Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefährliche Praxis

Gefährliche Praxis

Titel: Gefährliche Praxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
Vom Netzwerk:
davon, ein eigenes Büro zu haben, nicht einmal pro Nase eine Schublade besitzt, in die man seine persönlichen Dinge legen könnte? Er sagte: ›Aber vierundzwanzig Stunden nach dem letzten Examen müssen die IBM-Maschinen anfangen, die Zeugnisse auszudrucken‹. Die IBM-Maschinen. Wieso? Ich frage Sie, wieso? Aber wenigstens ist mir dabei klar geworden, für wen das College betrieben wird. Natürlich nicht für die Studenten oder für die Fakultät, das weiß man längst – schließlich ist das hier nicht Oxford oder Cambridge. Ich war der Meinung, es würde für die Verwaltung betrieben oder für die Campus-Organisation. Aber nein! Es wird für die IBM-Maschinen betrieben. Wissen Sie, als ich all diese scheußlichen kleinen Karteikarten mit den Zeugnisnoten für die IBM-Maschine ausfüllte, mit diesem widerspenstigen kleinen Stift, den man dafür zu benutzen hat, was glauben Sie, was dieser kleine kybernetische Bastard daraus gemacht hat…«
    »Das ist noch gar nichts. Ich erhielt kürzlich einen dieser Eignungstests – so etwas machen diese Maschinen auch –, und dieser idiotische Studienberater hat doch…« Kate schob sich langsam in Richtung auf Frederick Sparks, sie wollte nicht den Eindruck erwecken, daß sie ihm nachstieg. Lillian hatte ihr gezeigt, wo er saß. Er saß zurückgelehnt in seinem Sessel und ließ seinen Blick mit der freundlichen Überlegenheit eines Mannes durch den Raum schweifen, der erfolgreich aus dem Gerangel um Festanstellung hervorgegangen war und noch nicht wußte, was er sich dafür eingehandelt hatte.
    Kate setzte sich in den Sessel neben ihm, da die meisten Leute, um ihre Pointen besser anbringen zu können, standen. Sie bat ihn mit einem bedauerlichen Mangel an Originalität um ein Streichholz. Er zog ein elegantes Feuerzeug hervor und zündete ihr mit Schwung die Zigarette an.
    »Sind Sie eine Freundin von Herold?« fragte er. Aber offenbar nahm er das schon als Faktum, denn er fragte sie gleich weiter, ob und wo sie unterrichte. Kate erzählte es ihm. Er bekannte seinen Neid. Kate, ein wenig unredlich, fragte ihn, warum sie zu beneiden sei. »Ich nenne Ihnen ein Beispiel«, sagte er und drehte sich in seinem Sessel zu ihr herum. »Wie viele Mitteilungen aus dem Vervielfältigungsapparat sind in diesem Semester bisher auf Ihrem Schreibtisch gelandet?«
    »Vervielfältigte Mitteilungen? Also, ich weiß nicht. Vier oder fünf, nehme ich an, vielleicht mehr. Ankündigungen von Abteilungsversammlungen und ähnliches. Warum fragen Sie?«
    »Weil es bei mir bis jetzt Hunderte, wenn nicht Tausende waren, und so geht es jedem. Nicht nur Ankündigungen von Ausschußsitzungen, wo alle denkbaren und undenkbaren Probleme dieser Erde diskutiert werden sollen, sondern auch Erlasse der Verwaltung: Alle Studenten, die Shorts oder Blue Jeans tragen, müssen gemeldet werden; die Fakultät wird daran erinnert, daß das Rauchen auf den Treppen nicht gestattet ist (das ist natürlich eine ganz köstliche Vorschrift, denn nehmen wir einmal an, ein weibliches und ein männliches Fakultätsmitglied wollen sich fünf Minuten unterhalten, und beide sind zufällig Raucher, dann müssen sie sich entweder in den Aufenthaltsraum der Fakultät zurückziehen – ein Nest für politische Intrigen aller Art und steht zudem dauernd Studenten für alle möglichen Aktivitäten zur Verfügung –, oder einer von den beiden kann sich dem Transvestitentum hingeben und sich auf die Herren- beziehungsweise Damentoilette begeben, je nachdem, denn dort ist das Rauchen erlaubt, oder sie können auf der Treppe rauchen, und genau das tun sie dann auch). Oder es wird eine Mitteilung herausgegeben, daß der Bleistiftspitzer ins Zimmer 804 verbracht worden ist (wenn nicht gar in ein anderes Gebäude). Oder es kommt eine Ankündigung, daß ab sofort die Abfälle nachmittags zwischen eins und fünf aus dem Hof, direkt unter den Fenstern der Klassenräume, abgeholt werden. Die Verwaltung ist sich bewußt, daß das jeden Lehrbetrieb praktisch unmöglich macht (haben Sie jemals den Krach eines Müllautos aus der Nähe gehört?), aber die Fakultät muß lernen, wo die wahrhaft wichtigen Probleme beim Führen eines Colleges liegen. Einmal kam mir eine vervielfältigte Monstrosität auf den Tisch, die mich zu einer Diskussion über die Frage einlud, wie man der Fakultät mehr Zeit für eigenständiges Arbeiten verschaffen könne. Ich habe zurückgeschrieben, mir erschiene es als die beste Methode, keine Sitzungen anzuberaumen, auf

Weitere Kostenlose Bücher