Gefaehrliche Sehnsucht
dir gefällt oder nicht!«, schrie Ysandre zurück. »Und als Erstes schalte ich die Konkurrenz aus!«
Oliver machte einen Satz über den Tisch. Er schlug sie so heftig, dass sie bis zur Tür flog, diese aus den Angeln riss und samt der Tür noch sechs Meter durch den marmornen Flur rutschte, bevor sie liegen blieb. Sie bewegte sich noch, doch Oliver schnippte mit den Fingern und winkte die Wachen in Ysandres Richtung.
»Nein«, sagte er. »Du bist am Ende. Amelie hatte recht: Du bist zu dumm, als dass man dich am Leben lassen könnte.«
Er ging zu Amelie, kickte das heruntergefallene Messer aus dem Weg und sank neben ihr auf die Knie. Durch den Pfahl war sie gelähmt und wo das Silber sie berührte, verbrannte es sie. Das Papier, das Ysandre um den Griff gewickelt hatte, war heruntergefallen, aber Oliver zögerte nicht. Er packte das Silber, ihr den Pfahl mit einer raschen Bewegung aus dem Rücken und warf ihn in die Ecke. Claires Blick fiel auf seine Hand, die schwarz geworden war von der Berührung, aber er hielt nicht inne, als würde er den Schmerz gar nicht spüren.
Er barg Amelies Kopf in seinen Händen. »Er ist weg«, sagte er. »Kannst du mich hören? Amelie?«
Sie bewegte sich nicht. Oliver nahm sie in die Arme. Die wachhabende Vampirin kam zurück und schleifte Ysandre, die sich heftig wehrte, an den Haaren hinter sich her. »Geh und hol Theo Goldman«, fuhr Oliver sie an. »Und zwar sofort. Und steck die da in einen Käfig, bis ich entschieden habe, wie wir sie loswerden. Vorzugsweise auf eine schmerzhafte Art und Weise.«
Amelie blinzelte langsam. Sie richtete den Blick auf Olivers Gesicht. Claire hatte sie noch nie so bleich gesehen; ihre Lippen waren bläulich und sogar ihre Augen schienen blasser geworden zu sein. »Du hättest sie lassen sollen, damit sie es zu Ende bringt«, flüsterte sie. »Der Tod ist besser als die Schmach. Ist das nicht dein Kodex?«
»Vor Hunderten von Jahren«, stimmte er zu. Seine Stimme war jetzt anders. Sanft. »Du bist die Letzte, die sich an die Vergangenheit klammern würde. Wie schlimm sind die Schmerzen?«
Sie schien darüber nachzudenken. »Im Vergleich zu was? Im Vergleich zu dem, was dumir angetan hast?«
Er hielt ihre Hand und jetzt hob er sie an seine Lippen. »Ich hätte nicht gehandelt, wenn du mich nicht dazu gezwungen hättest. Aber wir wissen beide, dass ich nicht verliere, wenn man mich herausfordert.«
»Doch«, flüsterte sie. »Ein Mal. Gegen mich.«
Er hielt ihre Hand immer noch an seine Lippen. »Ja, das stimmt«, sagte er, so leise, dass Claire es fast überhört hätte »Ich werde dir nie wieder wehtun. Das schwöre ich.« Er zögerte, dann zog er einen spitzen Fingernagel über sein Handgelenk. »Trink. Ich gebe es dir freiwillig.«
Ein Tropfen Blut fiel auf ihre Lippen; sie schnappte nach Luft und riss die Augen weit auf. Sie packte seinen Arm und zog ihn an ihre Lippen, trank aus dem Schnitt und ließ dann los. Sie seufzte und wurde wieder schlaff. Ihre Augen schlossen sich. Claire schnürte es die Kehle zu. Sie wollte etwas fragen, doch sie konnte nicht.
Richard fragte an ihrer Stelle: »Ist sie tot?«
»Noch nicht«, sagte Oliver. »Ein Silberpfahl würde sie in ihrem Alter nicht sofort umbringen, auch nicht in ihrem geschwächten Zustand nach dem Blutverlust. Aber sie braucht eine zusätzliche Behandlung.« Er sah Richard an, dann Hannah und schließlich Claire. »Keiner erzählt irgendetwas weiter. Keiner.«
»Du meinst, wir sagen nicht, dass du sie gerettet hast?«, fragte Richard. »Oder dass du sie liebst?«
Ohne zu blinzeln, sagte Oliver: »Sag das noch mal und wir wählen einen neuen Bürgermeister, Junge. Ich bin heute nicht in der Stimmung, noch mehr menschlichen Quatsch zu ertragen. Hast du verstanden?«
»Ich habe verstanden, dass du diese Stadt in einen Viehpferch verwandeln willst. Dass meine Leute unbarmherzig gejagt und getötet werden. Weißt du, was, Oliver? Wenn du Morganville auf deine Weise regieren willst, musst du dir nicht nur einen neuen Bürgermeister suchen. Du musst dir einen Ort suchen, wo du dich verstecken kannst, wenn wir diese Stadt auseinandernehmen.« Richard stand auf... und ging einfach hinaus. Hannah blieb einen Augenblick sitzen, dann stand sie auf und folgte ihm.
Und ließ Claire allein mit Oliver.
Oliver blickte hinunter auf Amelies stilles, unbewegtes Gesicht. Ohne den Kopf zu heben, sagte er: »Du hättest mit ihnen gehen sollen. Du gehörst hier nicht dazu.«
»Ich kann nicht
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