Gefährliche Liebe unter dem Hakenkreuz (Junge Liebe) (German Edition)
sein Gegenüber an. „Du verstehst nicht.“ Heinrich sah ihn betreten an. „Ich werde da sein, aber offiziell. Das heißt: in Uniform und mit Begleitung. Ich weiß es selbst erst seit heute morgen.“ „Dann ...“ Richard sah in verwundert an. Er hatte vollkommen vergessen, dass sein Freund zur SA gehörte. „Dann werden wir uns zwar sehen, aber nicht miteinander sprechen können?“ „Genau. Es tut mir leid, Richard. Ehrlich.“ Mit einem Mal war Heinrich schlecht. Er fühlte sich miserabel. Eilig verabschiedete er sich und machte sich auf den Rückweg.
***
„Ach, schau einer an. Der Herr von Wiesbach beehrt uns auch mal wieder!“ Siegfried, so sein Spitzname, warf Heinrich einen kampflustigen Blick zu. Heinrich konnte diesen Typen nicht leiden, ja er hasste ihn geradezu. Es war schon schlimm genug für ihn, dass er den Abend auf dem Fest mit seinen sogenannten Kameraden verbringen musste. Es allerdings auch noch in Gegenwart dieses Subjekts zu tun, war fast die Grenze des Erträglichen. Er wusste nicht, wie Siegfried wirklich hieß, aber es war ihm auch egal. Dieser Mensch trug seine arische Abstammung und sein Deutschtum wie ein Wappenschild vor sich her. Er war arrogant und hochnäsig. Die blonden Haare waren kurz geschoren und die wässrig blauen Augen mit einem hinterlistigen Ausdruck, der jeden vorsichtig werden ließ. Heinrich hätte sich gerne um diesen Abend gedrückt, aber sein Vorgesetzter hatte ihm zu verstehen gegeben, dass er sich nicht ständig von seinem Dienst freikaufen konnte. In den letzten Wochen hatte er alle Mühe gehabt, wenigstens für einen kurzen Abstecher bei den Rosenbergs vorbeizuschauen. Er fühlte sich in der Gegenwart dieser Familie zehnmal wohler als bei den gemeinsamen Unternehmungen innerhalb der SA. „Was ist von Wiesbach? Bist du dir heute zu fein, um mit einem normalen Mitbürger zu sprechen?!“ Siegfrieds Augen blitzten angriffslustig auf. „Nein, entschuldige. Ich war mit den Gedanken woanders. Wie sieht es aus? Können wir los?“ Er sah sich im Kreis seiner Kameraden um. Alle waren in Uniform und herausgeputzt, um möglichst viel Eindruck zu machen. Sie nickten einander zu und machten sich auf den Weg. Es war schon fast dunkel, als sie den Festplatz erreichten. Die Stimmung war ausgelassen. Die Musik spielte und vereinzelte Pärchen tanzten. Der Platz war von Lampions erleuchtet. „Leute, ihr wisst Bescheid. Wir vertreten die Partei, also benehmt euch!“ Der Chef sah seine Truppe streng an, um gleich in einen freundlichen Gesichtsausdruck zu wechseln. „Was uns allerdings nicht an einem oder zwei guten Gläsern Wein hindern sollte.“ Ein schelmischer Ausdruck huschte über das Gesicht des Mannes. „Komm, von Wiesbach, du kannst mir mal dabei helfen, etwas zu trinken zu besorgen.“ Er nickte Heinrich zu. Der mochte seinen Vorgesetzten auf eine gewisse Art und Weise. Er ließ sich nicht auf der Nase herumtanzen, blieb aber in seinen Entscheidungen und Urteilen immer fair. Wenn man gute Arbeit leistete, dann war er auch gerne bereit, den Männern bei Extrawünschen entgegenzukommen. „Lass uns hier den Wein holen.“ Er blieb vor einem Stand stehen und betrachtete die einzelnen Flaschen. „Was sollen wir nehmen?“ „Berliner Weiße mit Schuss“, brummte Heinrich. „Von Wiesbach, du bist und bleibst ein unverbesserlicher Berliner.“ Er lachte seinen Untergebenen an und entschied sich dann für einen tro ckenen Wein, nicht ohne diesen vorher zu kosten. „Hier, du Banause, nimm du die beiden Flaschen und ich nehme die Gläser.“ Er drückte ihm die Weinflaschen in die Hand und machte sich auf den Weg zurück. Missmutig folgte Heinrich ihm. Eine Stimme, die ihm bekannt war, ließ ihn aufhorchen. Er sah sich um und erkannte Silke, die mit anderen Frauen in ihrem Alter zusammenstand. Sie trug ein geblümtes Kleid und ihr Gesicht strahlte, als sie seinen Blick erwiderte. Fast unmerklich nickten die beiden sich zu. Kurze Zeit später entdeckte er auch Richard. Dieser saß auf einer Bank, die Krücken gegen den Tisch gelehnt. Wie er es wohl hierher geschafft hat?, überlegte Heinrich. Der Festplatz war ein gutes Stück von seinem Elternhaus entfernt. Er betrachtete das junge Mädchen, das neben Richard auf der Bank saß. Es musste Judith sein. Sein Freund hatte sie ihm mehrfach beschrieben. Anscheinend war er Hals über Kopf in sie verschossen und es hatte den Anschein, als ob sie seine Gefühle erwiderte. Sie steckten vertraut die Köpfe zusammen und
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