Gefaehrliche Schatten
glitschig, und Noah schaffte es, sich herauszuwinden.
Mit einem Platsch! fiel Noah auf den Boden. Er rollte sich hinter einem der Felsen zusammen und hielt lauschend den Atem an, während der Mann und der Junge an ihm vorbei- und die Stufen hinabgingen.
Langsam stieß Noah die Luft aus und murmelte: «Danke, Frosty.» Dann lehnte er sich mit dem Rücken an die Felsen und blickte über das Gehege auf der Suche nach einem Fluchtweg.
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34. Kapitel
Rostlaube und Rosinante
M egan konnte nicht glauben, was ihr das Fernglas da zeigte. Im Eisbärengehege hatte sich ihr Bruder gerade aus einer niedrigen Felsmauer herausgequetscht, nachdem er von einem Bären nassgespritzt worden war. Nun kroch er auf dem Boden herum wie ein Soldat und verbarg sich immer wieder hinter den Felsen und Steinen.
Sie lehnte sich aus dem Fenster des Baumhauses, um besser sehen zu können, und stellte die Gläser noch schärfer. «Das kann doch wohl nicht wahr sein …»
Noah lief den langsam abfallenden Graben hinab. Dort tastete er mit den Fingern die Betonwand ab – offenbar in der Hoffung, einen Ausgang zu finden.
«Komm schon, Noah», flüsterte Megan. «Mach, dass du da rauskommst!»
Noah lief durch den Graben und verschwand auf der anderen Seite des Geheges außer Sicht. Megan riss das Fernglas herum. Innerhalb der Linsen machte die vergrößerte Welt einen Sprung.
«Komm schon, komm schon, komm schon … Wo bist du?»
Sie bekam Noah wieder in ihren Fokus, diesmal in einem anderen Teil des Grabens. Immer noch gebückt lief er zwischen den großen Felsen hindurch und blickte sich um. Er suchte jetzt fieberhafter und sah verwirrt aus.
Es gibt keinen Ausgang , dachte Megan. Er ist eingesperrt!
Noah umrundete einen Felsen zu schnell und stolperte dabei über den Rand des Beckens. Er fiel ins Wasser und versank in Megans stiller Fernglaswelt ohne hörbares Platschen. Ein paar Wellen liefen über die Stelle, wo Noah gerade verschwunden war. Ihr Bruder war weg … einfach weg.
«Nein!», schrie Megan.
Mit klopfendem Herzen sprang sie auf die Rutsche. Unten hastete sie durch den Garten und polterte viel zu laut durch die Hintertür. In der Küche fuhren Richie und Ella erschrocken herum.
«Was ist los?», fragte Ella.
«Wir müssen los! Jetzt sofort!»
«Pssst», meinte Ella. «Weck unsere Eltern nicht auf. Was ist pas…»
«Es geht um Noah!» Megan zwang sich zu einem Flüstern. «Er ist im Polarbecken eingesperrt!»
Ella schlug sich die Hand vor den Mund, und Richie sprang auf. Klirrend fiel sein Löffel in die Müslischale. Ohne ein weiteres Wort schnappten sich die Scouts Jacken und Mützen und hasteten zur Garage. Megan drückte den Knopf, um die große Pforte zu öffnen.
«Wir nehmen die Fahrräder», befahl sie.
Sie stürmten in die vollgestopfte Garage, fanden aber nur Megans Fahrrad.
«Noah hat seins genommen», sagte Megan.
Sie packte ihr rosa Rad und schob es Richie zu. «Hier.»
Er starrte das Fahrrad an.
«Rosinante?», fragte er. So nannte Megan ihr Fahrrad.
«Nimm es!»
Richie stieg auf und steuerte auf die Auffahrt. Megan ging in eine Ecke der Garage und zerrte Noahs Mini-Moped heraus. Es war ein altes, heruntergekommenes Ding, das aus der Kindheit ihres Vaters stammte und aussah, als hätte man einen Rasenmähermotor mit einem Sattel und zwei Rädern verbunden. Auch dieses Fahrzeug hatte einen Namen: Rostlaube. Es war laut, schlecht zu steuern und spuckte übelriechende Abgase aus. Aber seine Höchstgeschwindigkeit lag bei 50 Stundenkilometern, und es hatte Platz für zwei Personen.
Megan drehte sich zu Ella um. «Nimm dir einen der Helme und steig auf!»
Ella riss die Augen auf, schnappte sich den Helm und stopfte ihre Ohrenschützer in die Jackentasche. Sie schwang ein Bein über das Mini-Moped und setzte sich hinter ihre Freundin. «Junge, Junge», meinte sie.
«Richie, fahr uns hinterher.»
Megan drückte auf den Anlasser. Das Mini-Moped grollte und zischte und spuckte eine Wolke öliger Abgase aus. Dann drehte Megan am Gas, schoss die Auffahrt hoch und auf die Straße hinaus.
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35. Kapitel
Tief unten im Eisbärenpool
N oahs vollgesogene Kleidung zog ihn immer weiter nach unten. Vor ihm verlief der Glastunnel durch das Becken. Sein gewölbtes Dach lag etwa eineinhalb Meter unter der Wasseroberfläche, während der Boden direkt auf dem Untergrund aufsetzte. Durch das Glas sah Noah auf die Rücken der Jungen und des Mannes. Sie sahen nicht in
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