Gefährliche Liebe unter dem Hakenkreuz (Junge Liebe) (German Edition)
fertiggebracht, mich in den Teppichläufer vom Flur einzuwickeln und in die Ecke zu stellen, damit ich sie nicht weiter stören konnte. Ich bin am Anfang fast geplatzt vor Wut. Du stehst wie eine lebende Mumie an die Wand gelehnt und kannst dich nicht wehren.“ „Aber auch nicht umfallen.“ Heinrich sah ihn belustigt an. Vor seinem geistigen Auge spielte sich die Szene ab. „Das Gleiche hat Samuel damals auch zu mir gesagt. Es wäre nur zu meinem persönlichen Schutz. Was die beiden allerdings nicht bedacht hatten, war die Tatsache, dass ein kleiner Junge auch mal auf die Toilette muss. Du glaubst gar nicht, was sie alles angestellt haben, um den Fleck später wieder aus dem Läufer zu bekommen. Mutter hätte sie auf der Stelle aus dem Haus geworfen, wenn sie herausbekommen hätte, was sie mit mir gemacht haben.“ Er lächelte schief bei der Erinnerung daran, wie er, ohne Hosen, mit seinem blanken Kinderpopo auf den Holzstufen der Treppe gesessen hatte und seinen Geschwistern dabei zusah, wie diese sich abmühten, die Spuren und den Geruch zu beseitigen. „Bei euch war wohl ständig was los?“ „Ja, einer von uns hatte fast immer einen oder mehrere Freunde da. Meine Mutter hat sich nie daran gestört. Sie ist selbst in einer großen Familie aufgewachsen. Sie hat unsere Freunde immer willkommen geheißen.“ Richard nahm einen Schluck aus seinem Glas und sah Heinrich an. Das Licht der Sonnenstrahlen, die durch die Blätter der Bäume auf ihn fielen, malten bizarre Muster auf dessen nackten Oberkörper. Seine warmen, grünen Augen leuchteten und ein Lächeln umspielte seinen Mund. „Komm her.“ Heinrich stellte sein Glas neben sich auf den Boden und zog ihn vor sich. Richard lehnte den Kopf an Heinrichs Schulter und schloss die Augen. Die dunklen Gedanken schienen vertrieben zu sein. „Ich hatte nie die Chance gehabt so aufzuwachsen.“ Heinrich legte den Arm um Richards Oberkörper und fuhr mit dem Finger sanft über dessen Oberarm, als er weiterredete. „Mein Kindermädchen hat ständig darauf geachtet, dass mir nichts passiert. Strenge Anweisung meiner Mutter. Egal, ob ich in meinem Zimmer gespielt habe oder ob sie mit mir in den Park gegangen ist. Immer war sie um mich herum und passte auf, dass mir nichts geschah. Es war eine in Watte gepackte Kindheit. Wenn ich mir dann wirklich mal das Knie angeschlagen hatte, war das eine mittelgroße Katastrophe. Etliche Arztbesuche und Bettruhe waren die Folge.“ „Klingt nach dauereingewickelt in einen Läufer.“ „Ja, so in der Richtung. Nur dass ich ohne Probleme auf die Toilette konnte.“ Sie lachten beide. „Was war mit deinem Vater?“, fuhr Heinrich fort, als sie sich beruhigt hatten. „Ich habe nicht viele Erinnerungen an ihn. Ich war zu klein, als er gestorben ist. Er hatte eine dunkle Stimme und konnte sehr gut Geschichten erzählen. Im Winter haben wir oft im Wohnzimmer gesessen und ihm zugehört. Ich durfte dabei jedes Mal auf seinem Schoß sitzen. Selbst Samuel war fasziniert und hat gelauscht.“ Richard hielt inne in seiner Erzählung und überlegte einen Moment. „Das einzige, was ich noch weiß, ist, dass er in meiner Erinnerung riesengroß war und Bärenkräfte besaß. Als er gestorben ist, hat Samuel seine Stelle übernommen. Er war der Meinung, dass er sich ab sofort um die Belange der Familie kümmern und mir und Silke vorschreiben müsste, was wir tun sollen.“ „So, wie mein Vater. Er ist heute noch der Meinung, dass er die Richtung vorgibt.“ „Warum sagst du ihm nicht, was du willst?“ „Weil ich es selbst nicht weiß.“ Heinrich griff nach seinem Glas und betrachtete den Inhalt. „Ich habe mir nie große Gedanken um meine Zukunft gemacht. Wenn du in dem Bewusstsein groß wirst, dass immer genügend Geld da ist, ist das kaum dein vorrangigster Gedanke. Die Schule habe ich mehr schlecht als recht beendet. Dann folgte planloses Herumstudieren. Ich habe sogar ein paar Semester Medizin gemacht, nachdem ich von einem längeren Besuch bei Onkel Friedrich zurückgekommen war.“ „Du warst schon mal hier?“ Richard setzte sich auf und sah ihn erstaunt an. „Ja, das ist ein paar Jahre her. Ich war für drei Wochen bei ihm zu Besuch gewesen. Kurz nachdem ich mal wieder ein Studium geschmissen hatte. Aber auch die Medizin konnte mich nicht auf Dauer fesseln.“ „Gib es denn nichts, was dich interessieren würde?“ „Doch. Mich hat die Fotografie schon immer angezogen, aber mein alter Herr war der Meinung, dass das nichts für
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