Gefaehrliche Maskerade einer Lady
Das ist ein Geschenk des Himmels.“ Ihre warmen braunen Augen glänzten feucht.
„Aber ich“, Ayisha schluckte schwer.
„Es geht nicht allein um dich, du hast eine Verantwortung gegenüber dieser alten Dame. Sie hat ihren Ehemann verloren und ihren einzigen Sohn und nun, wo sie ihren Lebensabend einsam und ohne Hoffnung verbringt, bekommt sie eine verstorben geglaubte Enkeltochter zurück. Das ist ein Geschenk Allahs. Das darfst du ihr nicht verweigern.“
„Aber wir beide wissen doch, dass ich nicht diejenige bin, die sie sich wünscht. Du bist meine Familie, Laila. Du und Ali.“
Laila schüttelte den Kopf und nahm Ayishas Gesicht in beide Hände. „Hör auf mich, Tochter meines Herzens. Was für eine Zukunft erwartet dich hier, wo du dich in Männerkleider hüllen musst, um dich vor den Menschen zu verbergen, die dir Böses antun wollen ? Wie willst du jemals heiraten und Kinder bekommen?“
„Vielleicht will ich gar nicht heiraten.“
Laila sah sie an. Ihre Augen blitzten fürsorglich und weise. „Du willst, Kind. Eines Tages wirst du einem starken, gut aussehenden Mann begegnen, der dein Herz höher schlagen lässt.“ Sie schlug mit der Faust gegen ihre Brust. „Deine Knie werden ganz weich werden und dein Körper von einer ungeahnten Hitze durchflutet. Ah, ich sehe, du wirst rot! Vielleicht hast du ihn ja schon getroffen, vielleicht ist es ja dieser Engländer.“
Ayisha fiel ihr hitzig ins Wort. „Nein, deine törichten Worte lassen mich erröten. Mein Körper wird von einer ungeahnten Hitze durchflutet! Das ich nicht lache!“ Dennoch spürte sie, wie ihre Wangen heiß wurden vor Scham. Und wenn schon? Zugegeben, der Engländer war schön anzusehen, aber das war auch schon alles.
Laila kicherte. „Ach Kind, solange du noch keinen starken Mann zwischen deinen Schenkeln gespürt hast, der sich in deinen Schoß stößt und seinen heißen Samen in dich ergießt, kannst du nicht behaupten, ich sei töricht.“
Ayisha sah ihre Freundin an. Ihr Mund wurde trocken. Bei Lailas Worten entstand ein Bild vor ihrem inneren Auge. Laila war immer sehr direkt.
„Jetzt bist du tatsächlich rot geworden und ich auch.“ Laila lachte
herzlich und schlang die Arme um Ayisha. „Es ist so lange her, dass ich einen Mann in meinem Bett hatte. Ich vergesse meine Manieren.“ „Ist es denn wirklich so zwischen Mann und Frau? So“, Ayisha suchte nach dem passenden Wort, „so herrlich?“
Laila seufzte sehnsüchtig. „Mit meinem Mann war es immer wunderbar. Von anderen Frauen weiß ich, dass es mit ihren Männern nicht immer schön und angenehm ist, aber er war verrückt nach mir und ich nach ihm. Und wenn er nachts zu mir kam, war er wie ein feuriger Hengst.“ Ihre Augen glänzten selig.
„Aber er hat dich verstoßen“, erwiderte Ayisha erstaunt.
Sofort wich der Glanz aus Lailas Augen. „Ich dachte, er würde mich lieben und vielleicht hat er es auch ein bisschen getan.“ Sie machte eine hilflose Geste. „Aber es war nicht genug. In jeder Ehe geht es um Besitz und um Kinder. Ich konnte ihm keine schenken, und meine Familie ist arm. Also hat er sich eine andere Frau genommen. “ Sie seufzte wehmütig. „Sie hat ein Stück Land in die Ehe mitgebracht und ihm Söhne geschenkt. Gewiss war er auch bei ihr sehr feurig.“ Ayisha schüttelte den Kopf. Das also war der Lohn für fünfzehn Jahren hingebungsvoller Liebe zu einem Ehemann. Laila war verstoßen und der Gnade und Barmherzigkeit ihres nichtsnutzigen Bruders ausgeliefert.
Das passierte Frauen, die ihr Leben einem Mann anvertrauten. So war es ihrer Mutter ergangen und auch Laila. Diesen Fehler würde Ayisha niemals begehen.
„Denkst du noch oft an ihn?“, fragte sie.
Laila schüttelte den Kopf. „Nein. Nur manchmal wache ich nachts ruhelos auf und sehne mich nach einem feurigen Mann in meinem Bett.“
Sie sah Ayisha an und schmunzelte. „Du solltest dein Gesicht sehen! Ich habe dich schockiert. Eine alte Frau wie ich redet nicht über solche Dinge, ich sollte mich schämen. Komm, wir wollen backen. Es ist höchste Zeit.“
„Fünfunddreißig Jahre ist doch kein Alter“, entgegnete Ayisha. „Für mich schon, da ich nur noch meine Erinnerungen habe.“ Laila seufzte. „Ich werde den Rest meines Lebens alleine schlafen, weil Allah mich unfruchtbar gemacht hat. Kein Mann will eine unfruchtbare Frau heiraten! Aber du, Ayisha, darfst dich nicht für ein solches Leben entscheiden und dich ewig als Mann verkleiden.“ Sie schwieg eine Weile.
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