Gefaehrliche Sehnsucht
bereits vollgeblutet.
Vor dem Zimmer war es plötzlich still geworden, dann flog die Tür auf, sodass das Schloss aus dem Holz sprang. Michael kam herein, er schleifte die wachhabende Vampirin hinter sich her. Sie war gefesselt, mit Streifen, die von ihrem Mantel abgerissen worden waren. Und Michael hatte sie auch geknebelt. Beide sahen mitgenommen und erschöpft aus.
Amelie stand auf; sie riss den Mund auf und schrie »Sam?«. Doch dann bemerkte sie ihren Irrtum. Es war nicht Sam Glass, sondern sein Enkel. Sie sahen sich sehr ähnlich, abgesehen von der Haarfarbe. Sams Haar war rötlicher gewesen. »Michael. Aber du... du kannst doch nicht...« Langsam veränderte sich ihr Gesichtsausdruck und sie atmete aus. »Nein. Das ist nicht möglich. Du kannst kein Abkömmling von mir sein. Das wüsste ich. Ich würde mich daran erinnern.« Doch sie spürte, dass es stimmte, merkte Claire - und das verwirrte Amelie noch mehr.
Eine verwirrte Amelie war sehr gefährlich.
Michael ließ die wachhabende Vampirin in die Ecke plumpsen und kam zu Claire. »Bist du verletzt?«
»Nein, alles okay.«
»An deinem T-Shirt ist Blut.«
Oh. Ja, am Hals blutete sie ein wenig. Nicht so heftig, dass man sich Sorgen machen müsste. »Es geht mir gut.« Abgesehen von den Kopfschmerzen, die waren schlimm, aber damit wollte sie sich jetzt ncht befassen. Michael sah sie zweifelnd an, aber dann wandte er sich ab und blickte zu Oliver. »Was ist mit dir passiert? «
»Selbstgefälligkeit«, murmelte Oliver. »Ich dachte, ich hätte sie unter Kontrolle, und dann … hat sie sich verändert.«
»Sie hat das Gedächtnis verloren«, sagte Claire. »Sie hat vergessen, dass du die Herrschaft übernommen hast. Deshalb hat sie dich angegriffen.«
Als Bestätigung hob Oliver kurz die Hand und sie sahen alle Amelie an, die jetzt so weiß war wie eine Marmorstatue. »Wie kann das sein? Du warst... Ich erinnere mich an dich, Michael. Du müsstest jünger sein ... dünner...«
»Und kein Vampir«, sagte Michael. »Aber ich bin einer. Und du hast mich dazu gemacht.«
»Ja«, sagte Amelie. »Das fühle ich. Aber wie... wie kann das wahr sein, wenn ich mich nicht...«
»Es liegt an der Maschine in Myrnins Labor«, sagte Michael. »Wir brauchen deine Hilfe, um sie abzuschalten, bevor es zu spät ist. Myrnin erinnert sich auch an nichts mehr. Er lässt uns nicht kampflos in die Nähe der Maschine. Du bist die Einzige, auf die er hören wird.«
»Ich muss nachdenken«, sagte Amelie und setzte sich hin, als hätte sie ihre ganze Stärke verloren. »Geht.« In ihren Augen lag eine tiefe, traurige Verwirrung und Claire dachte wieder daran, wie die Vampirin in dem Imbiss ausgerastet war. Das würde Amelie sicher nicht passieren. Amelie nicht.
Claire wandte sich an Oliver. »Hilf uns«, flehte sie. »Wir brauchen deine Hilfe. Du hast deine Erinnerung noch.«
»Wie lange noch?«, fragte Oliver. Auch er klang schwach und seltsam. »Ich habe gesehen, wie es sie überkommen hat. Das Gleiche wird mit mir passieren und dann bin ich für euch nicht mehr von Nutzen.«
»Überrede sie, dass sie mit uns in Myrnins Labor kommt«, sagte Michael. »So kannst du uns nutzen. Wir brauchen euch dort. Euch beide.«
Amelie blickte ruckartig auf. »Niemand überredet mich. Geht jetzt oder ich vernichte euch. Wenn es Handlungsbedarf gibt, werde ich handeln, aber ihr werdet nicht hierbleiben und meine
Autorität beleidigen, indem ihr euch an ihn wendet.« Sie drückte auf einen Knopf an ihrem Schreibtisch und draußen im Flur ging Alarmsirene los. »Ich brauche Zeit, um zu entscheiden, was zu tun ist.«
Michael zog Claire von ihrem Stuhl, schnappte ihren Rucksack und sagte: »Wir gehen.«
»Dann lauft«, sagte Amelie. »Denn wenn meine Männer euch erwischen, lasse ich zu, dass sie euch töten.«
Michael nickte und schleifte Claire praktisch hinter sich her, als er aus dem Büro rannte.
»Ich kann nicht!«, keuchte Claire. Ihr Kopf hämmerte und sie konnte das Gleichgewicht nicht halten. Michael zögerte nicht. Er warf sie sich über die Schulter und rannte weiter. Daher konnte sie zusehen, was hinter ihm geschah.
Aus den Türen kamen Vampire und rannten hinter ihnen her. Sie sprangen in großen Sätzen durch den Korridor und holten schnell auf. »Schneller!«, schrie sie. Er kam zu der Abzweigung und rannte so schnell, dass ihr durch den Luftzug und den verschwommenen Blick auf die Täfelung noch schwindliger wurde. Okay, sie würde sich jetzt nicht auf Michaels Schulter
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