Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
ist, dass ich auch allein gehen kann. Ich begreife nur, dass ich meinen Rucksack auf dem Rücken trage und die Akte in meiner Hand umklammere. Niemand hat mir diese Dinge abgenommen.
Als wir die nächste Ecke erreichen, bleibe ich stehen und täusche einen Schwächeanfall vor. Jonathons Wagen steht am Kantstein, die Tür ist bereits offen, ein fremder Mann sitzt am Steuer. Jonathon lässt meinen Arm nicht los. Er ist mir nah genug, dass ich seine ungewaschene Haut riechen kann. Sie riecht nachunserem Bett zu Hause, das ich bis zu diesem Moment völlig vergessen hatte. Wir sind Mann und Frau. Wir sind uns vollkommen fremd. Wir sind Feinde. Hat er überhaupt schon mit mir gesprochen? Ich kann mich nicht daran erinnern, ihn in der Bank gehört zu haben. Vielleicht habe ich es auch nur verdrängt. Nein, nein, er hat etwas gesagt. Jetzt erinnere ich mich. »Es geht ihr nicht gut. Sie hat ihre Medikamente nicht dabei. Ich bitte um Verzeihung.«
Jonathon und Erika hatten einen Blick gewechselt. Ich habe es durch meinen Pony gesehen. Erika könnte bezeugen, wie verrückt ich bin. Ich warf das Haar aus meinem Gesicht und wechselte selbst einen sorgenvollen Blick mit Erika, der besagen sollte, ich bin eine Premiumkundin und ich werde Ihre Unterstützung brauchen. Ein Blick, da bin ich mir sicher, sagt viel mehr als Worte.
Draußen auf dem Bürgersteig zischt Jonathon durch zusammengepresste Zähne: »Gib mir die Akte, Cee.«
Ich presse sie gegen meine Brust.
»Du musst jetzt in den Wagen steigen.«
»Okay«, sage ich.
Ich werde ganz sicher nicht mit jemandem in ein Auto steigen, den ich nicht kenne, selbst wenn dieser jemand zufällig mein Mann ist.
Ich spreizte meine Beine etwas, um sicher zu stehen, die Knie leicht gebeugt.
»Bist du bereit?«, fragt er.
»Ja. Das bin ich tatsächlich.«
Hart ramme ich ihm meinen Ellbogen in den Magen und er sinkt stöhnend vornüber.
Ich stürme über die Straße und entkomme nur knapp der Straßenbahn, die lang und durchdringend klingelt und damit die Aufmerksamkeit aller Umstehenden auf Jonathon lenkt, der sich in seinem Trenchcoat krümmt.
Ich bleibe kurz stehen und schiebe die Akte in meinen Rucksack. Zwischen den einzelnen Wagen der Straßenbahn hindurch sehe ich, wie der fremde Mann aus dem Wagen springt und Jonathon zu Hilfe eilt. Jonathon bleibt vornübergebeugt stehen, die Hände auf den Knien, während sich mehr und mehr Leute um ihn versammeln. Als die Bahn vorbei ist, sehe ich ihn von der anderen Seite der Straße. Meinen Schal habe ich sorgfältig um den Hals gebunden.
Jonathon und der andere Mann nehmen meine Verfolgung auf.
Ich fliehe, denn ich weiß, es ist meine allerletzte Chance.
35
In dieser Nacht schlafe ich kaum. Ich bin immer noch unsicher, was ich als Nächstes tun soll, habe immer noch das Gefühl, wo immer ich auch hingehe, Jonathon wird mich finden. Ohne einen hieb- und stichfesten Plan, was zu unternehmen ist, kann ich Oliver nicht aus Seths sicherem Haus holen. Ich bin reicher als in meinen wildesten Träumen, aber es ist nicht so einfach, mir meinen Weg zurück nach Portland zu erkaufen. Soviel ich weiß, besteht ein Haftbefehl gegen mich.
Den Rucksack lege ich griffbereit neben mich. Am nächsten Morgen ist von Jonathon nichts zu sehen. Ich lasse das Frühstück aus und fahre mit dem Zug zum nächsten Internetcafé.
Eine E-Mail von Willow …
Ich habe versucht, nicht zu lesen, was er geschrieben hat, aber dann hat mich doch die Neugier übermannt. Celia. Sie Glückspilz. I ch freue mich auf den Tag, wenn wir zusammen einen Kaffee trinken und Sie mir erzählen können, mit welchen Hexenkräften Sie arbeiten, damit ich auch ein paar von den Zaubersprüchen lernen kann.
Was haben Sie in der Zwischenzeit herausgefunden? SchreibenSie das alles eigentlich auf? Sie sollten es tun. Eines Tages könnte ein Bestseller daraus werden.
Hier gibt es nichts Neues. Benicio habe ich den ganzen Tag noch nicht gesehen. Er hat nicht geantwortet, als ich ihm am Morgen sein Frühstück gebracht habe. Ich nehme an, er ist genauso erschöpft wie Sie es waren, als ich Sie das erste Mal gesehen habe. Ich werde später noch einmal nach ihm sehen.
Liebe Grüße
Willow
Eine von Oliver …
Dad hat endlich aufgehört, mir SMS zu schicken. Seth und ich sind vor ein paar Stunden nach Hause gekommen. Er hat mich den ganzen Tag im Laden Bücher einsortieren lassen! Aber es hat mir nichts ausgemacht. Sein Laden ist schon toll. Es ist ein altes Haus, ein bisschen wie
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