe ich auch mal gelesen. Aber ich bin kein solcher Büchernarr. Es macht mir keinen Spaß zu lesen.“ „Ich kann es stundenlang tun. Allerdings - im Moment wird es selbst mir zu viel.“ Er lächelte Heinrich an. „Das kann ich mir vorstellen. Du brauchst etwas Abwechslung. Wie wäre es, wenn ...“ Das Öffnen der Tür unterbrach ihn. Beide schauten auf den Türspalt und sahen nichts. Richards Blick wanderte nach unten und er erblickte den weißen Labrador, der freudig wedelnd in das Zimmer kam und direkt auf Heinrich zusteuerte. „Hallo, meine Süße. Hast du mich gehört?“ Er legte dem Tier die Stirn auf den Kopf und kraulte es mit beiden Händen. „Wo hast du denn den schwarzen Teufel gelassen?“ Sie gab ihm einen leisen Belllaut zur Antwort. „Sie redet mit dir?“ Richard sah erstaunt auf Mensch und Tier. „Ja, wir unterhalten uns.“ Heinrich hob den Kopf an und blickte zu ihm hinüber, während er weiterhin den Hund streichelte. „Aber es ist wie mit den Menschen. Man versteht die Antwort nicht immer.“ Er zwinkerte ihm zu. Bonnie machte sich von der Liebkosung frei und ging zu Richard. Interessiert beschnupperte sie die Krücken, die neben ihm an dem Bett lehnten. „Oh nein, nicht schon wieder.“ Lachend hob dieser die Gehhilfen an und legte sie auf die Matratze. Dann fuhr er mit der Hand über den Hundekopf. „Sie mag dich.“ „Ich sie auch, wenn sie mir meine Krücken lässt.“ Der Hund stimmte mit Bellen in ihr Lachen ein. „Heinrich, kannst du tanzen?“ „Ja, kann ich. Warum?“ „Ich würde wenigstens gerne mal sehen, wie das funktioniert. Meinst du, du könntest es mir zeigen?“ „Lass mich überlegen.“ Er stand auf und schritt langsam durch den Raum, die Hände in den Hosentaschen und die Stirn leicht in Falten gelegt. „Mangels Partnerin könnte das schwierig werden.“ Sein Blick fiel auf die Krücken. „Aber ich glaube, da lässt sich was machen. Warte, ich bin gleich wieder da.“ „Was hat er jetzt vor?“ Richard und Bonnie blickten ihm hinterher. Es dauerte einen kurzen Moment, dann kam Heinrich zurück. „Komm mit. Meine Tante ist heute nicht im Haus. Wir können ins Wohnzimmer gehen. Ach, und nimm mal dein Nachthemd mit.“ „Mein Nachthemd?“ „Ja. Auf, jetzt komm.“ Ohne eine weitere Erklärung verließ er den Raum. Richard legte sich sein Nachtgewand über die Schulter, griff nach den Krücken und folgte ihm. Bonnie im Schlepptau. „Komm, hier lang.“ Heinrich führte ihn durch den Flur und öffnete eine doppelseitige Flügeltür. Ein großer, lichtdurchfluteter Raum erstreckte sich dahinter. Eine Wand war über die komplette Länge mit Regalen bestückt, die über und über angefüllt waren mit Büchern. Eine große, gemütliche Ansammlung von Sesseln und Couchs lud zum Bleiben ein. „Das ist ja unglaublich.“ Richard humpelte durch den Raum und blieb beeindruckt vor der Bücherwand stehen. „Das muss ein Vermögen wert sein.“ „Komm, setz dich und gib mir eine von deinen Krücken.“ Er deutete auf einen Sessel und nahm Richard das Nachthemd von der Schulter. Dann ging er an das halbhohe Regal, auf dem ein Grammophon stand. Daneben ein Stapel Schellackplatten. Heinrich durchsuchte die Platten und zog eine heraus.
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