Gefaehrliche Sehnsucht
an.
»Er war groß. Mindestens um einen Kopf größer als Elijah. Er trug einen langen schwarzen Mantel mit einer Kapuze. Seine Haare waren schwarz. Schwarz wie die von Riley. Und auch sein Gesicht, seine Augen ...«
»Ja? ... Konntest du sein Gesicht genau erkennen, seine Augen?«
»Ich ...«, stotterte Shelly, »ich bin mir jetzt nicht mehr sicher. Obwohl ... ich bin hier in der Stadt aufgewachsen und kenne die Leute von Shadow Fields. Es muss Riley gewesen sein.«
John schüttelte verständnislos den Kopf.
»Shelly, ich kann mir vorstellen, dass du Angst hattest, als du so spät abends durch den Park gingst. In so einer Verfassung irrt man sich leicht.«
Shelly schüttelte den Kopf. »Es stimmt, ich hatte Angst. Aber sie rückte in den Hintergrund, als ich wimmernde Laute hörte. Ich dachte, jemand ist in Not und braucht meine Hilfe. Ich versuchte mich zu orientieren und herauszufinden, woher das Weinen kam. Ich folgte der Stimme und befand mich plötzlich mitten im Park. Von einem auf den anderen Augenblick war es ganz still. Das Klagen hatte aufgehört. Und dann war da ein Geräusch, so als ob die dürren Blätter auf dem Boden durcheinanderwirbelten. Als mir klar wurde, dass es windstill war, stellten sich bei mir alle Nackenhärchen auf. Jemand war in meiner Nähe. Ich konnte es fühlen. Ich sah um mich und entdeckte ein paar Meter von mir entfernt eine Gestalt. Sie war groß. Ich erkannte, dass es Riley sein musste. In diesem Moment verebbte meine Furcht. Ich fühlte mich sicher. Aber dann ...«
»Wir wissen, was dann geschah«, mischte sich Elijah ein.
John blickte Elijah an und bedeutete ihm, noch für einige Augenblicke still zu sein. »Ich glaube, du dachtest, es wäre Riley, weil dieser jemand im Park genauso groß war wie er. Gäbe es in der Stadt mehrere Typen mit zwei Meter Größe, hättest du nicht so schnell auf Riley getippt. Denn aufgrund der Lichtverhältnisse war es gar nicht möglich, aus der Entfernung ein Gesicht zu erkennen.«
Shelly stand auf und blickte John an. Sie wusste, dass er mit seiner Annahme richtig lag. Es war ihr gar nicht in den Sinn gekommen, es könnte jemand anders sein. Sie nickte John zu. »Ja«, sagte sie, »genau aus diesen Gründen war für mich klar, es konnte nur Riley sein.«
Kapitel 9
N achdem Riley die Oak Street verlassen hatte, fuhr er wütend mit hoher Geschwindigkeit die Sandford Avenue entlang. Ein paar Minuten später parkte er seinen Wagen vor einer Bar in der Innenstadt. Nach einem doppelten Whisky fühlte er sich ein wenig besser. Irgendjemand wollte ihm etwas anhängen oder ... irgendjemand war in der Stadt, der ihm verdammt ähnlich sah. Als er die Bar verließ, hatte er den Entschluss gefasst, in Shadow Fields zu bleiben und herauszufinden, wer dieser zwei Meter große Vampir war, dem er seine Unannehmlichkeiten zu verdanken hatte. Er würde ihn finden und dann, gnade ihm Gott ... Ein Grinsen umspielte seine Lippen. Er schloss den Reisverschluss seiner schwarzen Lederjacke und streifte durch die ausgestorbenen Straßen. Ein eiskalter Wind fegte zwischen den Häusern hindurch. Riley machte das nichts aus. Seit er ein Vampir war, konnte ihm die Kälte nichts mehr anhaben.
An einer Kreuzung blieb er stehen und drückte sich in den Eingangsbereich eines Bürogebäudes. Ein schwarzer Lieferwagen hatte sein Interesse geweckt. Er fuhr langsam rückwärts in eine Toreinfahrt. Der Motor wurde abgestellt, aber niemand verließ das Auto. Riley spürte ein Kribbeln in seinen Handflächen. Ein Zeichen, dass hier etwas nicht stimmte. Als auf der gegenüberliegenden Seite die Eingangstür eines Nachtclubs aufging und ein paar junge Leute herauskamen, öffnete sich die Wagentür leise und vier schwarz gekleidete Gestalten überquerten lautlos die Straße und kreisten die fröhliche Gruppe ein. Vampire! Riley kannte seine Artgenossen von Shadow Fields, diese hier gehörten nicht dazu. Im Schatten der Bäume, die die lange Straße säumten, schlich er hinter den dunklen Gestalten her. Die jungen Leute gingen lachend auf den Parkplatz einen Häuserblock weiter zu. Ein Pärchen verließ die Gruppe und ging zu einem roten Buick. Riley beobachtete die Vampire vor sich. Sie machten keine Anstalten, irgendetwas zu unternehmen. Die zwei weiteren Pärchen blieben stehen und winkten ihren Freunden, als diese aus der Parklücke fuhren und noch einmal kurz aus den geöffneten Fenstern ihre Hand hoben, bevor sie in die Dunkelheit der Nacht verschwanden.
»Unser
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